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Der große Blowjob (German Edition)

Der große Blowjob (German Edition)

Titel: Der große Blowjob (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mattei
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nichts mehr zu tun haben würde, wenn er wirklich Bandit heißen sollte. Eltern wurden hinzugezogen, und am Ende setzte ich mich durch, weil ich der Älteste war. Ich glaube, es könnten auch Tränen mit im Spiel gewesen sein. Ob man nun recht hat oder unrecht, es ist wichtig, sich zu behaupten und für das zu kämpfen, woran man glaubt. Vielleicht aber nehme ich mir diese Dinge zu sehr zu Herzen? Ist das nicht genau das, was einen Künstler ausmacht – sich alles zu Herzen zu nehmen? Bin ich ein Künstler? Heutzutage ist Kunst nichts als eine Alternativwährung, die zum Zweck der Geldwäsche erschaffen wurde. Während ich auf dem Pico Boulevard nach Osten laufe, vorbei an einem Block mit koreanischen Geschäften nach dem anderen, mit Schildern in Koreanisch und kein Englisch weit und breit, wird mir klar, dass ich, wenn ich mein Handy dabeihätte, jetzt meinen Bruder anrufen würde. Und wenn er, obwohl er meine Nummer nicht erkennt, tatsächlich drangehen sollte, dann würde ich mich bei ihm dafür entschuldigen, dass ich so hartnäckig darauf bestanden habe, unseren Hund Race zu nennen. Genau das würde ich tun. Denn was hätte es letzten Endes für eine Rolle gespielt, wenn wir ihn doch Bandit genannt hätten? Das Tier lebt nicht mehr. Ein paar Jahre nachdem wir ihn bekommen hatten, als wir zehn und elf waren, wurde Race von einem Auto erfasst und war auf der Stelle tot. Das hat man uns zumindest erzählt. Viel später, als ich im College war und wir zusammen in einer Bar saßen und ein paar Bier getrunken hatten, erzählte mein Vater mir, wie es wirklich war, dass Race in der Tat angefahren worden war, das schon, aber keineswegs sofort tot war, sondern mitten auf der Straße gelegen und sich gewunden hat. Mr. Manning, unser Nachbar in Canfield, war rausgekommen und hat meinem Dad zugebrüllt, doch irgendwas zu unternehmen. Mein Dad wusste aber nicht, was er tun sollte. Er hatte den Hund hochzuheben versucht, aber Race war in dem Moment so durchgeknallt, dass er meinem Dad in die Hand gebissen hat, und mein Vater flippte aus deswegen, sodass schließlich der Nachbar in seine Garage gegangen ist und dann mit einem Vorschlaghammer unserem Hund den Schädel eingeschlagen und ihn so von seinem Leiden erlöst hat. Danach haben die beiden Männer das Tier schnell in eine Tüte gesteckt und in die Mülltonne geworfen und die Straße mit Wasser abgespritzt, ehe Tim und ich von der Tennisstunde nach Hause kamen. Es war ein Sonntag. Wir waren bestürzt, zu hören, dass Race tot war, Tim ganz besonders, ich weniger, wenn ich mich recht erinnere. Aber ich hatte immer schon einen sechsten Sinn, was Lügen angeht, und ich wusste, dass an der Geschichte meines Dad irgendwas faul war. Keine Ahnung, wieso, aber ich wusste, dass Race nicht von der Polizei mitgenommen worden war, um hinter dem Polizeirevier begraben zu werden. Das ergab für mich keinen Sinn, also habe ich in die Mülltonne geguckt, und da sah ich die blutige Tüte. Ich habe die Tüte nicht aufgemacht, aber ich war mir absolut sicher, dass sich darin ein toter und übel zugerichteter Hund befand. Tim habe ich zunächst nichts davon gesagt, aber ich dachte, das Wissen könnte ihm helfen, mit seiner Trauer klarzukommen. In der Nacht bin ich in sein Zimmer gegangen und habe ihm erzählt, dass Race in einer Plastiktüte in der Mülltonne lag, die Montag früh geleert würde, wenn er mir nicht glaubte, könnte er ja rausgehen und nachsehen. Tim stand auf, und wir gingen mit einer Taschenlampe raus. Es war schon spät. Ich hielt mich abseits, während Tim zu der Tonne ging und unschlüssig stehenblieb. Eine Minute lang stand er da und hat überlegt, schätze ich mal, ob er sein totes Haustier wirklich sehen wollte oder nicht, und dann drehte er sich um und sah mich an.
    «Soll ich sie aufmachen?», sagte er, und das ist die ernsteste Frage, die mir je jemand gestellt hat. «Soll ich sie aufmachen?»
    Da habe ich zu ihm gesagt, dass ich bloß Spaß gemacht hatte.
    Er stand da und sah mich an.
    «Ich glaube dir nicht», sagte er. «Ich glaube, das sagst du nur so.» Er griff nach dem Deckel, um ihn abzunehmen, und ich bin zu ihm rüber und habe meine Hand auf seine gedrückt, um ihn davon abzuhalten. Wir fingen an zu rangeln, und da ich größer war als er, kam er nicht an den Deckel dran. Er fing an, mit den Fäusten auf mich einzuschlagen, verwegen gemacht durch Zorn und Trauer. Dann kam unser Vater in seinen Boxershorts von Brooks Brothers nach draußen und schüttelte

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