Der große deutsche Märchenschatz
Federn auszureiÃen. Da schrie sie aber: »quak, quak!«, sodass der Baltes sogleich aufwachte und sprach: »Gute Gonda, bleibe stehen, was bei dir ist!« Da mussten die drei Mädchen fasernackt, wie sie waren, die ganze Nacht bei der Ente stehen bleiben; und als der Baltes am andern Morgen frühstücken wollte und seiner Ente rief: »Gute Gonda, komm herunter und was bei dir ist!«, da mussten die Mädchen auch mit herunter und nackt frühstücken und ebenso hinter der Ente herziehen, als er weiterging.
Da kam er in ein Dorf, wo die Maurer an einem neuen Hause arbeiteten, und als die die nackten Mädchen sahen, liefen sie zu ihnen hin und hielten ihnen die Maurerkellen vor den Leib. Der Baltes aber sprach: »Gute Gonda, es bleibe an dir hangen, was bei dir ist!« Da konnten die Maurer nicht wieder fort und mussten auch mitziehen.
Darauf zogen sie durch einen andern Ort; da schaute gerade der Pfarrer zum Fenster heraus und sah den Zug und rief: »Ei, so bedeckt euch doch, ihr groÃen Mädchen! Schämt ihr euch denn nicht, dass ihr so nackt auf der StraÃe geht?« Und dann kam er eilig aus dem Hause gelaufen und nahm seine groÃe Kappe ab und wollte, auf dass niemand ein Ãrgernis nehme, wenigstens das eine Mädchen damit zudecken. Der Baltes aber rief wieder seiner Ente: »Gute Gonda, es bleibe an dir hangen, was bei dir ist!« Da musste auch der Pfarrer mit.
Als sie so nun eine Weile gegangen waren, kamen sie abermals in ein Dorf, wo eine groÃe Bäckerei war. Wie nun die Bäckerknechte den wunderlichen Zug und besonders die nackten Jungfern sahen, da kamen ihrer fünfunddreiÃig mit Backschaufeln aus dem Hause gesprungen, und hielten den Mädchen die Schaufeln vor den Leib, worauf der Baltes wiederum sprach: »Gute Gonda, es bleibe an dir hangen, was bei dir ist!«, also, dass auch die fünfunddreiÃig Bäckergesellen dem Zuge sich anschlieÃen mussten.
In dem Wirtshause, wo der Baltes mit seiner goldenen Ente und dem ganzen groÃen Zuge übernachtete, las er in der Zeitung, dass der König von Portugal eine Tochter habe, die niemals lache, und dass der König habe ausschreiben lassen, wer seine Tochter zum Lachen bringen könne, der dürfe sie heiraten. Da machte sich der Baltes gleich am andern Morgen auf den Weg nach Portugal und meldete sich, sobald er angekommen war, beim Könige und sagte, dass er es sich wohl getraue, seine Tochter zum Lachen zu bringen, worauf der König ihn sogleich am folgenden Morgen um zehn Uhr mit seinen Leuten kommen hieÃ. Die Königstochter stand auf dem Altan, und wie sie von da herab den seltsamen Transport vors Schloss kommen sah, die drei nackten Jungfern, die Maurer mit ihren Kellen, den Pfaffen mit der groÃen Mütze und die fünfunddreiÃig Bäckerknechte mit ihren Schaufeln, da konnte sie sich nicht mehr halten und musste überlaut auflachen. Und also gewann der Sattler die Königstochter zur Gemahlin und erbte nach dem Tode des Königs das Reich.
Der Glasberg
Auf einem hohen Glasberg stand einst ein Schloss von purem Golde und vor dem Schloss ein Apfelbaum, auf welchem goldene Ãpfel wuchsen. Wer einen goldenen Apfel pflückte, der kam in das goldene Schloss, und dort, in einer Silberstube, saà die verzauberte Prinzessin von wunderbarer Huld und Schönheit. Sie hatte ungeheure Schätze; voll Edelsteine waren die Keller und ganze Kisten feinsten Goldes standen rund umher in allen Zimmern.
Schon viele Ritter waren von weither gekommen; vergebens aber bemühten sie sich, den Berg zu erklimmen. Auf scharf beschlagenem Pferde kletterte mancher hinan, fiel aber von der Hälfte des Weges den glatten, steilen Berg mit schwerem Sturz hinunter. Der eine brach sich den Arm, der andere das Bein und mancher sogar das Genick.
Die schöne Prinzessin sah von ihrem Fenster aus, wie so viele Ritter sich vergebens bemühten, auf ihren schönen Pferden in die Höhe zu kommen. Der Anblick der Prinzessin gab ihnen immer neuen Mut. Von allen vier Weltgegenden kamen sie herbei, und die arme Königstochter wartete schon jahrelang auf ihren Retter.
Eine Menge Leichen, Ritter und Pferde lagen rund um den Glasberg; viele Sterbende ächzten traurig und konnten sich mit ihren zerbrochenen Gliedern nicht weiterschleppen. Die ganze Gegend sah aus wie ein Kirchhof. Schon sollte in drei Tagen das siebente Jahr zu Ende gehen, als ein Ritter in goldener
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