Der große deutsche Märchenschatz
Mädchen im Garten, aber sie hatte fürchterliche BocksfüÃe.« Gottschalk sprang vor Freude und bat den Wind, er möge ihn durch seinen Gesellen hinführen lassen, damit er doch bald zu seiner Frau komme. Der Wind befahl nun dem Buckligen, ihn hinzuführen, was dieser auch freundlich tat. »Ja«, sagte der Geselle, nachdem sie aus dem Berge herausgegangen waren, »wirst du mir auch nachkommen, denn es ist viele Meilen weit?«
Das wäre freilich schwer gewesen, aber der Bucklige wusste gleich einen Rat, er nahm den Gottschalk, ohne ihn viel darum zu fragen, buckelkraxen und lieà sich so von seinem Meister fortblasen. Zwei Tage schwebte Gottschalk auf dem Rücken seines Begleiters zwischen Erde und Himmel, und erst am Abend des zweiten Tages lieÃen sie sich nieder.
Gottschalk wollte sich bei seinem Träger bedanken, denn er erkannte, dass er an Ort und Stelle war, doch als er sich nach ihm umschauen wollte, erblickte er an dessen Stelle sein Weib, welche mit Tränen in den Augen vor ihm stand. Wie staunte er, als er seine Frau näher betrachtete und sah, dass sie ganz so wie andere Menschen gewachsen war und weder BocksfüÃe noch sonst etwas Eigentümliches hatte. Sie umarmte und küsste ihn und sprach dann: »Schau, was du durch deine Neugierde verdorben, das hast du durch deine Liebe und deine Ausdauer wiedergutgemacht; wir sind nun glücklich und werden wieder froh und selig leben.« Da erinnerte sich Gottschalk auch seines Vaters und seiner Brüder und des Grundes, warum er aus seines Vaters Haus gewandert sei. Er bat seine Frau, dass sie mit ihm seinen Vater besuchen möge, worein sie gerne willigte. Sie kleidete ihn und sich selbst auf das Prächtigste. Die Mutter, die mittlerweile auch herbeigekommen war, versprach einen Wagen herbeizuschaffen, und in wenigen Augenblicken kam auch einer durch die Luft geflogen. Er war ganz aus Gold und mit sechs milchweiÃen Schimmeln bespannt. Sie stiegen nun ein, nachdem sie von der Mutter Abschied genommen, und fort gingâs im Galopp.
Es dauerte nicht lange, bis sie in die Heimat Gottschalks kamen. Da lieÃen sie den Wagen vor dem Hause des Vaters halten. Die Leute schauten alle zu den Fenstern heraus und gafften sie an. Dass dies der Gottschalk von ehedem sei, fiel ihnen freilich nicht ein. Auch der Vater und die Brüder schauten heraus und erschraken nicht wenig, als der schöne Wagen bei ihrem Hause hielt und sie ihren Bruder Gottschalk erkannten. Der alte Vater traute sich kaum, den Gottschalk anzureden; der eilte aber auf den Vater zu, umarmte ihn herzlich und zeigte ihm dann seine schöne Frau. Der Alte freute sich über alle MaÃen.
Jetzt hatte der Dümmste die schönste und reichste Braut und sollte nun die ganze Wirtschaft erhalten. So glaubten die Brüder. Gottschalk aber sagte: »Ihr habt zwar sehr übel an mir getan und mich beschimpft und verhöhnt, aber ich verzeihe es euch; die Wirtschaft schenke ich euch ganz und gar, denn ich habe genug und bedarf dessen nicht.« Darüber freuten sich die Brüder und dankten ihm. Gottschalks Weib blieb auch nicht zurück und schenkte ihren Schwägerinnen viele schöne Kleider und allerlei Edelsteine.
Gottschalk reiste dann wieder ab, nachdem er seinen Brüdern seine Erlebnisse erzählt und ihnen versprochen hatte, sie alle fünf Jahre zu besuchen; den Vater nahm er mit, und nun lebten sie alle vergnügt.
Aus ist das Liedl, aus ist der Tanz,
Madl bring Blumen, wind mir ânen Kranz.
Die Königstochter ein Schmetterling
In einem schönen Schlosse hier am Harze wohnte eine Königin mit ihrer Stieftochter. Der König war tot und hatte das Mädchen seiner zweiten Frau auf die Seele gebunden, dass sie sich seiner annähme und es gut hielte. Wie nun aber der Vater tot war, da waren auch des Mädchens gute Tage aus, und doch war es gut und fromm, dabei so schön, wie es noch kein Mädchen auf der Welt gegeben hatte. Das rührte aber alles die böse Stiefmutter nicht, sie tat Tag für Tag dem Mädchen mehr zuleid, ja, es bekam sogar Schläge, dass ihm die Tränen aus den Augen fielen. Das hielt es alles ruhig aus, es widersprach nicht, es widersetzte sich nicht, es blieb sanft und gut, aber sein Herz war voll Trauer. Wer dieses Elend sah, dem wurde das Herz weich, mochte er noch so hart sein. Ein jeder hätte gern dem unglücklichen Kinde geholfen, sie konnten aber nicht; denn
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