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Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Titel: Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Johnson
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natürlichen den Gärprozess und erbringt einen zufriedenstellenderen fertigen Wein, der nicht nur ein, zwei Prozent Alkohol mehr hat, sondern auch in seiner Entwicklung und Ausgewogenheit positiv beeinflusst wird. Wegen des Klimawandels der letzten Jahre ist eine Chaptalisierung nicht mehr so unabdingbar wie früher, bleibt aber nach wie vor eher die Norm als die Ausnahme.
    Die Anreicherung mit Zucker unterliegt strengen gesetzlichen Vorschriften. In keiner Appellation darf der Alkoholgehalt durch Aufzuckerung um mehr als zwei Prozent angehoben werden. Winzer neigen dazu, das erlaubte Maß voll auszuschöpfen, denn ein Extraquäntchen Alkohol lässt den Wein in seiner Jugend in einem eindrucksvolleren, positiveren Licht erscheinen.
    Das Aufsäuern eines angereicherten Tropfens war von jeher untersagt – beides zusammen geht nicht. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass die Winzer in Burgund ihren Weinen Säure und Zucker gleichzeitig hinzufügen, aber nicht, um zu betrügen, sondern um eine ausgewogenere Struktur zu erhalten. Als einer der angesehensten Kellermeister in den späten 1990er-Jahren diese Praxis einräumte, war der Aufschrei groß.
    Moralisch stand er aber besser da als andere, denn er hatte nur zugegeben, was viele insgeheim machten. Im Übrigen ließ sich das Gesetz ganz einfach und legal umgehen, indem man einen Posten anreicherte, einen zweiten aufsäuerte und schließlich beide verschnitt.
    Die burgundische Revolution
    Solche Feinabstimmungsmethoden während der Bereitung verblassen allerdings angesichts der tiefgreifenden Veränderungen im Weinbau des letzten Jahrzehnts. Es steht außer Zweifel, dass in den 1960er- und 1970er-Jahren große Fehler gemacht wurden: Man hatte zu viel gedüngt und auf höhere Erträge statt Weingüte hin gezüchtete Klone gepflanzt. Heutzutage gibt es kaum noch einen qualitätsbewussten Winzer, der der Auswahl des Rebenmaterials nicht große Bedeutung beimisst, ganz gleich, ob es aus Massen- oder Klonenselektion gewonnen wurde. Man hat den routinemäßigen Einsatz von Herbiziden reduziert, hält die Erträge durch starken Schnitt oder Frühlese oder beides gering und sortiert das Lesegut nach der Ankunft in der Kellerei, was in den späten 1980ern noch eine Neuheit war, mittlerweile aber gang und gäbe ist. Viele führende Erzeuger sind zudem auf biodynamischen Weinbau umgestiegen (siehe Kasten unten).
    Fazit: Das Durchschnittsniveau ist in den letzten Jahren steil angestiegen und hohe Qualität nicht länger das Privileg einer Handvoll Spitzengüter.
    BIODYNAMISCHER WEINBAU
    Winzer Nicolas Joly von der Loire gelangte als Erster zu der Überzeugung, dass die Lehren des Philosophen Rudolf Steiner auf den Weinbau anwendbar seien. Die Biodynamik setzt auf eine biologische Bewirtschaftung der Rebflächen, ergänzt sie aber um weitere Elemente. Verfechter glauben, dass kosmische Kräfte sich auf die Wachstumszyklen auswirken. Das ist keine abwegige These, denn schon früher wurde das Abstechen und Abfüllen im Einklang mit den Mondphasen durchgeführt, weil diese die Klarheit des Weins beeinflussten.
    Der biologisch-dynamische Weinbau fordert ferner eine Rückkehr zum Pflügen, den Einsatz von Kompost bestimmter Zusammensetzung und in homöopathischer Dosis die Zugabe von Mineralien oder Stoffen wie Rinderdung, der in Kuhhörner gefüllt und in der Erde vergraben wird. Präparate werden in eine Lösung gegeben und aufgerührt bzw. »dynamisiert«, bevor sie zu einer exakt vorgeschriebenen Tages- oder Nachtzeit ausgebracht werden. Gerade mit diesen abstrusen Vorgaben haben viele Erzeuger Schwierigkeiten. Und doch sind einige der renommiertesten (und dickköpfigsten) Erzeuger in Burgund zu eifrigen Biodynamikern geworden, etwa Leflaive, Leroy und Lafon. In manchen Jahren sind biodynamische Weinberge anfälliger für Krankheiten wie Mehltau, in anderen scheinen sie Probleme besser wegzustecken als konventionelle Rebhänge. Für biodynamische Winzer ist das Dasein in Burgund besonders schwer, da die Gutsflächen nicht wie etwa in Kalifornien immer eine geschlossene Einheit darstellen, sondern mitunter nur aus einigen Stockreihen bestehen. Ob den Reben die biodynamische Pflege zugutekommt, wenn die Nachbarpflanzen herkömmlich, d. h. chemisch behandelt werden, sei dahingestellt. Gleichwohl nimmt die biodynamische Gemeinde nicht nur in Burgund, sondern in ganz Frankreich rasch zu. Man kann sie in drei Gruppen einteilen: erstens die wahren Anhänger, die ein harmonisches,

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