Der große deutsche Märchenschatz
zehn Uhr keiner mehr arbeiten sollte, und wer das doch täte, der sollte schwerer Strafe gewärtig sein. Nun saÃen noch spät abends bei Licht drei arme Mädchen und arbeiteten. Da sprach die erste: »Ich wollte, ich kriegte des Königs Koch zum Mann«, die zweite: »Ich wollte, ich kriegte dem König seinen Minister«, die dritte und jüngste aber sprach: »Ich wollte, dass ich den König selber zum Mann kriegte.« Das hatte der König alles mit angehört, denn er stand hinter dem Fenster und horchte, und das kam ihm so drollig vor, dass er beschloss, den drei Mädchen ihre Wünsche zu erfüllen.
Den Tag darauf lieà er die älteste zu sich rufen, die sich den Koch zum Manne gewünscht hatte, und sprach zu ihr: »Ich habe gestern deinen Wunsch vernommen und
weil du den Koch begehrt,
so bist des Koches wert«,
und gab ihr den Koch zum Manne. Darauf lieà er die zweite vor sich kommen und sagte: »Ich habe gestern deinen Wunsch vernommen und
weil du den Minister begehrt,
so bist du seiner auch wert«,
und gab ihr seinen Minister zum Manne. Danach musste die dritte und jüngste Schwester vor ihn kommen, die ihn selber zum Manne gewünscht hatte, zu der sprach er auch: »Ich habe gestern deinen Wunsch vernommen und
weil du meiner begehrt,
so bist du meiner auch wert«,
und heiratete sie und machte sie zur Königin.
Ãber eine Zeit, so wurde die Königin schwanger; da fragte sie der König, wen sie denn am liebsten zu ihrer Pflege bei sich haben wollte. Da verlangte sie nach ihrer ältesten Schwester, die des Königs Koch zum Manne hatte. Die Königin brachte aber einen hübschen Knaben zur Welt, der trug an seiner Stirn einen goldenen Stern. Weil nun die älteste Schwester neidisch war, dass die jüngste den König zum Mann gekriegt hatte, sie selber aber nur des Königs Koch, so legte sie der Königin einen jungen Hund ins Bett, nahm das Kind, klebte ihm ein Pechpflaster auf die Stirn, dass der goldene Stern nicht zu sehen war, und tat es in einen Kasten; den Kasten mit dem Kinde setzte sie heimlich auf den Strom, der dicht an des Königs Schloss vorbeifloss, und da trieben ihn die Wellen immer weiter hinab in das Land hinein. Der König, da er vernahm, dass seine Frau einen Hund geboren hätte, ward erst ganz zornig, aber doch, aus groÃer Liebe zu ihr, gab er sich zufrieden und war freundlich und gut mit ihr wie zuvor.
Zu derselben Zeit wohnte weiter den Strom hinab ein Gärtner, der hatte drei Kinder und dicht an dem Strom einen schönen Garten. Da nun einst die Kinder, wie sie immer taten, in dem Garten dicht am Wasser ihre Spiele trieben, so kam ein Kästchen den Strom herabgeschwommen, und wie es die drei Gärtnerskinder auffischten und ans Ufer zogen, so lag ein kleiner hübscher Knabe darin, dem saà auf der Stirn ein Pechpflaster. Da liefen die Gärtnerskinder mit dem Kästchen und dem Kinde darin voller Freuden zu ihrem Vater und zeigten es ihm, und der Gärtner, da er das arme hilflose Kind sah, erbarmte sich seiner und behielt es bei sich und behandelte es, als ob es sein eigenes Kind gewesen wäre, und die drei Gärtnerskinder warteten es und spielten mit ihm.
Ãber ein Jahr kriegte die Königin wieder ein kleines Kind und das war wieder ein Knabe und trug vor seiner Stirn auch so einen goldenen Stern, genau wie das erste Kind. Die neidische Schwester aber, welche die Königin wieder zur Pflege bei sich hatte, nahm das Kind, sobald es geboren war, heimlich weg, legte ein Pechpflaster auf seine Stirn und setzte es in einem Kästchen auf den Strom, dass es die Wellen hinuntertrieben. An seiner Statt legte sie der Königin einen jungen Hund ins Bett und ging hin und sagte dem Könige, seine Gemahlin hätte diesmal wieder einen Hund zur Welt gebracht. Darüber geriet der König in heftigen Zorn, versammelte seine Räte und fragte sie, was sie meinten, dass er in der Sache tun solle? Da hielten sie einen Rat und sprachen, diesmal sollte der König noch verzeihen; wenn aber so was noch einmal wieder vorkäme, so hätte die Königin verdient, dass sie in einem Turme lebendig vermauert würde und kein Essen und kein Trinken kriegte und so des Todes stürbe. Damit war der König zufrieden.
Es begab sich aber, dass zu derselben Zeit des Gärtners drei Kinder wieder in dem Garten waren und an dem Wasser spielten, da kam das Kästchen mit des
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