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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Dann wollte ich wetten, sie ist nicht von jeher in diesen Federn gewesen. War ich doch selbst einmal ein schnödes Eichhörnchen.«
    Â»Du hast recht«, erwiderte die Gans, »an meiner Wiege wurde mir nicht gesungen, dass Mimi, die Tochter des mächtigen Zauberers Wetterbock, in eines Herzogs Küche enden sollte.« Und nun erzählte sie ihm unter Tränen, dass sie die Tochter des Zauberers Wetterbock von der Insel Gotland sei. Der wäre mit einer bösen Fee in Streit geraten, und diese hätte sie aus Rache in eine Gans verwandelt und den weiten Weg bis hierher gebracht. »Sei sie nun unbesorgt, liebe Jungfer Mimi«, tröstete sie der Zwerg, als sie ihre Erzählung beendet hatte, »so wahr ich ein ehrlicher Kerl bin, soll ihr keiner an die Kehle. Ich will ihr in meinen eigenen Gemächern einen Stall anweisen, und den anderen will ich sagen, dass ich diese Gans mit besonderen Kräutern für den Herzog mäste. Sobald sich dann eine Gelegenheit findet, setze ich sie in Freiheit.«
    Wie er gesagt hatte, so geschah es. Er ließ einen eigenen Stall für Mimi erbauen, und so oft er freie Zeit hatte, ging er zu ihr hin, um sie zu trösten, und fütterte sie mit Backwerk und süßen Speisen, und sie erzählten einander die Geschichte ihrer Verzauberung.
    Nicht lange danach geschah es, dass der Herzog Besuch von einem benachbarten Fürsten bekam. Der war auch ein großer Kenner der feinen Küche und nach dem Herzog der berühmteste Lecker und Schlemmer weithin. Da musste nun der Zwerg Nase auf das Gebot seines Herrn seine ganze Kunst hervorsuchen und Tag für Tag die auserlesensten Gerichte kochen, und beileibe durfte keines von ihnen zum zweiten Male auf der Tafel erscheinen. Denn der Herzog war sehr stolz auf die Kochkunst seines Zwerges und wollte immer wieder von seinem Gaste hören, dass er in seiner Kunst unübertrefflich sei. Am fünfzehnten Tage ließ er darum den Zwerg zur Tafel rufen und stellte ihn seinem Gast vor.
    Â»Du bist ein wunderbarer Koch«, sprach der fremde Fürst zu ihm, »und weißt fürwahr, was anständig kochen heißt. Aber nun sage mir doch, mein Freund, warum bringst du solange nicht die Königin der Speisen, die Pastete Suzeräne?«
    Da erschrak der Zwerg Nase sehr, denn er hatte von dieser Speise noch niemals gehört; doch fasste er sich und antwortete, dass er sich die Königin der Speisen für den Tag der Abreise des hohen Gastes aufgespart habe.
    Â»Nichts da«, rief der Herzog lachend, »denke an einen anderen Scheidegruß für unseren Gast. Auch für mich selber hast du die Pastete noch nie zubereitet. Darum muss sie morgen auf der Tafel stehen.«
    Â»Es sei, wie du sagst, Herr«, antwortete der Zwerg und ging. In seiner Kammer angekommen aber setzte er sich auf sein Bett und weinte über sein Geschick, denn er wusste nicht, wie er die Pastete machen sollte. Da trat die Gans Mimi, die in seinen Gemächern umhergehen durfte, zu ihm herein und fragte ihn nach der Ursache seines Kummers.
    Â»Stille deine Tränen«, sagte sie dann, »dieses Gericht kam oft auf die Tafel meines Vaters, und ich weiß ungefähr, was dazu gehört und will dir helfen.« Da sprang der Zwerg auf und segnete mit Freuden den Tag, an welchem er die Gans gekauft hatte. Dann schickte er sich unter ihrem Beistande an, die Königin der Pasteten herzurichten.
    Am andern Tage schickte er die Pastete mit Blumen bekränzt auf des Herzogs Tafel, legte sein bestes Festkleid an und begab sich in den Speisesaal. Der Gast nahm einige Bissen zu sich, die ihm der Vorschneider auf einer silbernen Platte reichte und kostete und prüfte aufmerksam. Dann lächelte er höhnisch und sprach: »Das Ding ist ganz artig gemacht, aber die Suzeräne ist es doch nicht ganz. Ich habe es mir gestern schon gedacht, dass du sie nicht so machen kannst wie mein Koch. Wisse, es fehlt das Kräutlein Niesmitlust, das man hierzulande nicht kennt, und ohne diese Würze wird dein Herr die Pastete nie essen wie ich.«
    Da geriet der Herzog in einen fürchterlichen Zorn. »Und doch werde ich sie essen«, schrie er mit funkelnden Augen, »entweder zeige ich Euch morgen die Pastete, wie Ihr sie verlangt, oder den Kopf dieses Burschen aufgespießt auf dem Tore meines Palastes. Geh, du Hund von einem Zwerg, ich gebe dir vierundzwanzig Stunden Zeit; schaffst du mir bis dahin die Pastete mit dem

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