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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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akhbar!“
    Winfried betrat die Halle, aus der alles Feierliche ausgeflossen schien, da gearbeitet, gesäubert, vorbereitet wurde.
    Auch Nadjeh-Maria hatte hier – vor einigen Wochen erst? – ihren christlichen Namen abgelegt, um künftig unbelastet, tugendhaft und nach innen gekehrt in einem Harem zu le ben. Zur Freude ihres Gebieters, dessen einziges weltliches Vergnügen darin bestand, viele schöne und kluge Frauen zu besitzen. (Dies durfte er bei der seit Riad üblichen etwas großzügigen Auslegung des Korans.) Und sie hatte mit ihrem Namen alle Erinnerungen abgelegt an den sündigen Westen, an den Luxus, an Winfried.
    Ihm war es nicht gelungen, seine Erinnerung zu löschen, so erkannte er jetzt. Immer noch war Nadjeh-Maria gegenwärtig, alle Anstrengungen zu vergessen hatten daran nichts zu ändern vermocht.
    Noch etwas wurde Winfried angesichts dieser unheiligen Halle, dieses Ventiles bewußt, das Woche für Woche Hunderte von Mädchen von West nach Ost saugte, und diese zweite Erkenntnis beunruhigte ihn: Nicht politische Überzeugung hatte ihn letztlich veranlaßt, sich für ‚Glaspalast’ zu melden, eine Terror-Ausbildung auf sich zu nehmen, eine Bombe im Werkzeugkoffer zu tragen; nicht Unzufriedenheit mit der Gesellschaft war es; nicht philosophische Erwägungen waren es.
    Vielmehr war es seine persönliche Suche nach Genugtuung dafür, daß ihm die Araber durch das Abkommen von Riad Nadjeh-Maria genommen hatten.
    Und dafür sollte diese gigantische, niederträchtige Moschee zerstört, sollten Hunderte von Menschen getötet werden! Er horchte auf irgendeine Regung (Mitleid, Humanität, Vernunft?), aber da war nur infantiler Trotz und Zorn darüber, daß man ihn um seine Liebe betrogen hatte. Und darum mußte es geschehen.
     
5
     
    In der reich geschmückten Kanzel, die in drei Metern Höhe aus der Hauptsäule herausragte, wartete der Tod in Form eines vergessenen Meßgerätes. Ein Kästchen, unter dem Brüstungsteppich verborgen, wo die Kabel zum Mikrofon liefen, das wieder einwandfrei funktionierte, nachdem Winfried den präparierten Tonwandler ausgetauscht hatte.
    Friedlich wirkte die Konversionshalle im schräg herabfallenden, durch die Glaskuppel gedämpften Sonnenlicht. Die Vorbereitungen waren beendet. Bald würden die Konvertiten einziehen, und der Imam würde zum Mimbar – der Kanzel – hochsteigen, um einen Gott zu preisen, der Menschen stahl. Und genau dann, während seiner Chutba, würde die schlafende Rache erwachen und die Hauptsäule knicken, die in hundertfünfzig Metern Höhe die riesige Glaskuppel stützte. Und Tausende von Zuschauern auf den Tribünen und in aller Welt würden das Inferno miterleben und sich endlich gegen unmenschliche Abkommen, gegen religiöse Fanatiker, gegen die Unterdrückung erheben, auf daß Freiheit und Sehnsucht zurückkehrte.
    Die Sehnsucht vor allem.
    Wenige Besucher erst hatten sich auf der Tribüne knapp unter der Glaskuppel eingefunden; in einer halben Stunde würden sich die Ränge, Brücken und Terrassen füllen, die dem Innenhof zugekehrt waren – dann würde er, Winfried, schon außerhalb der Stadt sein. Einen letzten, allumfassenden Blick wollte er noch über die Moschee werfen, gleich einem Fischer, bevor er sein Netz einholt.
    Wie er nun den begrünten Innenhof, die Halle, den Mimbar auf der Tragsäule, hohen stolzen Säulen, in sich einsaugte, in Gedanken über das Glasgewölbe glitt, sich umdrehte, um das Panorama der zu Füßen liegenden Stadt, von der die Sonne tintenschwarze Schatten schnitt, abrollen zu lassen, schließlich in den Innenhof zurückkehrte und den Kopf zu den gegenüberliegenden Brücken und Baikonen erhob; da stockte ihm der Blick.
    Denn dort drüben, auf einer gläsernen Brücke, deren Bogen eine Straßenschlucht überspannte, stand, in ein dunkles Cape gehüllt, Nadjeh-Maria.
    Minutenlang wohl starrte er, versuchte zu entscheiden, ob ihn ein Trugbild narrte, und dann hob sich zögernd seine Hand, und er winkte. Das Mädchen wandte den Kopf. Sekundenlang trafen sich ihre Blicke, und kaum überrollte ihn die Gewißheit, daß sie es war, wandte sie sich schon ab, überquerte die Brücke und betrat das Gebäude, als habe sie ihn gesehen, aber nicht erkannt.
    Winfried hastete zum Aufzug. Eine Kabine wartete. Hinein, Ziel Erdgeschoß, in den Innenhof hinaus, zu dem Gebäude, in dem sie verschwunden war. Während er lief und durch seine Hast Aufmerksamkeit erregte, perseverierte er ständig den einen Gedanken: ‚Das gibt es

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