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Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Spraque de Camp
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Backenknochen.
    »Ah, Dr. Chimei!« sagte Toskano. »Hier sind neue Besucher, die Ihre Wunderdinge sehen möchten. Das hier ist Dr. Halran, der das Geheimnis des Fliegens gelüftet hat, und sein Assistent Meister Prokopiu.«
    Ryoske Chimei verbeugte sich steif. »Wir fühlen uns geehrt, daß sich so hochstehende Personen die Mühe machen, unsere erbärmlichen Kleinigkeiten anzusehen«, sagte er mit singender Stimme. »Wenn Sie bitte warten, bis dieser Herr fertig ist …«
    Ryoske Chimei wandte sich in seiner Muttersprache an seinen Bruder.
    Toskano murmelte seinen Begleitern zu: »Lassen Sie sich nicht von dieser gespielten Demut täuschen. Das ist so Sitte in Mingkwo. Die beiden sind die eingebildetsten Burschen, denen ich je begegnet bin. Die Welt außerhalb Mingkwos ist für sie nichts als barbarisches Chaos.«
    »Bitte, meine Herren«, sagte Ryoske Chimei, und Halran beugte sich über das Mikroskop und stieß überraschte Laute aus, als er die Wunder des Mikrokosmos erblickte.
    Während Halran sich im Schauen verlor, sagte Toskano: »Meister Prokopiu, holen Sie doch die Schachteln mit Karten heraus, die Sie aus Mnaenn mitgebracht haben. Danke.« Er entnahm eine Karte, gab sie Ryoske Chimei und sagte: »Legen Sie sie doch bitte unter das Vergrößerungsgerät.«
    Ryoske reichte die Karte an seinen Bruder Dama weiter, der sie unter das Objektiv des Mikroskops schob.
    »He!« rief Boert Harlan. »Diese kleinen grauen Flecke, das ist ja Schrift!«
    »Was?« sagte Toskano. »Mach dich nicht lächerlich! Wer könnte so klein schreiben, daß man nicht einmal die Buchstaben erkennen kann?«
    »Das ist gedruckte Schrift.«
    »Aber wie ist das möglich? Wenn etwas gedruckt werden soll, muß für den einzelnen Buchstaben eine Form geschnitten werden, jemand muß die Lettern gießen, und wieder jemand anderer muß die Lettern setzen …«
    »Überzeuge dich mit deinen eigenen Augen«, sagte Halran und machte Toskano Platz.
    »Bei Napoleon, es ist wahr«, sagte der Vorsitzende. »Die Sprache ist mir jedoch unbekannt. Ich dachte, ich hätte von allen Sprachen auf Kforri ein wenig Ahnung.«
    Halran sagte: »Viele Buchstaben entsprechen unserem Alphabet, aber die Verbindungen sind sehr seltsam.«
    »Wir brauchen einen Sprachwissenschaftler.« Toskano sah sich um und winkte einen der anderen Philosophen zu sich, die auf einen Blick durch das Mikroskop warteten. »Bismaak! Kennen Sie Duerer?«
    »Ja«, antwortete Bismaak.
    »Nun, versuchen Sie, ihn so rasch wie möglich ausfindig zu machen.«
    »Dürfte ich jetzt einmal sehen?« sagte Marko.
    »Da Sie die Karten hergebracht haben, ist es sicher Ihr Recht«, sagte Toskano.
    Marko blickte durch die Linsen und sah eine ganze Druckseite, mit zweispaltigem Text. Er bewegte die Karte ein wenig und sah, daß diese Seite einer der winzigen grauen Punkte war, die nicht größer als eine Nadelspitze waren. Das Gerät hatte sie so weit vergrößert, daß der Text gerade lesbar war.
    Bismaak kehrte mit einem bärtigen Mann zurück, der sich als Duerer vorstellte und nach einem Blick durch das Mikroskop rief: »Das ist Altanglonisch! Ein wenig kann ich es lesen, aber wen wir brauchen, ist Domingo Bivar. Er hat sein Leben dem Studium der wenigen Dokumente und Inschriften gewidmet, die wir in dieser Sprache besitzen. Ich hole ihn.«
    Duerer rannte fort. Nach einiger Zeit kehrte er mit einem kleinen Mann zurück, der dunkel wie ein Arabistani war. Der Neuankömmling stellte sich als Domingo Bivar vor, und die Länge seines Haares, das ihm fast bis zur Schulter reichte, ließ erkennen, daß er aus Iveria stammte. Dr. Bivar blickte durch das Mikroskop und fing an, auf und ab zu springen, als sei ihm der Boden zu heiß geworden.
    »Das ist ganz ungewöhnlich!« rief er laut. »Lassen Sie mich bitte eine weitere Karte sehen!«
    Nach genauer Prüfung sagte er: »Dr. Toskano, ich brauche das Mikroskop, viel Notizpapier, viel Kaffee und möchte bis morgen früh ungestört in diesem Zimmer arbeiten. Ist das möglich?«
    Nach vielem Hin und Her kam man überein, daß Bivar das Mikroskop bis zum nächsten Tag ungehindert benutzen dürfe. Die Brüder Chimei ließen jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie im Zimmer bleiben und aufpassen würden.
     
    Beim Abendessen sah Marko alle Teilnehmer der Tagung. Abgesehen von der Tatsache, daß einige die Kleidung ferner Länder wie Arabistan und Mingkwo trugen, sahen die Philosophen kaum anders als gewöhnliche Sterbliche aus. Marko spürte eine leichte

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