Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete

Titel: Der grosse Johnson_ Die Enzyklopadie der Weine, Weinbaugebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Johnson
Vom Netzwerk:
sogenannten »internationalen« Rebsorten weiter mehr Wertschätzung genießen als alle anderen oder ob Platz sein wird für authentische Traditionen wie in Italien. Gegen Ende des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend konzentriert sich die Tafelweinerzeugung in Ungarn entschlossen auf reinsortige Markenweine für Supermärkte und ihre Kunden – also Pinot grigio statt Szürkebarát. Viele sind gut gemacht und sehr preisgünstig, haben aber wenig Bezug zu den überlieferten ungarischen Gewächsen. Zugegeben, Tradition war im Kommunismus oft ein Synonym für Oxidation, aber vielleicht schwingt das Pendel nun etwas zu energisch in die entgegengesetzte Richtung.
    Die Wörter, mit denen die Ungarn ihre Anerkennung für die Weine ihres Landes ausdrücken, geben deren Charakter und Reiz deutlich wieder. Ein guter Weißer muss »feurig« und »stramm« sein – und damit maskuline Eigenschaften besitzen, die ihn zum geeigneten Begleiter für die paprikagewürzten Gerichte machen. Solche Versionen findet man nach wie vor in den historischen hügeligen Anbaugebieten Ungarns, die das Land vom Südwesten nordwärts entlang des Plattensees und der slowakischen Grenze von Budapest bis Tokaj durchziehen.
    Trotz der Rodung alter Stöcke und der massiven Neuanpflanzung internationaler Rebsorten in den 1960 er- und frühen 1970 er-Jahren sowie der derzeitigen Popularität dieser Trauben und ihrer Stile hat sich Ungarn einen reichen Schatz autochthoner Reben bewahrt, die andernorts oft nicht gut gedeihen. Sie haben das Potenzial, der Welt Köstliches zu bescheren. Das bemerkenswerteste unter diesen Juwelen ist die kraftvolle Furmint. Die Hauptrebe im Tokajer neigt nicht nur zur Edelfäule, sondern erbringt in ihrer trockenen Form intensiv saftige, volle Weine. Kaum weniger Klasse hat die Hárslevelű, die »Lindenblättrige«, eine ausgezeichnete, spät reifende Trockenklimatraube mit reichlich Ertrag, gutem Säuregehalt und Widerstandskraft gegen Pilzkrankheiten.
    Szürkebarát, der »Graue Mönch«, ist gar nicht so unbekannt, wie er sich anhört, sondern eine Form des Grauburgunders und erbringt auf den vulkanischen Böden des Bergs Badacsonyi hervorragende Ergebnisse. Der Kéknyelű, auch »Blaustängler« genannt, reift im selben Anbaugebiet nördlich des Plattensees und liefert in bescheidener Menge konzentrierte, komplexe, goldgrüne Weine zu Fischgerichten. Verbreiteter sind die drei ungarischen Trauben Ezerjó, »Tausendgut«, ein Massenweinlieferant von der Großen Tiefebene, der nur in Mór im Norden zu Feinerem bereit ist, die Leányka oder »Mädchentraube«, deren zarter, trockener Weißer der wohl beste Wein in Eger ist und ebenfalls aus den Hügeln im Norden stammt, und der Mézesfehér, der »weiße Honig«, welcher der archetypischen Vorstellung der Ungarn von einem guten Tropfen entspricht, heute aber leider nicht mehr so oft kultiviert wird.
    Die verbreitetste Rebsorte aber ist der Olaszrizling oder Welschriesling. In der Großen Tiefebene bereitet man die meisten Weine aus ihm und am Badacsonyi schwingt er sich zu maximaler Geschmacksfülle und Konzentration auf.
    Die große ungarische Rotweintraube heißt Kadarka. Sie gedeiht ebenfalls in der Tiefebene und wird dort zu einem festen Wein mit leichtem, aber überzeugendem »Biss« verarbeitet, während man in Eger, Kunság und Szekszárd einen großen, strammen, würzigen Roten fürs Regal aus ihr keltert. Leider reift sie spät und unzuverlässig und wirft einen geringen Ertrag ab, weshalb man sie immer mehr durch die leichtere Kékfrankos alias Blaufränkisch alias Lemberger ersetzt. Der österreichische Zweigelt wiederum ist ein Newcomer mit anderen Tugenden wie Weichheit, dunkler Farbe und angenehm süßem Duft. Eine lange Tradition hat außerdem der Anbau von Blauburgunder alias Pinot noir im südlichen Ungarn um Villány und von Merlot bei Eger im Norden.
    Hinzu kommen etliche Trauben, die leicht zu identifizieren sind: Szilváni, Cabernet Sauvignon und franc, Sauvignon blanc, Weißburgunder, Rajnairizling alias Riesling, Tramini, Muskat Ottonel und Muskotály (Muskateller). Jeder bessere Wein wird in Ungarn mit einer einfachen Kombination aus Orts- und Traubennamen benannt, wobei an den Ortsnamen ein »i« angefügt wird. Der Ezerjó aus Mor heißt also Mori Ezerjó.
    Die Rebfläche Ungarns umfasst rund 69000 Hektar. Auch unter dem alten Regime und selbst in Tokaj gab es noch viele kleine Privatgüter mit maximal zehn Hektar Weinbergbesitz, die ihre

Weitere Kostenlose Bücher