Der große deutsche Märchenschatz
zuerst besucht hätten. »Es ist die, welche die kleinen Mandelkuchen zu backen versteht«, fügte er hinzu. »Gehe hin und frage, ob sie meine Frau werden will.«
Am nächsten Tag kam der Minister zurück und erzählte, dass die Prinzessin nicht mehr zu haben sei. Sie hätte den König aus dem Lande, wo die Kapern wachsen, geheiratet.
»Nun, dann gehe zur zweiten Prinzessin!« Allein der Minister kam auch dieses Mal wieder unverrichteter Dinge zu Hause: Der alte König habe gesagt, er bedaure unendlich, aber seine Tochter sei leider gestorben, und so könne er sie ihm nicht geben.
Da besann sich der König lange; weil er aber durchaus eine Königin haben wollte, so befahl er dem Minister, er solle doch auch noch einmal zur dritten Prinzessin gehen, vielleicht habe sie sich inzwischen anders besonnen. Und der Minister musste gehorchen, obgleich er sehr wenig Lust verspürte und obschon ihm auch seine Frau sagte, dass es gewiss recht unnütz wäre. Der König aber wartete ängstlich auf seine Rückkunft. Denn er gedachte der Frage wegen des Brummeisens, und die Erinnerung daran war ihm ärgerlich.
Die dritte Prinzessin jedoch empfing den Minister sehr freundlich und sagte zu ihm, eigentlich hätte sie sich ganz bestimmt vorgenommen, nur einen Mann zu nehmen, der das Brummeisen zu spielen verstünde. Aber Träume seien Schäume, und besonders Jugendträume! Sie sähe ein, dass sich ihr Wunsch nicht erfüllen lieÃe, und da der König ihr sonst sehr gut gefalle, so wolle sie ihn schon zum Manne nehmen.
Da fuhr der Minister zurück, was die Pferde jagen wollten, und der König umarmte ihn und gab ihm den groÃen Schranzenorden mit Brettern, den Orden am Hals und die Bretter noch höher zu tragen. Bunte Fahnen wurden in der Stadt ausgehangen, Girlanden von einem Haus zum anderen quer über die StraÃen gezogen und die Hochzeit so herrlich gefeiert, dass die Leute vierzehn Tage von weiter nichts sprachen.
Der König und die junge Königin aber lebten in Lust und Freude ein ganzes Jahr lang. Der König hatte die Pfeffernüsse und die Königin das Brummeisen gänzlich vergessen.
Eines Tages jedoch stand der König früh mit dem falschen Beine zuerst aus dem Bett auf, und alles ging verkehrt. Es regnete den ganzen Tag; der Reichsapfel fiel hin und das kleine Kreuz, das oben drauf ist, brach ab; dann kam der Hofmaler und brachte die neue Karte vom Königreich, und als der König sie besah, war das Land rot angestrichen statt blau, wie er befohlen; und endlich, die Königin hatte Kopfschmerzen.
Da geschah es, dass das Ehepaar sich zum ersten Male zankte; warum, wussten sie am nächsten Morgen selbst nicht mehr, oder wenn sie es wussten, wollten sie es wenigstens nicht sagen. Kurz, der König war brummig und die Königin schnippisch und behielt stets das letzte Wort. Nachdem sie sich beide lange Zeit hin und her gestritten, zuckte die Königin endlich verächtlich mit den Achseln und sagte: »Ich dächte, du wärest nun endlich still und hörtest auf, alles zu tadeln, was dir vor die Augen kommt! Du selbst kannst ja nicht einmal das Brummeisen spielen.«
Aber kaum war ihr dies entschlüpft, als der König ihr schon ins Wort fiel und giftig antwortete: »Und du kannst nicht einmal Pfeffernüsse backen!«
Da blieb die Königin zum ersten Male die Antwort schuldig und wurde ganz still, und beide gingen, ohne weiter ein Wort zu wechseln, auseinander, jedes in seine Stube. Hier setzte sich die Königin in die Sofaecke und weinte und dachte: Was du doch für eine törichte Frau bist! Wo hast du nur deinen Verstand gehabt? Dümmer hättest du es gar nicht anfangen können!
Der König aber ging in seinem Zimmer auf und ab, rieb sich die Hände und sagte: »Es ist doch ein wahres Glück, dass meine Frau keine Pfeffernüsse backen kann! Was hätte ich sonst erwidern sollen, als sie mir vorwarf, dass ich das Brummeisen nicht zu spielen verstünde?!«
Nachdem er dies wenigstens drei- oder viermal wiederholt hatte, wurde er immer vergnügter. Er fing an, seine Lieblingsmelodie zu pfeifen, besah sich dann das groÃe Bild der Königin, welches in seinem Zimmer hing, stieg auf einen Stuhl, um mit dem Taschentuch einen Spinnenfaden abzuwischen, der der Königin gerade über die Nase herabhing, und sagte endlich: »Sie hat sich gewiss recht geärgert, die gute
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