Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
sollen.«
    »Aber gibt es dort was zu holen?«
    »Natürlich.«
    »Was Lohnendes?«
    »Natürlich.«
    »Aber was denn bloß?«
    Pierce schüttelte den Kopf. Er grinste über Agars verblüfften Gesichtsausdruck und verließ das Zimmer.
    Als Pierce auf die Straße trat, war schon die Dämmerung angebrochen. Er sah die beiden Polizisten sofort, die sich an verschiedenen Ecken postiert hatten. Pierce tat, als sähe er sich nervös um, und ging dann zum Ende des Häuserblocks, wo er eine Droschke anhielt.
    Er fuhr einige Häuserblocks weiter und sprang dann an einer belebten Stelle der Regent Street hinaus, überquerte die Straße, nahm eine andere Droschke und fuhr zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Im Ernstfall hätte Pierce ein so fadenscheiniges Manöver gar nicht erst versucht. Es war ein alter Trick, der nur selten funktionierte, und als er einen Blick durch das kleine Rückfenster der Droschke warf, sah er, daß er seine Verfolger nicht abgeschüttelt hatte.
    Er ließ sich zum »Wappen« fahren, einem berüchtigten Pub. Er betrat das Lokal, verließ es durch einen von der Straße aus einsehbaren Seiteneingang und ging zur New Oxford Street hinüber, wo er sich wieder eine Droschke nahm. Inzwischen hatte er einen der Verfolger verloren, aber der zweite blieb ihm auf den Fersen. Jetzt ließ Pierce sich ohne weitere Umwege über die Themse nach Battersea fahren, direkt zu Asthma-Bill.
    Aus heutiger Sicht wollen die respektable und elegante Erscheinung eines Edward Pierce und eine schäbige Pfandleihe in Battersea nicht so recht zusammen passen. Damals dachte man anders, denn ein Pfandleiher diente nicht allein den niedrigen Ständen. Wem immer er zu Diensten war: Er operierte als Bank für Unvorhergesehenes und arbeitete schneller und billiger als die herkömmlichen Kreditinstitute. Es kam vor, daß jemand sich einen teuren Gegenstand kaufte, einen Pelz etwa, und ihn dann für eine Woche versetzte, um die Miete zu bezahlen; dann löste er ihn wenige Tage später ein, um ihn am Sonntag tragen zu können. Am Montag wurde er dann wieder für einen geringeren Betrag verpfändet und so weiter.
    Diese Institution diente also einem guten Zweck, und um die Jahrhundertwende verdoppelte sich die Zahl der Leihhäuser innerhalb weniger Jahre. Angehörige des Mittelstands wurden weniger durch die günstigen Bedingungen für die Darlehen als durch ihre Anonymität angezogen. So mancher respektable Haushalt wollte es nicht bekannt werden lassen, daß ein Teil des Tafelsilbers vorübergehend in Bargeld umgemünzt worden war. Man darf nicht vergessen, daß damals viele Menschen finanzielle Prosperität und vernünftiges Haushalten mit moralischem Verhalten gleichsetzten. Und daher galt es als anrüchig, ein Darlehen aufzunehmen.
    Die Leihhäuser selbst waren keineswegs jene zwielichtigen Einrichtungen, für die man sie hielt. Verbrecher, die gestohlenes Gut loswerden wollten, wandten sich vornehmlich an Hehler, die nicht von der Polizei lizenziert waren und bei denen man eine ständige Überwachung nicht befürchten mußte. Pierce trat folglich mit völligem Gleichmut durch die Tür unter den drei Kugeln.
    Asthma-Bill, ein rotgesichtiger Ire, der ständig kurz vor einem Schlaganfall zu stehen schien, saß in einer hinteren Ecke des Raums. Er sprang schnell auf, als er an Pierce’ Kleidung und Auftreten erkannte, daß er es mit einem Herrn zu tun hatte,
    »‘n Abend, Sir«, sagte Bill.
    »Guten Abend«, sagte Pierce.
    »Womit kann ich Ihnen dienen, Sir?«
    Pierce sah sich im Laden um. »Sind wir allein?«
    »Das sind wir, so wahr ich Bill heiße, Sir.« Asthma-Bill hatte plötzlich einen wachsamen Ausdruck in den Augen.
    »Ich wünsche einen bestimmten Kauf zu tätigen«, sagte Pierce. Er bediente sich des breiten Akzents der Liverpooler Hafengegend.
    »Einen bestimmten Kauf …«
    »Einige Dinge, die Sie vielleicht vorrätig haben«, sagte Pierce.
    »Sie sehen mein Geschäft, Sir«, sagte Asthma-Bill mit einer ausholenden Geste. »Sie haben alles vor sich.«
    »Das ist alles?«
    »Ja, Sir, alles, was Sie hier sehen können.«
    Pierce zuckte die Achseln. »Ich muß eine falsche Auskunft erhalten haben. Guten Abend.« Damit ging er zur Tür. Er hatte sie fast erreicht, als Asthma-Bill hustete.
    »Was hat man Ihnen denn gesagt, Sir?«
    Pierce drehte sich um. »Ich brauche bestimmte seltene Gegenstände.«
    »Seltene Gegenstände«, wiederholte Asthma-Bill. »Was denn für seltene Gegenstände, Sir?«
    »Gegenstände aus

Weitere Kostenlose Bücher