Der große Krankenkassenratgeber
führt. Außerdem muss eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehen. Nach Ansicht des BVerfG ist es mit der grundgesetzlieh garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit, dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht auf Leben nicht vereinbar, in solchen Fällen eine vom Versicherten gewählte, ärztlich angewandte Behandlungsmethode auszuschließen. Voraussetzung für die Leistungsübernahme durch die Krankenkasse ist aber, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Es wird hier also die Situation des Kranken berücksichtigt, der gewissermaßen „nach jedem Strohhalm“ greift.
In der extremen Situation einer krankheitsbedingten Lebensgefahr ist es auch nicht – so das BVerfG – mit der Schutzpflicht des Staates für das Leben zu vereinbaren, dass in solchen Fällen ein absoluter Leistungsausschluss vorliegt.
Übernimmt der Staat mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung Verantwortung für Leben und körperliche Unversehrtheit der Versicherten, so gehört die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung unter den genannten Voraussetzungen zum Kernbereich der Leistungspflicht und der in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) geforderten Mindestversorgung.
Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) hat den Grundgedanken des Nikolausbeschlusses übernommen. Danach (§ 2 Abs. 1a SGB V) hat ein Versicherter mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung auch einen Anspruch auf Leistungen, die von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichen.
Voraussetzung ist zunächst, dass für die betreffende Erkrankung eine dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht. Außerdem wird gefordert, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Nach der seit 01.01.2012 geltenden Neuregelung sind also auch solche Leistungen zu erbringen, die nicht vom G-BA als Kassenleistungen vorgesehen sind.
In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es hierzu, dass mit der Gesetzesänderung der Geltungsumfang des sog. Nikolausbeschlusses für das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt klargestellt wird. Dabei wird darauf hingewiesen, dass es nach dem Leitsatz des Nikolausbeschlusses mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen. Es muss sich dabei um einen Versicherten handeln, für dessen lebensbedrohlich oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht.
Die Anforderungen des BVerfG setzen voraus, dass eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gegeben ist.
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird auch auf zwei Beschlüsse des G-BA vom 20.01.2011 hingewiesen. Es ging dabei um die Änderung der Richtlinien zu den Methoden Krankenhausbehandlung und Methoden vertragsärztliche Versorgung sowie der Verfahrensordnung des G-BA. Durch die beiden Beschlüsse war bereits klargestellt worden, dass auch eine vom G-BA ausgeschlossene Methode bei Vorliegen der Voraussetzungen des Nikolausbeschlusses des BVerfG im Einzelfall zu Lasten der GKV angewandt werden kann.
Der Anspruch der Versicherten nach dem Nikolausbeschluss wird also durch Ausschlussentscheidungen des G-BA zu ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nicht verkürzt. Im Übrigen bleibt es auch nach Inkrafttreten des § 2 Abs. 1a SGB V dabei, dass der G-BA explizite Ausnahmen in seine Ausschlussentscheidungen aufnimmt, wenn ihm für Patientengruppen, die sich aufgrund von gemeinsamen charakterisierenden Eigenschaften hinreichend klar beschreiben lassen, entsprechende Erkenntnisse vorliegen, dass die Kriterien des
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