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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mattei
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Wellenlänge, wir sind Verbündete bei irgendetwas, ich weiß nur nicht, bei was. «Wann ist sie gestorben?»
    «Vor ungefähr zwanzig Jahren», sage ich. «Ich war noch ein Junge.» Mehr sage ich nicht. Er nickt.
    «Was mich nun interessieren würde, ist, warum haben die Leute in Ihrer Firma Sie überhaupt zu einem Psychiater geschickt?», fragt er dann, und der Moment unserer Übereinstimmung, unserer flüchtigen gemeinsamen Zugehörigkeit zur Menschheit, ist schlagartig wieder vorbei.
    «Weil es in unserem Büro ein kleines Problem gibt, und weil die mich in den Wahnsinn treiben wollen», platzt es aus mir heraus, wobei ich mich sofort frage, ob das so eine gute Idee war, und dann sofort denke, ja, das war es. «Sie ist Praktikantin, sie hat mich beschuldigt, sie sexuell belästigt zu haben. Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage, aber Barry hat gesagt, ich soll zu diesem Psychoklempner gehen, weil der mir bescheinigen würde, dass ich geistig auf der Höhe bin. Es ist ein einziger Betrug, von vorne bis hinten. Ich meine, falls er kein richtiger Psychoklempner war und nur so getan hat, als wäre er einer, ist das Betrug. Aber vielleicht
ist
er ja sogar ein richtiger Psychoklempner und tut nur so, als wäre er ein Betrüger, um entweder a) ein bisschen Kohle nebenher zu verdienen, oder b) Menschen tatsächlich zu helfen. Auf jeden Fall denke ich, dass die ganze Sache mit Look schon vor Jahren von meiner Firma aufgezogen worden ist, um sich juristische Probleme vom Hals zu halten.» Danach erzählte ich ihm, viel zu ausführlich, die schmutzige Vorgeschichte von Tate, davon, wie der Alte, als er den Laden noch schmiss, der größte Arsch-Grapscher in der Geschichte der Madison Avenue war, und davon, wie die Agentur im Lauf der Jahre aufgedunsen war, also war es höchste Zeit, abzuspecken und wieder Biss zu kriegen. Ich war eingestellt worden, um diese überfällige Korrektur durchzuführen, war aber seit kurzer Zeit, meinem Empfinden nach, am Ende meiner Komplizenschaft angelangt.
    Jaktar denkt nach. In einer Graphic Novel hätte ich in die Denkblase links neben ihm « HMMM  …» geschrieben. Er nickt wieder, er ist sich dessen bestimmt gar nicht bewusst, und dann wendet er sich seinem Bildschirm zu und tippt eine Weile auf der Tastatur herum. Ich versuche mich hinüberzubeugen, um zu lesen, was er da schreibt, aber natürlich hat sich alles gegen mich verschworen, perspektivtechnisch, also kann ich nichts erkennen.
    «Meiner professionellen Meinung nach könnte Ihnen etwas Ruhe nicht schaden, Eric», sagt er. «Finden Sie nicht auch?»
    Alle Krankenhäuser sind gleich, alle Flure führen ins Nirgendwo, und in diesem hier sind die Türen zugesperrt, sodass Rundgänge nicht möglich sind. Abgesehen vom ungenießbaren Essen ist es hier gar nicht so übel, es ist sogar ganz angenehm, obwohl ich keinen Anspruch mehr auf den Klonopin-Tropf habe, ich bin nun auf Ativan. Ich sehe viel fern, ignoriere, so gut es geht, die Werbespots für Kleinkredite & Weichspüler & Stuhlweichmacher & Autos, die Kunden anbieten, ihre Zahlungen zu übernehmen, wenn sie ihren Job verlieren, & ich mache oft an meinem Schwanz rum, in dem vergeblichen Versuch, besagten Dauerständer loszuwerden. Außerdem spiele ich im Aufenthaltsraum Domino mit einer Frau namens Melanie, die ständig aus Leibeskräften « WIR HABEN KOFFER ! WIR HABEN KOFFER !» schreit. Ich lasse sie sogar ein paarmal gewinnen, was sie zum Weinen bringt, und wenn sie weint, halte ich ihre Hand, & das beruhigt sie anscheinend, & wenn sie sich beruhigt hat, lächelt sie. «Wir haben Koffer», sagt sie leise, zu niemandem, obwohl ich eine Sekunde lang denke, sie meint mich.

3.19
    Am nächsten Tag, als ich aufstehe, mich anziehe, meine Entlassungspapiere unterschreibe und ins Freie trete, trage ich dieselbe Adriano-Goldschmied-Jeans und dasselbe J.-Lindeberg-Hemd, in denen ich hergekommen bin. Statt ein Taxi zu nehmen, beschließe ich, unten am Strand entlangzugehen. Es ist nicht so weit, und es ist noch früh, sodass ich im Hotel ankommen werde, ehe irgendwer auf den Beinen ist. Ich bin ausgeruht und guter Laune. Ich habe schließlich einen Plan: Ich werde zu dem Dreh gehen, irgendwas erzählen, dass ich auf der Straße ausgeraubt oder entführt worden bin, vielleicht eine vorübergehende Amnesie erlitten habe. Ich bringe mich beim Dreh konstruktiv ein, rehabilitiere mich bei den Kunden und bei der Agentur und stelle so Barrys Vertrauen in meine Fähigkeiten wieder her,

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