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Der große Gatsby (German Edition)

Der große Gatsby (German Edition)

Titel: Der große Gatsby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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und schüttelte mir ernst die Hand, »und was, glauben Sie, hab ich dann gemacht?«
    »Was?«, erkundigte ich mich höflich.
    Doch anscheinend sprach er gar nicht mit mir, denn er ließ meine Hand los und nahm mit seiner ausdrucksstarken Nase Gatsby ins Visier.
    »Ich hab Katspaugh das Geld gegeben und gesacht: ›Pass auf, Katspaugh, er kricht keinen Penny von dir, ehe er nich’ die Klappe hält.‹ Da hat er sie auf der Stelle gehalten.«
    Gatsby fasste uns beide am Arm und führte uns ins Restaurant hinein, worauf Mr. Wolfshiem einen weiteren Satz hinunterschluckte und in schlafwandlerische Geistesabwesenheit versank.
    »Highballs?«, fragte der Oberkellner.
    »Nettes Restaurant hier«, sagte Mr. Wolfshiem und richtete den Blick auf die presbyterianischen Nymphen an der Decke. »Aber gegenüber gefällt’s mir noch besser!«
    »Ja, Highballs«, sagte Gatsby, und an Mr. Wolfshiem gewandt: »Es ist zu heiß dort.«
    »Heiß und eng – stimmt«, sagte Mr. Wolfshiem, »aber voller Erinnerungen.«
    »Welches Lokal ist das?«, fragte ich.
    »Das alte Metropole.«
    »Das alte Metropole«, sinnierte Mr. Wolfshiem. »Voller vertrauter Gesichter, die’s nich’ mehr gibt; voller Freunde, tot und begraben. Ich werd mein Lebtag die Nacht nich’ vergessen, in der Rosy Rosenthal da erschossen wurde. Wir saßen zu sechst am Tisch, und Rosy hatte den ganzen Abend lang jede Menge gegessen und getrunken. Als es schon fast Morgen war, kommt der Kellner zu ihm und sacht mit so ’nem komischen Gesicht, da wär jemand draußen und fragt nach ihm. ›Gut‹, sagt Rosy und will schon aufstehen, aber ich zieh ihn wieder auf seinen Stuhl runter.
    ›Lass die Schurken reinkommen, wenn sie was von dir wollen, Rosy, aber geh um Himmels willen nich’ aus diesem Saal raus.‹
    Da war’s vier Uhr früh, und wenn wir die Rouleaus hochgezogen hätten, hätten wir gesehen, dass es schon hell war.«
    »Und? Ist er rausgegangen?«, fragte ich treuherzig.
    »Na und ob.« Mr. Wolfshiems Nase blitzte mich entrüstet an. »In der Tür hat er sich noch mal umgedreht und gesacht: ›Und dass der Kellner mir ja meinen Kaffee nich’ abräumt!‹ Dann ist er raus, und sie haben ihm dreimal in den vollen Bauch geschossen und sind abgehauen.«
    Jetzt erinnerte ich mich. »Vier von ihnen kamen auf den elektrischen Stuhl«, sagte ich.
    »Mit Becker fünf.« Seine Nasenlöcher wandten sich mir interessiert zu. »Ich hab gehört, Sie suchen geschäftliche Gondagde.«
    Es war verblüffend, wie er diese beiden Bemerkungen nebeneinanderstellte. Gatsby antwortete für mich.
    »Oh, nein«, rief er, »das ist nicht der, den ich meinte!«
    »Nein?« Mr. Wolfshiem schien enttäuscht.
    »Das ist nur ein Freund von mir. Ich sagte Ihnen doch, wir reden ein andermal darüber.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte Mr. Wolfshiem. »Ich hab mich in der Person geirrt.«
    Ein saftiges Haschee wurde serviert, und Mr. Wolfshiem vergaß die erinnerungsträchtige Atmosphäre des alten Metropole und begann wild und genussvoll zu essen. Währenddessen ließ er den Blick ganz langsam durch den Raum schweifen – er drehte sich schließlich sogar um und nahm die Leute direkt hinter sich unter die Lupe. Ich glaube, wenn ich nicht dagewesen wäre, hätte er auch noch einen kurzen Blick unter unseren Tisch geworfen.
    »Hören Sie, alter Knabe«, sagte Gatsby und beugte sich zu mir herüber. »Ich fürchte, ich habe Sie heute Morgen im Auto ein wenig verärgert.«
    Da war es wieder, jenes Lächeln, doch dieses Mal hielt ich ihm stand.
    »Ich mag keine Geheimnisse«, antwortete ich. »Und ich verstehe nicht, warum Sie nicht mit der Sprache herausrücken und mir sagen, was Sie möchten. Warum muss alles über Miss Baker laufen?«
    »Oh, es ist nichts Anrüchiges«, beruhigte er mich. »Miss Baker ist eine große Sportlerin, wie Sie wissen, und sie würde nie etwas Unrechtes tun.«
    Plötzlich schaute er auf die Uhr, sprang auf und eilte aus dem Raum, und ich blieb allein mit Mr. Wolfshiem am Tisch sitzen.
    Mr. Wolfshiem blickte ihm nach. »Er muss mal telefonieren«, sagte er. »Ein feiner Kerl, nich’ wahr? Gutaussehend, und ein perfekter Gentleman.«
    »Ja.«
    »Er war in Oggsford.«
    »Ach.«
    »Er ist in England aufs Oggsford College gegangen. Kennen Sie das Oggsford College?«
    »Ich habe davon gehört.«
    »Es ist eins der berühmtesten Colleges der Welt.«
    »Kennen Sie Gatsby schon lange?«, fragte ich ihn.
    »Seit ein paar Jahren«, antwortete er mit einer gewissen Genugtuung. »Ich

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