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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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viel größeren Jammer als er, und als des Kindes zwölfter Geburtstag herankam, da legten sie es jede Nacht zwischen sich ins Bett und hielten es fest von beiden Seiten.
    Als nun die letzte Nacht da war und es auf dem Schlossturm zwölf Uhr schlug, da klopfte es dreimal ans Fenster. Die Eltern sprangen mit großem Klagen und Weinen aus dem Bett, und der Vater nahm das Kind und hielt es hinaus vors Fenster. Draußen aber stand der Schwarze und fragte ihn, was er denn eigentlich glaubte und für wen er ihn eigentlich hielte, gewiss für den Teufel. »Für nichts anderes«, sagte der König. Da sprach der Schwarze: »Nein, ich bin der, den du in der Türkei hast ehrlich begraben lassen, und dir zu Gefallen bin ich noch über der Erde geschwebt bis auf diesen Tag; jetzt magst du dein Kind behalten, ich aber will schlafen bis zum jüngsten Gericht.«

Der goldene Hirsch
    Ein König hatte seine größte Freude an großen stolzen Soldaten und schönen weißen Schilderhäuschen und konnte es ums Leben nicht ausstehen, wenn Namen oder Sprüche oder Reimchen auf die Schilderhäuschen geschrieben waren; das hatte er bei Todesstrafe verboten.
    In seiner Leibgarde hatte er einen Soldaten, der war der größte Mann im Lande, sodass für ihn ein eigenes Schilderhäuschen gebaut werden musste. Als der eines Tages auf Wache vor dem Schlosse stand, wurde ihm die Zeit lang, und er schrieb auf das Schilderhäuschen: »Geld macht alles aus.« Der König lag zufällig im Fenster und sah das, kam sogleich herunter in den Schlosshof und an das Schilderhäuschen. Da stellte er den Soldaten scharf zur Rede, las ihm den Text und sprach: »Diesmal lass ich es dir noch einmal hingehen, aber das nächste Mal nicht mehr.« Und damit der Soldat nicht wieder in Versuchung käme, an das Schilderhäuschen zu schreiben, musste er von jetzt an im Schloss vor der Tür der Prinzessin auf Wache stehen.
    Ein Soldat hat auch ein Herz, und er stand nicht manchen Tag da, als er sich unsterblich in die Prinzessin verliebte. Sie war aber auch so schön, wie man nur ein Mädchen sehen konnte, und dazu gar freundlich und gut, nicht hochfahrend oder stolz. »Ach«, dachte da der Soldat, »wenn ich jetzt Geld hätte, dann wäre alles gut, dann käme ich mit vielen Wagen und Bedienten und großem Hofstaat und bäte den König um ihre Hand, statt dass ich nun wie ein armer Sünder dastehe und sie kaum anblicken darf, die schöne Prinzessin.« Und er zog seinen Bleistift aus dem Sack und schrieb sein Sprüchlein mitten auf die Tür: »Geld macht alles aus.«
    Am folgenden Morgen, als der König zu seiner Tochter gehen wollte, stand der Spruch da. Sogleich wurde der Soldat vor ihn in sein Zimmer geführt, und der König fragte ihn, warum er sich unterstanden habe, solches an die Tür der Prinzessin zu schreiben. Der Soldat dachte: »Sterben muss ich doch, da mag der König auch alles wissen«, und er gestand ihm, dass er die Prinzessin liebe und ohne sie nicht leben könne, darum sei ihm der Tod am Ende ein willkommener Gast. »Wenn du meinst, dass Geld alles ausmache«, sprach der König, »dann sollst du dessen haben, soviel dein Herz begehrt; hast du aber binnen Jahresfrist die Liebe der Prinzessin nicht gewonnen, dann lasse ich dir den Kopf abschlagen.« Da fiel der Soldat dem König zu Füßen und dankte ihm hunderttausend Male.
    Der König hielt sein Wort, er ließ den Soldaten aber in einen Turm sperren und stellte zehn Mann Schildwache davor. Nun bekam der Soldat jeden Tag Tonnen voll Gold, aber was ihm fehlte war die Freiheit. Da fiel ihm wohl das Herz in die Schuhe, meinst du, aber ein rechter Mann verliert nicht den Mut, dem sitzt das Herz fester, als dass es so leicht zu Falle käme.
    Der Soldat sann vor allem nach, wie er seine Freiheit wiedergewinnen könnte. Er mochte die Schildwachen nicht bestechen, denn wie leicht hätte das herauskommen können und die armen Kerle wären unglücklich gewesen; das litt sein gutes Herz nicht. Sein Weg musste viel sicherer und kürzer sein, und er fand ihn bald. Er hatte nämlich einen Zwillingsbruder, der ihm ganz ähnlich sah; den ließ er kommen, vertraute ihm die ganze Sache und versprach ihm fest und heilig, wenn sein Plan und Vorhaben nicht gelinge, vor Jahresfrist wieder im Kerker zu sein. Da wechselten sie die Kleider, der Soldat ging frei

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