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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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deshalb keine Gefahr.
    Niemand fand etwas dabei, daß sie ihr Leichtverdientes in der westlichen Wirtschaft anlegten. Brav, brav, wurden sie gelobt. Der Westen konnte ja Kapital gebrauchen in seiner kranken Industrie. Und ließ sich aufkaufen! Aktiengesellschaften, Konzerne, auch kleine Betriebe – schön langsam wechselten sie den Besitzer.
    Aber das hättet ihr sehen müssen …“ – hier hob der Sprecher die Stimme – „… und ihr seid schuldig geworden, weil ihr nichts dagegen getan habt!
    Jeder von euch arbeitet für die Ölkaps. Sie beuten euch aus!“
    „Wir sind zufrieden!“ kam es aus dem Auditorium. – „Seit uns die OPEC Arbeit gibt, geht es uns gut!“ – „Scheißlinker!“ – „Was war früher besser? Was denn?“
    „Seht euch an“, konterte der Redner. „Ihr lebt vom Rauschgift; euer Gott ist der Holographie-Empfänger; eure Gefährtinnen sind aus Kunststoff und Blech!“
    „Wir brauchen keine Frauen! Sexisens ist besser!“ Das war wieder der Zwischenrufer, der schon zuvor unterbrochen hatte. Jetzt stimmte er einen Sprechchor an: „Rauschgift, Holo, Sexisens!“, und eine Gruppe von fünf, sechs Leuten fiel ein. Während sie rhythmisch ihre Zufriedenheit artikulierten, drangen sie zum Podium vor. Plötzlich waren sie zu einer Front zusammengerückt. Die Menge wich vor den Messern zurück, die in ihren Fäusten blitzten.
    Winfried, am Rande der Szene ohnehin nur halbherzig den Gemeinplätzen des Redners folgend, schrak auf. Er arbeitete sich in Richtung Rednertribüne durch. Verdammte Bourgos. Wenn er die Kerle nur früher erkannt hätte!
    Im Laufen griff er nach dem Elektroknüppel, schaltete ihn ein und bahnte sich einen Weg durch die verstörte Menge. Als er gemeinsam mit zwei Kameraden von der Ordnertruppe die Störenfriede erreichte, war bereits eine mittlere Rauferei ausgebrochen.
    Der rechte Flügelmann der Bourgos ging friedlich zu Boden, von Winfrieds Knüppel am Hinterkopf getroffen. Sein Nachbar reagierte zu rasch, was sich in einer Wunde an Winfrieds rechtem Unterarm äußerte. Bevor ihn der Schmerz überrollte, konnte er den Angreifer noch parieren. Eine volle Ladung aus dem Elektrostab schickte den Mann für längere Zeit ins Nirwana.
    Winfried versuchte noch ein paar Schläge zu führen, aber schon tanzten graue Schleier vor seinen Augen. Die Verletzung machte ihm zu schaffen. Halb weggetreten merkte er noch, wie seine Kameraden die restlichen Bourgos niederknüppelten. Er stolperte davon, fand auf der Moore-Plastik eine Stelle, wo er ungefährdet ausruhen konnte.
    Ein Ambulanz-Helikopter kreiste über dem Karlsplatz. Der Polizeikordon vor der Moschee stand unbeweglich. Man mischte sich nicht ein; denn dies waren Privathändel. Die Menge zerstreute sich. Nur jene, die zuviel Haschisch ergattert hatten, standen noch herum und hörten den Sprecher, ohne zu verstehen.
    Winfried hockte auf der Moore-Plastik. Rechts unter ihm war der Schnee rot. Dort, wo er normalerweise seinen rechten Arm vermutet hätte, brannte eine Fackel. Schön langsam fraß sich das Feuer über Schulter und Hals in seinen Schädel. Durch Flammen und Herzschlag, der rot vor seinen Augen pulsierte, kam verzerrt die Stimme des Politredners:
    „… und deshalb fordert die PLA die Bundesregierung auf, das Abkommen von Riad zu brechen. Wir verlangen den sofortigen Rückzug der OPEC aus Europa. Boykott von Ölprodukten. Unterstützung revolutionärer Kräfte im Kampf gegen die Ölkapitalisten …“
    Es war zum Heulen. So ging es nicht. Wer hörte schon auf diese Scheiße?
     
3
     
    Durch sein Elend und seinen Schmerz tauchte eine schmale Hand herab und blieb auf seiner Schulter ruhen.
    Winfried blickte auf, und mit einem Mal war das Toben im rechten Arm nur noch ein unwesentlicher Aspekt seines Lebens. Vor ihm stand nämlich, in ein schwarzes Cape gehüllt, über dessen Kragen blondes Haar flutete, das Mädchen aus der Konsumzone.
    Er versuchte ein Lächeln, aber es geriet wohl eher zu einer Zombie-Fratze. Den Entschluß aufzustehen, verwarf er gerade noch rechtzeitig, bevor rote Plüschvorhänge vor seinen Augen niedergingen. Darum krächzte er bloß: „Hallo“, und es klang nach heiserem Krokodil.
    Sie kniete neben ihm nieder, untersuchte seinen Arm und teilte ihm mit – etwa in dem Ton, in dem man von einem lieben Angehörigen letzten Abschied nimmt –, daß er die Ambulanz benötige.
    Daraufhin verbrauchte er seinen gesamten Adrenalin-Vorrat. Tatsächlich kam er auf die Beine, und auch der

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