Der große deutsche Märchenschatz
Kleid an und siehe â es war so gelungen, dass es kein Schneider in der Welt hätte besser machen können. Der Schneider erhielt die zugesagte Belohnung und lief freudig nach Hause. Hier traf er die beiden Wanderer nicht mehr. Diese waren nämlich, während der Schneider beim König war, fortgereist.
Hocherfreut war der Schneidergeselle bei dem Gedanken, einen Schneider glücklich gemacht und vielleicht viele vom Tode gerettet zu haben. Der Jäger hingegen war jetzt noch viel neidischer gegen den Schneider als vorher.
Sie waren schon wieder lange gegangen, da kamen sie auf eine sehr schöne Wiese. In der Mitte dieser Wiese lag ein ungeheuer groÃer Stein. Sie gingen hin, um zu untersuchen, was unter dem Steine sich befinde. Aber wie den Stein wegbringen? â Ihn wegzuwälzen waren beide nicht imstande und anders ging es nicht. Der Schneider aber drehte seinen Ring, und sogleich rollte der Stein von der Stelle und an derselben war ein groÃes Loch in der Erde. Da an Neugierde einer den andern übertraf, so wollte nun jeder wissen, was denn unter diesem Loche verborgen wäre. Sie kamen überein, dass der eine von dem andern hinabgelassen werden sollte. Der Jäger flocht Stricke aus Stroh, band sie zusammen, und dies sollte als Strick zum Hinunterlassen dienen. Zuerst lieà der Jäger den ihm an Mut überlegenen Schneider hinunter.
Unten angekommen, glaubte der Schneider, in eine neue Welt gekommen zu sein: Die Schönheit, die hier herrschte, übertraf alles, was er bisher noch gesehen. Er ging durch einen wunderschönen Garten und kam zu einem Schlosse. Als er so stand und bewundernd schaute, traten aus dem Schlosse drei Prinzessinnen. Alle drei waren Schwestern, Königstöchter und von einem Drachen geraubt worden. So waren sie in dieses Schloss gekommen, und die Ihrigen wussten nichts davon. Täglich flog der Drache fort, und wenn er wieder kam, mussten sie seiner schon im Garten warten. Da legte er sich auf ihren SchoÃ, und sie mussten seinen Rücken bürsten, währenddem er immer einschlief. Der Vater der Prinzessinnen hatte die Hand seiner jüngsten Tochter nebst seinem Reiche demjenigen versprochen, der seine Töchter befreien würde.
Alle drei grüÃten nun den Schneider, gingen zu ihm und fragten ihn, ob er sie erlösen wolle; er müsse aber, fügten sie hinzu, einen Drachen bekämpfen. Der Schneider willigte ein. Die Prinzessinnen gaben ihm ein Schwert, und nun musste er hinter einem Busch die Ankunft des Drachens erwarten, während sich die Prinzessinnen auf die eine Bank setzten.
Es währte nicht lange, da hörte der Schneider ein Brausen, und Flammen sprühten in der Luft. Der Drache kam schnaubend in den Garten und legte sich auf den Schoà der Prinzessinnen, und indem ihn diese bürsteten, schlief er ein.
Da trat der Schneider mit dem Schwert hervor und stieà es dem Drachen in den Hals. Der Drache war tot, und die Prinzessinnen waren gerettet. Schnell begab sich der Schneider mit den Prinzessinnen zur Ãffnung und rief dem Jäger, er solle zuerst die Prinzessinnen und dann ihn hinaufziehen. Der Jäger tat es. Als er aber den Schneider schon zur Hälfte in die Höhe gezogen hatte, schnitt er den Strick ab, und so fiel dieser wieder zurück. Der Schneider hatte bisher seines Ringes ganz vergessen, und so musste er eine geraume Zeit in der Höhlung bleiben.
Unterdessen war der falsche Kamerad mit den Prinzessinnen zum Könige gekommen, hatte sich dort für ihren Befreier ausgegeben, und schon nahte der Tag der Vermählung. Da erinnerte sich der Schneider seines Ringes. Er drehte ihn, und augenblicklich waren Hunderte von Zwergen beschäftigt, eine Stiege zu bauen, die zum Ausgange des Loches führte. Als diese fertig war, gelangte der Schneider ins Freie. Nun drehte er den Ring mit dem Wunsche, ein Zwerg möchte kommen und ihm den Weg zum König zeigen. Wirklich erschien ein Zwerg und führte ihn zum König. Dort beteuerte er, dass er der Befreier der Prinzessinnen sei. Diese Aussage bestätigten die Prinzessinnen. Der Jäger wurde zwar mit einem Kistchen Gold beschenkt, aber zugleich aus dem Lande verbannt. Der Schneider heiratete nun eine Tochter des Königs und herrschte weise und glücklich über seine Untertanen. Ob er aber noch lebt, weià ich nicht.
Die zwei Schwestern
In einem Dorfe lebte eine Frau, welche bei den Nachbarn wegen ihres Stolzes und ihrer
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