Der große Krankenkassenratgeber
erlassen.
Sie sollten dazu führen, dass anspruchsberechtigte Versicherte nicht erst klagen müssen, um zu ihrem Recht zu kommen. Angesichts der Dauer sozialgerichtlicher Verfahren werden viele Versicherte den Ausgang solcher Klagen nicht erleben.
Natürlich sind die Krankenkassen verpflichtet zu prüfen, ob im jeweiligen Einzelfall die Grundsätze des § 2 Abs. 1a SGB V in Verbindung mit dem Bundesverfassungsgericht zurzeit anwendbar sind. Es ist auf keinen Fall zulässig, solche Ansprüche wegen der Höhe der entstehenden Kosten „bevorzugt“ abzuweisen. Durch entsprechende Richtlinien des GBA wären die Kassen zumindest teilweise gehalten, nur sachgemäß zu entscheiden. Allerdings sehen sich die Krankenkassen in vielen Fällen außerstande, allein zu den hier anstehenden Stellung zu nehmen, die doch stark medizinischen Charakter haben. Sie werden hier vielmehr die Vorschrift des § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V anwenden. Danach sind die Krankenkassen berechtigt und verpflichtet, eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Vorgesehen ist dies bei der Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen.
Der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) hat dazu eine Begutachtungsanleitung entwickelt. Dies bedeutet, dass die Ärzte des MDK eine Anleitung haben, wie sie sich solchen Fällen annähern können. Das Ergebnis der Begutachtung legt die Krankenkasse dann ihrer Entscheidung zugrunde. Die Entscheidung über Leistungsgewährung trifft also nicht der MDK, sondern die Krankenkasse.
In seiner Begutachtungsanleitung vom Oktober 2008 hat der MDK eine Darstellung der Bearbeitungsschritte der Einzelfallbegutachtung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung vorgenommen:
Sieht der MDK die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch als gegeben an, dann wird die Krankenkasse den Anspruch beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (wie etwa des Bestehens von Mitgliedschaft oder des Anspruches aus der Familienversicherung ) befriedigen.
Ist dies nicht der Fall, wird es zu einer Ablehnung kommen, die mittels Bescheid ausgesprochen wird. Der Versicherte kann gegen diesen Bescheid Widerspruch erheben und nach Ablehnung des Widerspruches durch die Krankenkasse Klage vor dem Sozialgericht einreichen. Bei negativer Entscheidung in der ersten Instanz kann es zu einem Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (LSG), unter Umständen auch zu einer Revision vor dem BSG kommen.
Einzelheiten aus der sozialgerichtlichen Rechtsprechung
Bezüglich der Rechtssache, die vom BVerfG in seinem Beschluss vom 06.12.2005 behandelt worden ist, kam es vor dem BSG zu einem Vergleich. Das BSG hob besonders die Anspruchsvoraussetzungen hervor, dass hinsichtlich der betreffenden Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht. Das BSG folgerte hieraus im Umkehrschluss , dass ein Leistungsanspruch dann nicht besteht, wenn die Krankheit zwar lebensbedrohlich ist oder regelmäßig tödlich verläuft, aber zu ihrer Behandlung (z. B. i. S. einer Heilung, Besserung, Linderung) allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Methoden zur Verfügung stehen.
Mittels eines weiteren Umkehrschlusses folgerte das BSG, dass dann, wenn die Krankheit zwar lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verläuft, es aber auch bei der tatsächlich ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode keine positive Wendung zu erwarten und ein Anspruch nicht gegeben ist. Dies bedeutet, dass keine oder eine nur ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Nach dem Urteil des BSG vom 13.10.2010 erstreckt sich die Ausnahmeregelung des BVerfG (heute: des § 2 Abs. 1a SGB V) aber nur auf solche Therapiemethoden bzw. Arzneimittel, die kausal auf die lebensbedrohliche Erkrankung als solche einwirken. Das im zu entscheidenden Rechtsstreit verordnete Arzneimittel Megastat wirke – so das BSG – indessen nicht kausal auf die Krebserkrankung des betroffenen Versicherten als solche ein. Der Umstand, dass die dadurch bekämpfte Kachexie die Folge der lebensbedrohlichen Erkrankung ist, reicht nicht aus, um auch insoweit eine Ausnahme von dem System des Arzneimittelgesetzes (AMG) anerkennen und den abgeschwächten Maßstab (der Neuregelungen) anwenden zu
Weitere Kostenlose Bücher