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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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dem Stocke unter die kleinen Wölfe, dass sie alle davonliefen, und das Kind nahm er geschwind von der Erde in die Höhe und lief und lief, denn er dachte, die alte Wölfin könnte wiederkommen. Und da währte es gar nicht lange, so kamen die Bauern aus dem Dorfe mit Heugabeln und Dreschflegeln und wollten den Wolf totmachen. Und die Mutter kam auch mit, und da sie sah, dass der Wolf das Kind nicht gefressen hatte, war sie sehr vergnügt und dankte dem guten Manne tausendmal, und noch mehr dem lieben Gott, dass er ihr Kind nicht hatte fressen lassen.

Lustige Stücklein von den Schildbürgern
    In Utopien lag vor Zeiten ein Städtchen, das Schilda hieß, weshalb man die Bewohner Schildbürger nannte. Die Schildbürger waren gar komische Leute und ihrer Narreteien wegen weit und breit in der Welt bekannt. Zur Kurzweil der lieben kleinen Leser will ich etliche derselben erzählen.
    Einmal machten sie sich daran, ein neues Rathaus zu bauen. Sie waren eben noch klug genug, zu wissen, dass man Holz und andere Dinge nötig habe, wenn man einen Bau anfangen wolle; daher zogen sie einmütig nach einem Walde, der jenseits des Berges lag und huben an, die Stämme zu fällen. Als sie dieselben abgeästet und sauber zubereitet hatten, machten sie sich hinter die großen Bauhölzer her und brachten sie nicht ohne viele Mühe den Berg hinauf und jenseits wieder hinab, bis auf eines. Dieses eine, das ihrer Meinung nach das letzte war, fesselten sie gleichfalls, wie sie es bei den andern getan hatten, und brachten es sodann mit Heben, Schieben, Tragen und Wälzen den Berg hinauf und ebenso auf der andern Seite zur Hälfte wieder hinunter. Sei es nun, dass das Holz nicht recht angebunden war, oder rissen die Seile, genug – der Stamm entging ihnen und rollte von selber vollends den Berg hinab, bis er bei den andern Hölzern liegen blieb. Darüber verwunderten sich die Schildbürger sehr; einer aber sagte: »Sind wir doch rechte Einfaltspinsel, dass wir uns solche Mühe gegeben haben, die Bäume den Berg hinab zu bringen; erst dieser Klotz musste uns lehren, dass sie von selber besser hätten hinuntergehen können.« – »Dem ist abzuhelfen«, sagte ein Schalk, der sich unter ihnen befand, »wer die Hölzer den Berg hinabgebracht hat, kann sie auch wieder den Berg hinaufschaffen. Seid Ihr damit einverstanden, so legt Hand an und schleppt die Bäume wieder hinauf, dann können wir sie herabrollen lassen und am Zusehen unsere Lust haben.« – »Schau, schau!«, riefen alle. »Er hat recht!« Und einer schämte sich vor dem andern, dass er nicht selber auf den klugen Einfall gekommen sei. Sie machten sich also hurtig an die Arbeit und brachten die Stämme wieder den Berg hinauf. Kostete ihnen das auch unsägliche Mühe, so hatten sie doch eine kindische Freude, als sie droben standen und die Hölzer nun so den Berg hinabkollern sahen.
    Als das Holz zum Rathaus gezimmert, auch das nötige Material an Steinen, Sand und Kalk herbeigeschafft war, begannen sie so eifrig zu bauen, dass es nach etlichen Wochen schon fertig stand. Nun ließen sie das Glöcklein läuten, das oben auf dem Rathause hing, zum Zeichen, dass der Bau eingeweiht werde. Aber, o weh, als sie nun feierlichen Einzug hielten, da war es innen ganz und gar finster, und zwar so finster, dass keiner den andern sehen konnte. Sie gingen wieder zum Tor hinaus, um zu sehen, wo der Fehler stecke; wie sie aber den Bau auch betrachten mochten, sie entdeckten nichts, denn alle Mauern standen vollkommen aufrecht und das Dach saß richtig oben auf. Dass sie vergessen hatten, Fensteröffnungen anzubringen – das merkten sie nicht. »Der schrecklichen Finsternis ist leicht abzuhelfen«, sprach der Schalk. »Solltet Ihr wohl noch nie davon gehört haben, dass der Tag sich in Säcken tragen lässt, wie Wasser in Eimern getragen werden kann. Gefällt Euch das, so wollen wir’s einmal probieren.« Kaum hatte der Schalk so geredet, so konnte man Wunder sehen, wie die Schildbürger alle emsig arbeiteten. Sie holten lange Säcke herbei; in diese ließen sie die Sonne scheinen bis auf den Boden, dann knüpften sie den Sack eilends zu und rannten damit in das Rathaus, um den Tag auszuschütten. Andere taten dasselbe mir Kesseln, Zubern und andern Gefäßen, denen sie einen Deckel auflegten, damit der Sonnenschein nicht entweichen konnte, bevor

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