Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete
steigen in kleinen Gütern noch heute der Weinbauer oder seine Söhne nach gründlichem Waschen in Badehosen in den Bottich. Modernere Betriebe verwenden ein manuell oder mechanisch zu bedienendes Gerät, um den oben schwimmenden Schalenbrei, Tresterhut genannt, nach unten zu stoßen. Alternativ dazu – oder auch zusätzlich – kann der Saft vom Boden des Bottichs über den chapeau gepumpt (remontage) oder der Hut mit einem Gitter daran gehindert werden, an die Oberfläche zu steigen (chapeau immergé) . Wie Fachleute mir auseinandergesetzt haben, spielt die direkte Bearbeitung des marc , also des Tresters, bei der pigeage eine wichtige Rolle, da sie Stoffe freisetzt, die man mit der remontage oder dem chapeau immergé nicht lösen kann.
Die Geister scheiden sich über der Frage, wie lange der Most auf den Schalen liegen soll. Einige bevorzugen eine Standzeit von wenigen Tagen, andere dehnen sie auf fast drei Wochen aus. Eine Rolle spielt dabei die Art und das Ausmaß der vom Kellermeister anvisierten Extraktion. Anschließend wird der Freilaufmost abgezogen und der Trester gepresst. In der Regel kommt der Wein aus der ersten Pressung zum Freilaufmost dazu und das Ganze wird – je nach Finanzkraft und Intention des Winzers – auf alte oder neue Fässer gezogen. Hier kann sich der Wein setzen und im Stillen eine zweite, malolaktische Gärung durchlaufen. Man bringt sie oft durch Erhöhung der Kellertemperatur in Gang, viele aber haben es gar nicht eilig und lassen die Flüssigkeit vor sich hin dümpeln – manchmal bis in den Frühling nach der Lese. Ist diese Früherziehung abgeschlossen, kommt der Wein in saubere Fässer.
Feiner roter Burgunder bleibt dort im Allgemeinen 12 bis 18Monate. Im Gegensatz zu einem Bordeaux zieht man ihn so wenig wie möglich ab, um Luftkontakt zu vermeiden. Zwei Monate vor der Abfüllung muss er eventuell geschönt werden, damit auch der letzte Trub verschwindet. In manchen Kellern sind Filter zur Klärung im Einsatz.
So entsteht weißer Burgunder
Das Bereitungsverfahren für trockene Weißweine ist heute praktisch überall gleich (siehe > ). Es zielt auf maximale Frische durch minimalen Luftkontakt ab. Auf den vorsichtigen Umgang mit dem Traubenmaterial unter sauberen und kühlen Bedingungen folgt eine schnelle Pressung und schließlich die langsame Kaltgärung. Einfacher Chablis und Mâcon wird für gewöhnlich effizient in Edelstahltanks vergoren. Der etwas säurereichere, geschmacksintensivere Chablis profitiert anschließend davon, dass er zunächst im Stahl- oder Betontank und danach über einen längeren Zeitraum in der Flasche auf seiner Hefe liegt. Der geradlinigere, rundere Geschmack eines Mâcon dagegen wird durch Lagerung kaum besser.
Ganz anders indes verhält es sich mit den klassischen weißen Burgundern von der Côte d’Or. Sie werden in kleinen Eichenfässern vergoren. Grands Crus oder hochklassige Premiers Crus reifen oft zu einem Großteil in neuer Eiche. Der stechende Geruch neuer Eiche gehört von Anfang an zu ihrer Persönlichkeit, lässt mit der Zeit aber nach.
Die meisten Winzer setzen auf ältere Fässer und ersetzen vielleicht jedes Jahr einige davon. In diesem Fall gibt das Holz dem Wein nicht diese unverkennbare, an Schreinerwerkstätten erinnernde Note mit. Das Fass ist einfach nur ein Behältnis idealer Größe und Form, in dem die Gärung unter gleichmäßig niedrigen Temperaturen im feuchtkühlen Ambiente eines Kellers ablaufen kann. Ein größeres Weinvolumen würde sich im Gärprozess nur zu stark aufheizen.
Nach der Gärung bleibt der Wein noch im Fass auf dem Geläger, also dem Hefesatz, liegen. In Burgund wird dieses Sediment von jeher regelmäßig aufgerührt, damit sich der Wein von den darin enthaltenen Stoffen »ernähren« kann und mehr Körper sowie Struktur bekommt. Danach wird er vom Geläger in saubere Fässer abgezogen, wo er bis zur Abfüllung sanft und kontrolliert oxidieren kann. Dadurch gewinnt er an Nuancenreichtum und Geschmacksfülle. Nun ist er im Grunde trinkreif, sofern der Käufer ihm nicht noch eine weitere Reifephase in der Flasche zugesteht. Darin liegt für mich der eigentliche Kaufreiz für großen weißen Burgunder: Kein anderer Weißwein mit Ausnahme des Rieslings belohnt Geduld so reichlich.
Aufzuckerung
Wie in fast allen französischen Anbauregionen ist es auch in Burgund üblich, den unvergorenen Traubensaft mit Zucker anzureichern. Erfahrungsgemäß verbessert ein Zuckergehalt geringfügig über dem
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