Der große Galaktiker
Tausendjahresförderung bei einem Mittelpreis von zwanzig Dollar pro Tonne ist viertausend Milliarden Dollar. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß ein Krieg zwischen Erde und Mars jährlich zehnmal mehr kosten würde; ganz abgesehen von den hundert bis zweihundert Millionen Menschenleben, die auf jede nur erdenkliche Weise vernichtet würden, von der geistigen Brutalisierung und der unabwendbaren Unterdrückung der Freiheit ganz zu schweigen. Haben die Führer Ihrer Kolonie das alles in Betracht gezogen?«
»Ich sage Ihnen doch«, wandte Ray Bartlett stur ein, »Die Martier werden nicht kämpfen, wenn Sie sich entschlossen gegen sie …«
»Sie reden wie ein Papagei, der eine eingelernte Phrase daherplappert!« wies Thomas ihn zurecht. »Die innenpolitische Lage auf dem Mars hat den Explosionspunkt bald erreicht. Es gibt zwei Gruppen auf dem Planeten – eine von fanatischer Feindseligkeit gegen die Erde, die andere, die regierende, bereit zu verhandeln.
Wir möchten natürlich, daß die Regierung an der Macht bleibt. Aber sie hat keine Chance in den diesjährigen Wahlen, wenn sie nicht wirtschaftlichen Erfolg vorweisen kann. Europa ist ihre Antwort …«
»Da ist Ihr Salz«, unterbrach Bartlett ihn brüsk.
Der Salzsteinfels bildete einen schmalen Sims, der wie eine lange Einfriedung hervorragte und erstaunlich gerade verlief, bis er abrupt an einer steil abfallenden Schlucht endete.
Thomas klaubte zwei Brocken des brüchigen Steins auf und steckte sie in die geräumige Tasche seiner Innenjacke. Dann drehte er sich um und wandte sich wieder in die Richtung der drohenden Felswand, die nun in einer Entfernung von ungefähr fünf Kilometern vor ihnen aufragte. Als hätte er nie unterbrochen, argumentierte er weiter:
»Denken Sie aber auch daran, daß nicht nur Europas Bodenschätze in tausend Jahren erschöpft sein werden, sondern auch alle Metallvorkommen im gesamten Sonnensystem. Darum müssen wir schon jetzt für eine gerechte Aufteilung sorgen, denn wir können es uns nicht leisten, wegen des Metalls Krieg mit Mars zu führen. Verstehen Sie, in diesen tausend Jahren muß es uns gelingen, die Sterne zu erreichen. Wir müssen einen Antrieb entwickeln, dessen Geschwindigkeit die des Lichtes übersteigt – und wir benötigen die Unterstützung, die Mitwirkung der Martier, nicht ihre Feindschaft. Aus diesem Grund dürfen sie in keiner Weise von uns abhängig sein. Wir dagegen dürfen der gefühlsbedingten Versuchung nicht nachgeben, sie zu opfern, nur um selbst ein paar Jahre länger zu leben.«
Der Grimm erstickte ihn fast, als Bartlett mit wutverzerrter Stimme sagte: »Sie wollen also vorgeben, für das ferne Wohl der Menschheit zu handeln. Vergessen Sie es; Sie sind nicht Gott. Auch andere Leute bilden sich das ein und glauben, die Menschen wie Marionetten manipulieren zu können, nur um ihre Ziele durchzusetzen. Aber wir sind keine Marionetten, wir sind denkende Menschen, verstehen Sie? In tausend Jahren kann viel passieren.«
Grob endete er: »Und nun halten Sie endlich Ihren Mund. Ich bin nicht an Ihren Argumenten interessiert. Sie sagten selbst, wir gehen von verschiedenen Voraussetzungen aus. Damit haben Sie verflucht recht. Darum schweigen Sie endlich! Ich habe solchen Hunger, daß ich kaum noch gerade stehen kann.«
»Na gut«, murmelte Thomas müde. »Aber von welchen Voraussetzungen gehen Sie nun aus? Ich bin gern bereit, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten.«
Der junge Mann antwortete nicht. Schweigend schleppten sie sich weiter.
Jeder Muskel in Thomas’ Körper schmerzte, und jeder Nerv sandte eine Warnung in sein Gehirn. Er klammerte sich verzweifelt an die winzigsten Felsvorsprünge der Steilwand; er war sich bewußt, daß ein Fehlgriff den Tod bedeuten würde. Einmal blickte er nach unten, und ein Schwindelgefühl erfaßte ihn, als sein Gehirn die grauenerregende Tiefe registrierte.
Wie durch einen Schleier sah er den jungen Mann, nur ein paar Schritte entfernt, die qualvoll verzerrten Züge ein grimmiger Hinweis auf den Hunger, der an ihren Eingeweiden nagte.
»Nicht aufgeben«, keuchte Thomas. »Es sind nur noch ein paar Meter.«
Sie schafften es, aber sie brachen am Rande der entsetzlichen Schlucht zusammen, viel zu erschöpft, sich noch die paar Schritte den sanften Hügel hinaufzuschleppen, von wo aus sie das vor ihnen liegende Land überblicken konnten. Sie waren unfähig, irgend etwas zu tun, als die lebensspendende Luft in heftigen Zügen einzuatmen.
»Was haben wir
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