Der große Blowjob (German Edition)
dein Auto», sagt er. «Soll es nicht hier stehen bleiben?»
«Nein», sage ich.
«Wieso nicht? Die Zulassungspapiere bringe ich dir morgen vorbei.»
«Weil ich dein Scheiß-Auto nicht will», sage ich und tue zum etwa dritten Mal heute Abend so, als wäre ich sauer auf ihn, während ich die Tür öffne. «Ich bin ja selbst gefahren, die Karre taugt einen Dreck.»
«Eric, Alter, spinnst du jetzt?», fragt er.
Ich lache.
«Mensch, du bist ja so leichtgläubig», sage ich. «Du bist so ernsthaft. Aber ist alles gut, ist cool, bleib, wie du bist.» Dann wende ich mich ab und gehe zu meinem Gebäude hinüber. Der Nachtportier öffnet mir die Tür, und ich steuere auf die Aufzüge zu, ohne mich noch einmal umzusehen. Als ich oben in meiner loftartigen Bleibe bin, öffne ich die Schiebetür zu meinem kleinen Balkon, lehne mich über die Brüstung und sehe nach unten auf die Kent Avenue. Der Range Rover steht immer noch dort. Seth ist bestimmt am Steuer eingeschlafen und wird wohl die ganze Nacht dort stehen bleiben. Dann aber flammen die Scheinwerfer auf, der Rover springt an, und Seth kurvt in die Nacht davon. Offenbar stinkwütend, das kann ich sehen, und viel zu betrunken für die weite Fahrt bis nach Bushwick, aber er zwingt sich dazu, mit reiner Willenskraft. In dem Moment gelobe ich mir, den Scheck gleich morgen früh zu sperren. Und nach einem Blick auf die Skyline von Manhattan kotze ich über die Balkonbrüstung und auf das Gras dreiundzwanzig Stockwerke unter mir.
2.15
Mein Loft ist weiß, und die Möbel sind weiß, sogar die Fußböden sind weiß. Ich habe nach Maß gefertigte weiße Schränke, in denen ich ein paar Bücher und DVD s aufbewahre, die ich aber bald wegschmeißen werde, weil ich alles auf einen Server packe. Es gibt ein weißes Sofa aus der Albert Collection und eine passende Albert-Chaiselongue (mit dem Kopfteil auf der rechten Seite). Vor den beiden steht ein weißer Couchtisch von Eva Zeisel, mit einer zweieinhalb Zentimeter dicken Glasplatte (auch extra angefertigt, weil die zwei Zentimeter dicke Standardglasplatte für das Untergestell einfach zu dünn aussah, das ging gar nicht). Ich habe außerdem einen Sony-Bravia- KDL - 70 XBR 3 - 70 -Zoll-Flachbildfernseher an einer der Wände hängen und einige weiße Lilien in einer Glasvase neben einer Miniaturausgabe des How-High-The-Moon-Sessels von Shiro Kuramata stehen. Dieser kleine Metallsessel und der Fernseher sind die einzigen Dinge, die nicht weiß sind. Bei Dunkelheit ist der Raum natürlich nicht weiß per se, aber nachts dringt von der Straße etwas Licht herein, und auch aus der halboffenen Badezimmertür. Ich lasse im Bad immer Licht brennen. So ist der große Wohnraum also nachts mit einer Art armseligem Ockerbraun infiziert, aber hell genug, um etwas sehen und sich hindurchbewegen zu können, ohne eine Deckenlampe anschalten zu müssen. Ich hasse Deckenlampen.
Nachdem Seth weggefahren ist, der Range Rover sich «unstet» vermutlich in Richtung Bushwick entfernt hat, gehe ich in das große Badezimmer, nicht in die «Damentoilette» gleich neben der Küche, und kotze noch einmal ins Waschbecken, danach drehe ich den Wasserhahn auf und verlasse das Bad, ohne ihn zuzudrehen. Viel besser, denke ich, jetzt bin ich innerlich gereinigt. Ich mag das Geräusch von laufendem Wasser, es beruhigt mich, aber ist es nicht ohnehin das von Natur aus beruhigendste Geräusch, das es überhaupt gibt? Ich bin eben doch nicht so einzigartig, wie ich mir gern einreden würde, und selbst dieser Gedanke ist nicht besonders originell. Danach nehme ich zwölf Tylenol PM , weil ich keine Ambien mehr habe. Dann gehe ich zu meinem Bett und lege mich hin und schlafe tatsächlich ein.
Etwa zwei Stunden später fahre ich plötzlich hoch, weiß aber nicht, wieso. Die Tabletten haben wohl so gerade zum Einschlafen gereicht, doch jetzt bin ich seltsamerweise hellwach, obwohl ich eigentlich total fertig, wenn nicht sogar komplett ausgeknockt sein sollte. Habe ich geträumt? Wovon? Von wem? Ich stehe auf, draußen dämmert es, und ich checke meine Mails. Ich habe nur eine, von der Personaltante, ohne Text, bloß mit der Betreffzeile «Googeln Sie sich».
Wenn man mich googelt, ist der erste Treffer ein Artikel in Advertising Age von vor ein paar Jahren, immer schon. Selbstverständlich gibt es noch andere Eric Nyes auf der Welt, doch schon seit längerem tauche ich immer als Erstes auf, wenn man beim N angelangt ist. Als ich jetzt Eric N eintippe, erscheint
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