Der große deutsche Märchenschatz
müde geworden war, dachte er, er wollte rasch in ein Mauseloch kriechen. Aber o weh! das Mauseloch war zu klein und der Taler zu groÃ, und da steckte er davor und konnte nicht hinein, und die Elster hatte ihn. Und was hat sie mit ihm getan? Ei, in den Schnabel hat sie ihn genommen und in den Wald getragen, und in dem Walde war ein hoher Baum und auf dem Baume ein Nest, und im Neste lagen drei Eier, und die gehörten der Elster selber. Und zu den Eiern hat die Elster den Taler gelegt und sich dann hinaufgesetzt, um zu brüten.
Hat nun die Elster den Taler ausgebrütet, dass er Junge bekam? Nicht doch; der Taler hat sich nicht brüten lassen. Du musst nämlich wissen, das Nest war unten nicht ganz dicht; es war kein groÃes Loch, aber ein ganz schmaler Spalt zwischen zwei Reisern, und da ist der Taler durchgeschlüpft, und die dumme Elster hat es nicht einmal gemerkt.
Wo ist der Taler nun hingekommen? Pass einmal auf! Vom hohen Baume wollt er hinunterspringen ins weiche Moos. Aber unter dem Baum im weichen Moos saà gerade eine kleine feine Dirn; die war müde geworden, denn sie hatte einen ganzen Korb voll Beeren gepflückt, schöne rote Erdbeeren waren das, und in diesen Korb ist der Taler hineingesprungen, mitten hinein, patsch!, und nun stak er tief darin und konnte nicht wieder heraus.
»Ei, du lieber Gott!«, rief das Mädchen, »da dank ich dir auch schön.« Und was hat sie nun getan? Nach Hause ist sie gegangen zu ihrer Mutter und hat ihr die Erdbeeren gegeben mit dem Taler mitten drin.
Was hat die Mutter mit dem Taler getan? Eingesperrt in einen Kasten oder einen Strumpf? Ach nein, dazu waren sie zu arm; denn der Vater war schon tot. Zu dem Kaufmann hat sie ihn getragen und Butter und Brot dafür gekauft und eine Wurst, so lang, alles für den Taler, der vom Himmel gefallen war, und da blieben zuletzt noch fünf Groschen übrig. Dafür hat sie dem lieben kleinen Mädchen eine Puppe gekauft, so fein, und das hat sich sehr darüber gefreut.
Aber der Taler? Was ist mit dem Taler geschehen? Ei, der war froh, dass er nicht hinein musste in den Strumpf; er ist von Neuem in die weite Welt gegangen, und wenn du ihm begegnen solltest, liebes Kind, dann halt ihn fest!
Das Kind unter den Wölfen
Auf dem Riesengebirge lebte einmal eine arme Frau, die hatte ein kleines Kind und auch eine groÃe Herde. Die Herde aber gehörte nicht der Frau, sondern sie hütete sie nur. Und da saà sie einmal mit ihrem Kinde in dem Walde und gab dem Kinde Brei aus dem Napfe, und die Kühe weideten unterdessen auf dem Grase. In dem Walde aber waren böse Wölfe, und als die Kühe von dem Gras in den Wald gingen, wo es kühl war und auch viel Gras wuchs, dachte die Frau, der Wolf könnte kommen und könnte die Kühe fressen. Und da gab sie dem Kinde den Napf mit dem Brei und einen hölzernen Löffel dazu und sagte: »Da, Kindchen, nimm und iss; nimm aber den Löffel nicht zu voll.« Und nun stand sie auf und ging in den Wald und wollte die Kühe heraustreiben. Und wie nun das Kind so allein da saà und aÃ, kam eine groÃe, groÃe Wölfin aus dem Walde herausgesprungen und gerade auf das Kind los und fasste es mit den Zähnen hinten an der Jacke und trug es in den Wald. Und da die Mutter wiederkam, war kein Kind mehr da, und der Napf lag auf der Erde, aber der Löffel lag nicht dabei; denn den hatte das Kind in der Hand festgehalten. Und wie das die Mutter sah, dachte sie gleich, das hat niemand anders getan als der Wolf, und lief in das Dorf und schrie entsetzlich, dass die Leute herauskämen.
Unterdessen kam ein Bote durch den Wald gegangen, der hatte sich verirrt und wusste nicht, wo er war. Und wie er so durch die Büsche geht und den Weg sucht, hört er etwas sprechen und denkt gleich, da müssen doch wohl Leute sein. Und es sagte immer: »Geh oder ich geb dir eins!« Und wie er nun das Gebüsch voneinandertut und sehen will, was es ist, sitzt ein Kindchen auf der Erde und sechs kleine Wölfe drum herum, die fahren immer auf das Kind zu und schnappen ihm nach den Händen â aber die alte Wölfin war nicht dabei, die war wieder in den Wald gelaufen. â Und wenn ihm nun die Wölfchen nach den Händen schnappen, schlägt das Kind sie mit dem hölzernen Löffel auf die Nase und sagt immer dazu: »Geh oder ich geb dir eins!«
Und der Bote wunderte sich und lief schnell hin und schlug mit
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