Der große deutsche Märchenschatz
Kräutlein Niesmitlust nicht herbei, so lass ich dir ohne Gnade deinen groÃen Kopf abhacken.«
Da ging der Zwerg Nase abermals in sein Kämmerlein und klagte der Gans sein Schicksal.
»Wennâs weiter nichts ist«, sagte die Gans Mimi, »da kann ich helfen, denn ich kenne das Kraut. Glücklicherweise ist es gerade Neumond, da blüht es unter alten Kastanien. Nimm mich auf deinen Arm und setze mich im Freien nieder, ich will es dir suchen.«
Der Zwerg Nase tat, wie sie ihm geheiÃen, trug sie hinaus und setzte sie im Garten des Palastes behutsam nieder, und sie ging schnell vor ihm her, dem See zu, wo die Kastanien standen. Aber so eifrig sie auch suchte und jedes Gräslein mit dem Schnabel umwendete, das Kräutlein wollte sich nirgends finden lassen, und sie begann aus Mitleid und aus Angst zu weinen, denn schon wurde es immer dunkler. Endlich gewahrten sie drüben über dem See noch einen alten Kastanienbaum, dessen Ãste einen mächtigen Schatten warfen. Dorthin hüpfte die Gans und flatterte mit den Flügeln voran, und Nase folgte ihr, so schnell seine kleinen Beine ihn tragen mochten. Unter dem Baum angekommen, blieb die Gans stehen und schlug vor Freude mit den Schwingen, dann pflückte sie etwas ab, das sie dem erstaunten Nase zierlich mit dem Schnabel überreichte. »Hier ist das Kräutlein«, sprach sie dazu, »es wächst eine Menge davon hier, so dass es dir nie mehr daran fehlen wird.«
Zwerg Nase betrachtete es lange. Die Stängel und die Blätter waren bläulichgrün und trugen eine brennend rote Blume mit gelbem Rand.
»Welches Wunder!«, rief er dann aus, »es ist dasselbe Kraut, das mich einst bei der Alten in diese schändliche Gestalt verwandelt hat. Soll ich den Versuch machen?«
Aber die Gans warnte ihn davor. Erst in seiner Kammer, von niemandem gesehen, sollte er die Kraft des Kräutleins versuchen, nachdem er sein Geld und seine Habe zusammengerafft hatte.
Das leuchtete ihm ein, und nachdem er auf seiner Stube angekommen, die Dukaten, die er erspart, und seine Kleider und Schuhe in ein Bündel geknüpft hatte, sprach er: »So Gott will, werde ich meine Bürde nun los werden!« Damit steckte er seine Nase tief in die Hand voll Kräuter, die er mitgebracht, und begann ihren Duft einzuziehen.
Da knackste und zog es in allen seinen Gliedern, er fühlte, wie sein Kopf sich aus seinen Schultern hob und sah seine Nase kleiner und kleiner werden, sein Rücken und seine Brust fingen an, sich zu ebnen und seine Beine wurden immer länger.
»Nein, wie groà und schön du jetzt bist«, rief die Gans Mimi, die mit Erstaunen zugesehen hatte, »Gott sei Dank, es ist nichts mehr an dir von allem, was so hässlich war.« Da freute sich Jakob sehr und faltete die Hände und betete. Aber bevor er nun zu seinen Eltern zurückkehrte, wollte er Mimi zu ihrem Vater zurückbringen. »Denn dir allein«, sprach er, »verdanke ich, dass ich mir wiedergeschenkt bin. Ohne dich hätte ich dieses Kraut nimmermehr gefunden und hätte ewig in meiner Gestalt bleiben müssen oder gar unter dem Beile des Henkers sterben.«
Die Gans vergoss Freudentränen und nahm sein Anerbieten an, und nicht lange danach entkam Jakob glücklich und unerkannt mit ihr aus dem Palaste und brachte sie in ihre Heimat zu ihrem Vater. Dort entzauberte Wetterbock seine Tochter und entlieà Jakob mit Geschenken reich beladen, und nun machte er sich auf den Heimweg in seine Vaterstadt. Mit tausend Freuden erkannten seine Eltern in dem schönen jungen Mann ihren Sohn, den sie für immer verloren geglaubt hatten. Hinfort lebten sie von den Reichtümern, mit denen ihn der Zauberer Wetterbock belohnt hatte, glücklich zusammen bis an ihr Ende.
Königin Isabelle
Es hatte ein armer Mann einen einzigen Acker; da kamen die groÃen reichen Bauern daher, fragten nicht lange, sondern bauten auf des armen Mannes Acker einen langen Schafstall. Alle Einreden waren vergeblich, sodass der Mann mit seiner Klage endlich vor den König ging. »Gib dich nur zufrieden«, sprach der König; »ich will dir einen andern Acker geben.« Das tat er auch.
Wie nun der Mann daranging, ihn zu bestellen, grub er aus der Erde heraus einen goldenen Mörserkolben, aber den Mörser dazu konnte er nicht finden, so viel er auch suchen mochte. Da sprach er zu seiner Tochter, die hieà Isabelle: »Isabelle«, sprach
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