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Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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währte fast eine Minute. Dann war SauberWilly blau im Gesicht, die Zunge hing ihm grau aus dem Mund, und die Augen quollen ihm aus dem Kopf. Er sackte in sich zusammen.
    Barlow ließ ihn zu Boden gleiten, löste den Strick von Willys Hals, zog ihm die beiden Fünf-Pfund-Noten aus der Tasche und trat geräuschlos auf die Straße. Sauber-Willys Leichnam lag in einer Ecke. Viele Minuten vergingen, bis das erste der Kinder sich hervorwagte und sich vorsichtig der Leiche näherte. Dann waren auch die anderen Kinder da. Sie stahlen dem toten Willy die Schuhe und alles, was er am Leib hatte, und stoben dann in alle Richtungen auseinander.

Die »Schleppe« w ird gelegt
    In einem Zimmer im zweiten Stock des Dirnenquartiers saß Pierce mit Agar zusammen. Pierce drückte seine Zigarre aus und richtete sich im Sessel auf. »Wir haben großes Glück«, sagte er.
    »Glück? Glück, daß uns die Greifer fünf Tage vor dem Fischzug auf den Fersen sind?«
    »Ja, wir haben Glück«, sagte Pierce. »Was ist, wenn Willy gesungen hat? Er wird ihnen gesagt haben, daß wir in den London Bridge-Bahnhof eingestiegen sind.«
    »Ich glaube kaum, daß er ihnen so viel verraten hat. Er wird nur Andeutungen gemacht haben, um noch mehr für sich herauszuholen.« Es war üblich, daß Informanten der Polizei ihre Informationen schrittweise preisgaben, um für jeden Hinweis neu zu kassieren.
    »Schon möglich«, sagte Pierce, »aber wir müssen einkalkulieren, daß er’s getan hat. Nun, genau darin liegt unser Glück.«
    »Und wieso, wenn ich fragen darf?«
    »Weil London Bridge der einzige Bahnhof in London ist, der von zwei Bahngesellschaften benutzt wird. Von der South Eastern und der London & Greenwich.«
    »Ja, das stimmt«, sagte Agar mit einem verständnislosen Blick.
    »Wir müssen sie auf eine falsche Fährte lenken«, sagte Pierce.
    »Sie wollen die Greifer verladen?«
    »Wir müssen ihnen etwas zuspielen, das sie beschäftigt hält«, sagte Pierce. »In fünf Tagen wollen wir im Zug Muri machen, und ich möchte nicht, daß die Herren uns dabei zusehen.«
    »Wohin wollen Sie sie denn verladen?«
    »Ich habe an Greenwich gedacht«, sagte Pierce. »Es wäre hübsch, sie in Greenwich zu wissen.«
    »Dann brauchen Sie also einen, der ihnen den Knochen hinwirft.«
    »Ja«, sagte Pierce.
    Agar überlegte einen Augenblick. »Ich kenne da eine Dille, Lucinda, in Seven Dials. Man sagt, sie kennt ein paar Verdeckte. Treibt’s immer mit ihnen, wenn sie sie geschnappt haben. Was oft vorkommt, da sie’s gerne mit ihr treiben.«
    »Nein«, sagte Pierce. »Einer Frau würden sie nicht glauben; sie würden den Braten riechen.«
    »Nun, da wäre noch Black Dick, der Pferdefreund. Kennen Sie ihn? Ein Jude. Man sieht ihn abends gelegentlich in der ›Königskrone‹.«
    »Ich kenne ihn.« Pierce nickte. »Black Dick ist ein Säufer, mag seinen Gin zu gern. Ich brauche einen guten Mann, einen, der zur Familie gehört.«
    »Einen von der Familie? Dann ist Asthma-Bill der Richtige für Sie.«
    »Asthma-Bill? Der alte Ire?«
    Agar nickte. »Ja, er ist ein alter Kunde. Hat in Newgate gesessen, aber nicht die ganze Zeit abgerissen.«
    »Oh, tatsächlich?« Pierce horchte plötzlich auf. Eine vorzeitige Entlassung bedeutete oft, daß der Häftling sich mit der Polizei arrangiert und eingewilligt hatte, Spitzeldienste zu leisten. »Ist er sehr früh entlassen worden?«
    »Kann man wohl sagen«, erwiderte Agar. »Hat seine Lizenz auch reichlich schnell gekriegt. Sehr merkwürdig, denn er ist schließlich ein Ire.« Pfandleiher erhielten ihre Lizenz von der Polizei, die Iren gegenüber die gleichen Vorurteile hatte wie die meisten Engländer.
    »So, ist also Pfandleiher geworden?« fragte Pierce.
    »Ja«, erwiderte Agar. »Er soll aber gelegentlich auch mit Krachern handeln. Und singen soll er auch.«
    Pierce dachte gehörig darüber nach und nickte schließlich.
    »Wo ist Bill jetzt?«
    »Er hat seinen Laden in Battersea, im Ridgeby Way.«
    »Ich gehe gleich zu ihm«, sagte Pierce und stand auf. »Will lieber gleich die Schleppe auslegen.«
    »Machen Sie es ihnen nur nicht zu leicht«, warnte Agar. Pierce lächelte. »Sie werden sich mächtig anstrengen müssen.« Er ging zur Tür.
    »Moment noch«, sagte Agar, dem plötzlich ein Gedanke gekommen war. »Mir fällt da etwas ein: Was für ein Ding kann man denn um Himmels willen ausgerechnet in Greenwich drehen?«
    »Das«, erwiderte Pierce, »ist genau die Frage, mit der die Greifer sich beschäftigen

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