Der große Blowjob (German Edition)
Seiten meines Romans geschrieben habe, kapiere ich nicht. Nie habe ich mit irgendwem darüber geredet. Aber dann frage ich mich, habe ich ihr das vielleicht alles erzählt, als wir uns das letzte Mal gesehen haben? War ich so high? Nein, dass ich ihr all das anvertraut hätte, kann ich mir nicht vorstellen. Warum sollte ich, es ist doch wirklich nicht meine Art, so negative Sachen über mich zu verbreiten. Ich mache mich ja nicht auf diese gespielt ironische Art selbst runter wie, zum Beispiel, Seth, oder? Aber hat Sibi, Sivi, Sari vielleicht etwas an sich, etwas so Entwaffnendes, dass ich, als ich superhigh war, mich mal so richtig bei ihr ausgekotzt habe? Ihr jede vor Selbsthass triefende Einzelheit meines Lebens präsentiert habe? Unmöglich. Ich glaube ja nicht mal, dass das Offenlegen der Seele, des Inneren, etwas bringt. Das ist alles bloß Quatsch, nur ein neuer Trend für Leute, die sich langweilen. Wir können uns selbst nie wirklich kennen. Diese Reisen nach innen sind doch bloß ein weiterer Ausdruck von Narzissmus, und man kann nicht das Ego loslassen, indem man das Ego zur Verteidigung des Ego einsetzt.
Auf meinem Schreibtisch und meinem iMac suche ich nach Anzeichen, dass ihn jemand anderes benutzt hat. Keine Ahnung, wie so ein Anzeichen konkret aussehen könnte. Es ist lächerlich, und obwohl es so komplett absurd ist, mache ich sogar alles doppelt. Ich hebe meine Maus zweimal hoch und sehe mir die Unterseite an. Ich verschiebe mein Mauspad, um zu sehen, ob es an der Stelle liegt, wo ich es sonst liegen habe. Ich schiebe es wieder an die ursprüngliche Stelle zurück und verschiebe es dann noch einmal. Danach drehe ich ganz langsam eine Runde durch mein loftartiges Apartment, auf der Suche nach verräterischen Spuren. Bei meiner kargen Einrichtung würde es sofort auffallen, wenn auch nur ein einziges Stück leicht verschoben worden wäre. Wonach suche ich eigentlich genau? Irgendeiner Spur im Nichts, einem Abdruck im zwei Tage alten Staub auf einer Schreibtischplatte aus spiegelblankem weißem Schleiflack? Nein, meine Putzfrau kommt zweimal die Woche, die Fenster sind niemals offen, so etwas wie Staub gibt es hier nicht. Danach fahre ich mit dem Aufzug nach unten, einige Minuten ehe mein Wagen mich abholen kommt. Ich sehe auf die Straße hinaus, und es hat angefangen zu regnen, und der Wagen ist immer noch nicht da.
Am Empfang sitzt ein kleiner Typ, den ich noch nie gesehen habe. Ich frage ihn, wo der Typ ist, der sonst hier sitzt. Er fragt, «Welchen meinen Sie? Janusz? Oder Paolo?» Wie der Typ heißt, weiß ich nicht, ich habe ihn nie gefragt. Er sitzt meist abends hier, in seinem weißen Hemd mit Fliege und dem schwarzen Jäckchen mit dem Logo der Hausverwaltung, Superior Management (möglicher Slogan: DER NAME IST SO UNORIGINELL , DASS ER GUT SEIN MUSS ™ ), aber da der Typ meiner Erinnerung nach dünn und blond ist, dürfte es sich wohl um Janusz handeln.
«Er hat gekündigt», sagt der kleine Typ. Also frage ich ihn, ob er irgendwo nachsehen kann, ob in meiner Anwesenheit jemand in meine Wohnung gelassen worden ist.
«Jemand, dem wir Ihre Tür aufgeschlossen haben?», fragt er.
«Ja.»
Er tippt etwas in die Tastatur ein und kurvt mit der Maus herum. «Welche Nummer hat Ihre Wohnung bitte, Sir?»
« 23 F.»
«Superior Reinigungsdienst, Montag und Donnerstag.»
«Sonst nichts?»
«Nein.»
Da höre ich ein Auto hupen, es ist meine Limousine, also gehe ich nach draußen. Es regnet inzwischen stärker, und als ich einsteige, fällt mir auf, dass ich meinen Rollkoffer in der Lobby vergessen habe. Lustig, denke ich, erst dieser endlose Stress beim Packen, und nun, was wäre schon groß los, wenn ich den Rimowa jetzt einfach hierließe und mir an der Melrose Avenue ganz neue Klamotten kaufen müsste?
Mein Koffer steht wirklich noch in der Lobby, knallrotes und gelbes Metall, reglos, als hätten R 2 D 2 s Batterien schlappgemacht. Als ich schon wieder am Rausgehen bin, schaut der kleine Typ noch immer auf seinen Computer.
«Moment mal, eine Sekunde», sagt er mit einem Akzent, der entweder italienisch oder tschechisch sein könnte. «Hier steht, wir haben Sie reingelassen, weil Sie Ihren Schlüssel vergessen hatten.»
«Mich?», frage ich.
«Ja, Sie kamen rein und hatten Schlüssel vergessen, und wir haben Ihnen Wohnungstür aufgeschlossen. Ja, hat Janusz gemacht, steht hier. Bevor er gekündigt hat und zurück ist nach Gdansk.» Wann? «Er fliegt heute.» Nein, wann er mich in meine
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