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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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–vielleicht.«
    »Ich will es jetzt wissen.«
    »Bekommen Sie immer alles, was Sie wollen?«
    »Nein. Ist das eine Antwort, Sportsfreund?«
    »Es hat ihn einer umgelegt, von dem Sie noch nie gehört haben. Dabei wollen wirś lassen.«
    »Wenn das stimmt, werde ich Ihnen vielleicht eines Tages auch, einen Gefallen tun können.«
    »Legen Sie auf und lassen Sie mich schlafen.«
    Er lachte wieder. »Sie suchen doch Rusty Regan, stimmtś?«
    »Eine Menge Leute scheint das zu glauben, aber es stimmt nicht.«
    »Wenn Sieś täten, könnte ich Ihnen einen Tip geben.
    Schauen Sie doch mal unten am Strand bei mir rein. Jederzeit.
    Sie sind herzlich willkommen.«
    »Mal sehn.«
    »Also bis dann.«
    Das Telefon klickte, und ich saß da und hielt es mit verzweifelter Geduld fest. Dann wählte ich die Nummer der Sternwoods und hörte es vier- oder fünfmal läuten und dann die höfliche Stimme des Butlers, die sagte: »Hier bei General Sternwood.«
    »Hier ist Marlowe. Erinnern Sie sich? Wir sind uns vor zirka hundert Jahren mal begegnet – oder war es gestern?«
    »Ja, Mr. Marlowe. Selbstverständlich erinnere ich mich.«
    »Ist Mrs. Regan zu Hause?«
    »Ich glaube ja. Wollen Sie ...«
    Ich unterbrach ihn, ich hatte mich plötzlich anders besonnen.
    »Nein. Richten Sie es ihr nur aus. Sagen Sie ihr, daß ich die Bilder habe, alle miteinander, und daß alles in Ordnung ist.«
    »Ja ... Ja ...« Die Stimme schien ein wenig zu zittern. »Sie haben die Bilder ... alle miteinander ... und alles ist in Ordnung
    ... Jawohl, Sir. Wenn ich mir erlauben darf – vielen Dank, Sir.«
    Fünf Minuten später klingelte wieder das Telefon. Ich hatte ausgetrunken und das Gefühl, als ob ich nun das Dinner vertragen könnte, das ich ganz vergessen hatte. Ich ging weg und ließ das Telefon klingeln. Es klingelte noch, als ich zurückkam.
    Es klingelte in Abständen bis halb eins. Zu der Zeit machte ich die Lichter aus und die Fenster auf und dämpfte die Telefonglocke mit einem Stück Papier und ging zu Bett. Ich hatte die Nase voll von der Familie Sternwood.
    Am nächsten Morgen las ich bei Eiern mit Speck alle drei Morgenblätter. Mit ihren Berichten über die Affäre kamen sie der Wahrheit so nahe, wie das bei Zeitungsstories gewöhnlich der Fall ist – so nahe wie der Mars dem Saturn. Nicht eine unter den dreien brachte Owen Taylor, Fahrer des Selbstmörder-Wagens am Lido-Pier, in Verbindung mit dem rätselhaften Bungalow-Mord am Laurel Canyon. Nicht eine erwähnte die Sternwoods, Bernie Ohls oder mich. Owen Taylor war der »Chauffeur einer wohlsituierten Familie«. Captain Cronjager von der Abteilung Hollywood erntete alles Lob für die Aufklärung der zwei Mordfälle in seinem Distrikt; aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie die Folgen eines Streits über den Erlös aus einem Depeschendienst, den ein gewisser Geiger im Hinterzimmer seines Buchladens am Hollywood Boulevard unterhalten hatte. Brody hatte Geiger erschossen, und Carol Lundgren hatte dafür aus Rache Brody erschossen.
    Die Polizei hatte Carol Lundgren vorläufig festgenommen. Er hatte gestanden. Er hatte ein übles Führungszeugnis –
    vermutlich im College. Die Polizei hielt auch eine Agnes Lozelle, Geigers Sekretärin, als wichtige Zeugin in Schutzhaft.
    Es war eine hübsche Story. Sie besagte, daß Geiger in der vorangegangenen Nacht erschossen worden war, daß Brody etwa eine Stunde später umgebracht wurde und daß Captain Cronjager beide Mordfälle aufgeklärt hatte, während er sich gerade eine Zigarette ansteckte. Taylors Selbstmord stand auf Seite Eins in Teil Zwei. Es war ein Foto von der Limousine an Deck des Motorleichters zu sehen, mit einem schwarzen Balken über dem Kennzeichen und einem Etwas, das zugedeckt neben dem Trittbrett auf Deck lag. Owen Taylor war krank und verzweifelt gewesen. Seine Familie lebte in Dubuque, und sein Leichnam würde dorthin überführt werden.
    Von einer gerichtlichen Untersuchung wurde abgesehen.

20
    Captain Gregory vom Vermißtendezernat legte meine Karte auf seinen breiten, niedrigen Schreibtisch und rückte sie so zurecht, daß ihre Kanten den Kanten der Tischfläche genau parallel liefen. Er studierte sie mit zur Seite gelegtem Kopf, grunzte, schwang sich in seinem Drehsessel herum und blickte aus dem Fenster auf das vergitterte Obergeschoß des Justizpalastes einen halben Block weiter. Er war ein stämmiger Mann mit müden Augen und den langsamen, bedächtigen Bewegungen eines Nachtwächters. Seine Stimme klang tonlos,

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