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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Panorama-Scheiben den Muderris und Imamen der Moschee freien Blick schenkten. Zwischen Stahl und metallbeschichteten Fenstern zierte reiche Ornamentik in Blau und Gold die Fassade. Die oberste der gegeneinander versetzten Etagen war eine einzige Plattform, an deren Umfang entlang zahlreiche Gebäude – Hotels, Verwaltungen, religiöse und wissenschaftliche Bibliotheken, Medresen und SubMoscheen, diese mit fayencierten und mosaikverzierten Kuppeln – errichtet worden waren. Glasfronten schlossen den Raum zwischen den einzelnen zinnenartig aufragenden Gebäuden nach außen ab, durch Aussichtsterrassen und Brücken lateral gegliedert. Von dort oben bewunderte der Besucher die Stadt, und wenn er den Blick wandte, sah er auf einen Innenhof hinunter, der, von den ringsum laufenden Gebäuden umschlossen, Grünflächen, Teiche, Palmen, farbenschillernde Vegetation und Spazierwege trug. Im Zentrum des Hofes die Konversionshalle, ein in Blattgold ornamentiertes, dachloses Gebäude, dessen Mitte eine Vierkantsäule bildete. Sie trug den Mimbar, die Kanzel, von welcher der Imam predigte. Sie trug auch, hundert Meter höher, die Mitte der Polymer-Glaskuppel, die, auf den Randgebäuden aufsitzend, das ganze riesige Areal samt Innenhof, Untergeschossen, Rand und Konversionszentrum umspannte und so alle Objekte zu einer Moschee integrierte. (Eigentlich war es eine kleine, mit Glas überdachte Stadt.)
    Der Mimbar war Winfrieds Ziel. Von hier draußen war gerade noch die tragende Säule zu erkennen, aber Winfried wußte über die Moschee so gut Bescheid, daß er bereits aus der Entfernung sah, welchen Weg er zu nehmen hatte, wo der Eingang lag und wo die Kanzel. Im Schlaf hätte er sein Ziel gefunden.
    Das Taxi verlor an Höhe, so daß die Moschee hinter den Glaspalästen der Vorstadt verschwand, und kam mit singenden Düsen zum Stehen. Winfried zahlte, stieg aus und marschierte, ohne zu zögern, zur Kontrolle. Am Stadttor schob er sein Visum in den Leser. Einen Moment lang stockte ihm der Atem, da sich die Sperrschranken nicht öffneten, schließlich glitten sie jedoch zur Seite – wahrscheinlich nicht langsamer als bei den anderen Wartenden –, und Winfried betrat die Rollstraße.
    Hier herrschte reges Treiben. Araber im Burnus, Europäer und Negride in Anzug oder Arbeitskleidung. Stimmengewirr entlang der dichtbesetzten, rollenden Straße. Hier ging man wieder zu Fuß; in der Stadt waren Fahrzeuge verboten.
    Die Straße trug Winfried geradewegs zur Moschee des Propheten. Das letzte Stück eines langen Weges, an dessen Beginn eine mißlungene Demonstration stand. Ein Politredner, der Winfried klargemacht hatte, daß man handeln mußte.
    Dreiviertel Jahre waren seit dem Kampf im Resselpark vergangen, und vier Monate dieser Zeit hatte seine politische Überzeugung geschlummert. Verschüttet unter einer Illusion, die er früher wohl Liebe genannt hatte. Zum Glück hatte ihm Nadjehs Abschiedsbrief gerade noch rechtzeitig die Augen geöffnet. Nur ungern erinnerte sich Winfried an die böse Zeit danach, die mit Rauschgift, Turkeys, Selbstmitleid, Zorn, Alpträumen und dem ganzen Elend einer verschmähten Liebe erfüllt gewesen war. Die Rückkehr aus der Sucht hatte lange gedauert; selbst die medikamentöse Entwöhnung wäre fruchtlos geblieben, hätte er sich nicht schon an ein Ziel geklammert.
    Die PLA hatte ihn nämlich aufgefangen; dort war er erneut Kamerad unter Gleichgesinnten gewesen, und schließlich hatte er sich für das Unternehmen Glaspalast gemeldet, das ihm wieder ein Lebensziel gab.
    Unwillkürlich packte Winfried den Griff seines Koffers fester. Sein Mund war plötzlich trocken. Irgendwas läuft schief, fühlte er.
    So rasch sie gekommen war, verließ ihn die Angst wieder. Bisher war alles nach Plan gelaufen, beruhigte er sich. Eine dreimonatige Ausbildung nach der Entziehungskur hatte ihn auf Notfälle vorbereitet. Er war durchtrainiert und in bester körperlicher Verfassung. Er hatte eine perfekt gefälschte Identität. Und er kannte die Moschee des Propheten wahrscheinlich besser als dieser selbst. Alles bestens!
    Die Rollstraße entließ Winfried vor dem Haupttor der Moschee auf eine breite säulengestützte Rampe in Höhe des fünften Obergeschosses. Soldaten in Beduinentracht flankierten das Portal, das durch zehn Abfertigungsschalter die Besucher aufsaugte. Dem Ausgang, etwa fünfzig Meter zur Rechten, entströmten unaufhörlich Pilger.
    Winfried mußte seinen (gefälschten) Paß vorweisen. Der Mann am Schalter

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