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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anaconda
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leuchtete in jeden Winkel, aber sie sah kein Schloss mit Gold gedeckt. Als sie nun dem Gottschalk sagte, dass sie nichts gesehen, war er sehr traurig und verzweifelte schier. »Doch halt«, sprach die Sonne, »ich scheine nur bei Tag, mein Vetter der Mond scheint bei Nacht, vielleicht weiß es der. Geh nur auf dem Wege rechts immer fort, und du wirst schon hinkommen.«
    Es verging manche Woche, und er musste manche Mühsal erdulden, bevor er dahin gelangte. Eines Abends bemerkte er ein weißes Silberlicht in der Ferne, und als er näher kam, sah er ein Glashäuschen, worin ein alter Mann saß, der hatte silberweiße Haare und einen Bart von gleicher Farbe, einen grauen Kaputrock mit silbernen Knöpfen und graue Schuhe mit silbernen Schnallen. In der kleinen Stube war eine Menge silberner Fliegen, die schöner als Johanniswürmchen leuchteten und dann und wann in die Luft hinausflatterten und flimmerten. Aber kalt war’s dort, dass Gottschalk am ganzen Leibe klapperte wie eine leere Mühle. Als ihn der Graubart erblickte, fragte er ihn verwundert, was er denn wolle, worauf ihm Gottschalk alles mitteilte und ihn bat, zu sehen, wo doch der Aufenthalt seines lieben Weibes sei, und er beklagte seine frühere Dummheit und Neugier. »Sei nur still«, sagte der Mond, »ich will mein Möglichstes tun. Lege dich schlafen, ich will unterdessen nachsehen.«
    Nun flimmerten die Käferchen frisch drauf los, wie wenn’s die Welt gelten möchte. Aber unser lieber Mond sah halt auch nichts von dem G’schloss. Als er nun das dem armen Gottschalk mitteilte, so wurde der sehr traurig und fing bitterlich zu weinen an. »Sei nur still«, sagte der Mond, »ich will dir einen Rat geben: Gehe zu meinem Gevatter dem Winde, richte ihm einen Gruß aus und erzähle ihm deinen Kummer, er pfeift durch alle Löcher, so wird er wohl auch schon dort geblasen haben. Geh nur immerzu dorthin, woher der Wind bläst, du wirst ihn schon antreffen.«
    So musste der arme Gottschalk nun abermals fortwandern. Er ging immer dem Winde entgegen, aber er brauchte viele Tage, bis er zur Wohnung des Gevatters kam. Er mochte nämlich schon einige Tage gegangen sein, da sah er plötzlich einen Berg, welcher vier große Löcher hatte, eins oben, eins unten, eins rechts und eins links, inwendig da war der Wind, der blies bald aus diesem Loch, bald aus jenem.
    Gottschalk wollte zu dem untern Loche hineingehen, da blies der Wind gerade heraus und schleuderte ihn weit weg. Auf sein Geschrei guckte der Wind heraus und sah ihn dort liegen; er fragte ihn, was er denn da zu suchen habe. Gottschalk richtete den Gruß vom Monde aus, worauf der Wind freundlicher wurde und ihn nötigte, in die Stube zu gehen, damit er dort sein Anliegen vorbringe. Sie gingen miteinander durch einen finstern Gang und kamen in eine Stube, in der ein Öllämpchen brannte. Jetzt konnte Gottschalk den Herrn Gevatter erst näher betrachten. Er hatte ein grünes Mäntelchen, das ihm bis an die Fersen reichte, und eben ein solches Käppchen. Statt des Bauches hatte er einen Blasbalg, mit dem er bald zu diesem, bald zu jenem Loche heraus blies. Gottschalk setzte sich auf eine Bank, die in der Stube stand, und erzählte dem Winde alles; er bat ihn, er möchte sich doch seiner annehmen und ihm bald wieder zu seinem Weibe verhelfen. »Wenn sie wirklich auf der Welt ist«, sagte der Wind, »so werde ich sie schon zu finden wissen, ich darf nur meine Gesellen rufen, die blasen in allen Weltgegenden; einer von ihnen wird sie doch schon gesehen haben.«
    Er pfiff nun zu einem Loche hinaus, dass dem Gottschalk die Ohren gellten. Bald kam ein ganzer Klub von solchen Kerlen daher, aber keiner wollte was von einem mit Gold gedeckten Schlosse wissen. Da sprach der Wind: »Jetzt habe ich nur noch einen einzigen buckligen Gesellen auf der Wanderschaft, wenn’s der nicht weiß, so kann ich dir nicht helfen«, und noch einmal pfiff er zu allen Löchern hinaus. Gottschalk glaubte, es sei nun aus mit seiner künftigen Freude, und gab sich schon dem Gedanken hin, von seinen Brüdern ausgelacht und verhöhnt zu werden, als der Bucklige ankam. Der Meister fragte ihn, ob er ein mit Gold gedecktes Schloss gesehen habe, welches von einem reizenden Garten umgeben sei und in dem sich eine verzauberte Frau befinde. »Ich komme soeben daher und habe dort die Wäsche getrocknet. Es war ein hübsches

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