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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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Kornfelde. Er lief hin, um ihn zu fangen. Der Vogel aber erhob sich langsam und flog in einen Wald. Der Junge lief ihm immer nach, doch es war umsonst, er konnte ihn nicht erreichen. Er wollte umkehren. Aber er wusste sich aus dem Wald nicht mehr herauszufinden. Schon fing es an dunkel zu werden, da sah er in der Ferne ein Licht. Er ging darauf los und kam in ein Schloss. Da saß ein alter Mann am Feuer und kochte sich eine Suppe. Der Junge bat um Herberge und erzählte dem Alten, wie er in den Wald gekommen sei. »Wenn du mir ein Jahr treu dienst, so will ich dir zu dem Vogel verhelfen!« Der Junge willigte gern ein, um den Vogel zu bekommen.
    Am folgenden Morgen sprach der Alte: »Jetzt gehe ich aus und kehre erst spät abends heim. Sorge du hier. Da hast du alle Schlüssel, in jedes Zimmer darfst du gehen, nur in das letzte nicht!« Der Junge folgte genau dem Gebot, und als der alte Mann abends heimkehrte, war er mit ihm zufrieden. So geschah es auch den andern und alle folgenden Tage, dass der Alte ausging und dem Jungen den nämlichen Auftrag machte. Lange Zeit dachte der Junge nicht einmal an das verbotene Zimmer. Aber in der letzten Woche des Jahres kam ihn doch die Neugierde an: »Du bist ein ganzes Jahr hier gewesen und ziehst nun bald von dannen und sollst nicht wissen, was für Schätze dort sind«, sprach er bei sich, und es ließ ihm keine Ruhe. Am letzten Tage ging er bis zur Türe und wollte auch nicht. Endlich steckte er den Schlüssel ein und öffnete.
    Da war ein großer Saal und in der Mitte ein blauer Teich und darüber der freie Himmel. Im Teiche aber waren drei wunderschöne Schwanenjungfrauen, die badeten. Kaum hatten sie den Jungen erblickt, husch, flogen sie alle drei als weiße Schwäne auf und fort. Voll Angst kehrte der Junge zurück und hatte keine Ruhe. Als der alte Mann heimkam, fiel er gleich vor ihm nieder und sprach: »Herr, strafe mich, ich habe dein Gebot übertreten!« Der Alte sagte freundlich: »Weil du deinen Fehler gestanden hast und bereust, will ich dir verzeihen. Aber du musst jetzt noch ein Jahr treu dienen, willst du den Vogel haben.« Da fiel es dem Jungen wie ein Stein vom Herzen. Gern willigte er ein, und von nun an hatte die Neugierde keine Gewalt mehr über ihn.
    Als das Jahr vergangen war, trat der Alte zu ihm und sprach: »Jetzt folge mir!« Er führte ihn in das verbotene Zimmer, da waren die drei wunderschönen Jungfrauen und badeten. Alsbald aber verwandelten sie sich in weiße Schwäne, hoben sich aufwärts und flogen fort. Der alte Mann fragte den Jungen, welche ihm am besten gefallen habe. »Die Jüngste!«, sprach er. »Wohlan, so gehe heute Abend in jenes Zimmer. Da findest du unter dem Bett drei Schachteln. Bringe die, welche in der Ecke liegt, dann zu mir.«
    Der Junge konnte den Abend kaum erwarten, eilte dann hin und brachte sie. »So nimm jetzt diese Schachtel und gehe damit nach Hause, die auserwählte Jungfrau wird dir auf dem Fuße folgen. Aber siehe ja nicht hinter dich, bis du zu Hause angelangt bist. Dann magst du mit der Jungfrau bei deiner Mutter Hochzeit halten. Aber besorge die Schachtel wie deinen Augapfel, und nicht unterstehe dich und gib sie deiner Braut in die Hand, wie sehr sie dich auch bittet, sonst verlierst du sie auf immer!« Der Junge versprach, alles so zu machen. Das erste wurde ihm leicht. Er sah nicht zurück, obgleich er gern gewollt hätte. Denn er hatte ja für die Neugierde hart gebüßt, und daran dachte er jetzt.
    Als er endlich daheim war bei seiner Mutter, wandte er sich rasch um und sah die Jungfrau, fiel ihr um den Hals und küsste sie. Sie aber hatte ein schneeweißes Kleid an und war schön wie der heitere Tag, und der Junge konnte sich nicht sattsehen an ihr. Da wurde die Verlobung gehalten, und der Junge war ganz selig. Aber die Jungfrau war traurig und niedergeschlagen. Der Junge gab sich alle erdenkliche Mühe, sie zu erheitern, doch umsonst. »O was gäbe ich nicht dafür, wenn ich dich jetzt fröhlich sähe!«, sprach er zuletzt. »So gib mir meine schönen Kleider, die in der Schachtel sind!«
    Da wurde der Junge bleich vor Schrecken. Wie hatte er so unbesonnen und töricht versprochen, was zu seinem Unglück führen sollte. Er zögerte lange, lange. Endlich siegte die Treue und übergroße Liebe zu seiner Braut. Er überredete und tröstete sich auch: »Das wird

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