Der große Galaktiker
ebenfalls auf die erste Ebene hinab – Thomas vorsichtig und bedächtig; der Jüngere, wie Thomas bemerkte, mit einem einzigen Sprung. Ein Lächeln spielte auf den Lippen des Älteren. Jugendlicher Schwung, dachte er sich, läßt sich eben nicht unterdrücken.
Sie waren gerade damit fertig, das Holz zur zweiten Ebene hinunterzuwerfen, als ein Schatten den Höhlenmund verdunkelte. Thomas blickte erschrocken auf und entdeckte flüchtig riesige Hauer und glühende Augen, die in einem abstoßend häßlichen Schädel steckten. Eine dicke rote Zunge schlängelte gierig aus einem überdimensionalen Maul, und Speichel troff herunter auf die durchsichtigen Helme und die lederartigen Anzüge der beiden. Dann umklammerten Ray Bartletts behandschuhte Finger Thomas’ Arm und zerrten ihn über den Rand.
Sie landeten beide unverletzt auf den gesammelten Zweigen und beeilten sich, sie auf die nächste Ebene zu werfen. Ein wildes Scharren und ein tiefes Brüllen spornten sie zu verzweifelter Eile an. Sie hatten es gerade zur dritten Ebene geschafft, als der mächtige Schädel auf sie herunterstierte, erkennbar nur durch das phosphoreszierende Leuchten der Augen.
Ein furchterregendes, schabendes Geräusch verfolgte die beiden Männer, als sie sich überstürzt auf die nächste Ebene hinunterließen. Ein Felsbrocken polterte ganz knapp an ihnen vorbei, dann herrschte abrupt Stille in völliger Dunkelheit.
»Was ist passiert?« fragte Thomas bestürzt.
»Der Gryb hat sich eingekeilt«, erklärte Bartlett grimmig, »weil ihm klar ist, daß er uns in den paar Minuten, ehe der Nachtfrost einsetzt, nicht mehr erreichen kann. Natürlich haben wir auch keine Chance, an ihm vorbeizukommen, denn sein Körper füllt die Öffnung ja gänzlich aus.
Er ist überhaupt sehr klug. Nie fiele es ihm ein, Grasfresser zu jagen. Er folgt ihnen nur. Er hat entdeckt, daß er ein paar Minuten früher als sie aufwacht. Natürlich glaubt er, daß wir genauso gefrieren werden und ebenfalls später aufwachen als er. Auf jeden Fall weiß er, daß wir nicht hinauskönnen. Und damit hat er leider recht. Wir sind am Ende.«
Die ganze lange Nacht hielt Thomas Wache und wartete. Manchmal ruckte er kurz ein, und manchmal glaubte er sogar eingeschlafen zu sein, ehe ihm erschrocken bewußt wurde, daß die entsetzliche Dunkelheit ihm scheußliche Dinge vorgegaukelt hatte.
Die Finsternis während des ersten Teils der Nacht war wie ein drückendes Gewicht. Nicht der geringste Schimmer natürlichen Lichts durchdrang die Finsternis. Als sie schließlich das gesammelte Holz anzündeten, flackerten die Flammen nur schwach und erhellten das Dunkel kaum; sie waren auch nur ein geringer Schutz gegen die tödliche Kälte.
Thomas empfand diese klamme Kälte erst als unangenehmen Frost, der sich in sein Fleisch fraß, und dann als ständige, eisige Nässe, die schmerzhaft jeden Knochen durchdrang. Sichtbar war sie auch an dem weißen Rauhreif, der die Wände in immer dickerer Schicht bedeckte. Risse bildeten sich im Gestein, und Teile der Decke stürzten krachend ein. Die erste Ladung des polternden Gerölls riß Bartlett aus einem Schlaf tiefster Erschöpfung. Er sprang erschrocken auf die Füße und stapfte ruhelos auf und ab, während er die in den Handschuhen des Heizanzugs steckenden Hände ineinanderklammerte, um sie warm zu halten.
»Warum zünden wir nicht einfach ein Feuer unter dem Gryb an?« fragte Thomas. »Vielleicht verbrennt er?«
»Wir würden ihn nur aufwecken«, befürchtete Bartlett. »Außerdem ist auch seiner Haut nicht so ohne weiteres beizukommen. Sie besitzt alle Eigenschaften des Asbests, leitet Hitze ab und ist so gut wie unbrennbar.«
Thomas schwieg einen Augenblick, dann sagte er finster: »Diese Bestie ist offenbar ernstzunehmen. Am meisten bestürzt mich aber, daß die Gefahr, in der wir uns befinden, diese ganze Angelegenheit, so völlig nutzlos ist. Handschriftenfälschung oder nicht, meine Kollegen kennen die Wahrheit und werden sofort wissen, was gespielt wird. Natürlich werden sich dann Gerüchte wie Lauffeuer überall in der Presse verbreiten und sich zu offenen Bezichtigungen gegen die Fünf Städte entwickeln. Ehe man sich’s versieht, wird der Ruf nach Vergeltung laut. Aufgrund dieser öffentlichen Stimmungsmache ist die Übergabe Europas an den Mars die logische Folgerung. Sie glauben vielleicht, das sei an den Haaren herbeigezogen, nicht wahr?«
»Das ist ja verrückt!« murmelte Ray Bartlett erschüttert.
»Es ist Ihnen
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