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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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Eddie Mars würde mich weißbluten lassen, aber das war mir gleichgültig. Ich brauchte Hilfe und konnte sie nur von seinesgleichen bekommen ... Es hat Zeiten gegeben, in denen ich das alles selbst kaum glauben konnte. Und dann wieder gab es Zeiten, in denen ich mich schnell betrinken mußte – gleich, zu welcher Tageszeit. Nur verdammt schnell mußte es sein.«
    »Sie werden sie wegbringen«, sagte ich. »Und zwar verdammt schnell.«
    Sie wandte mir noch immer den Rücken zu. Sie sagte jetzt sanft: »Was ist mit Ihnen?«
    »Nichts ist mit mir. Ich gehe. Ich gebe Ihnen drei Tage.
    Wenn Sie bis dahin weg sind – okay. Wenn nicht, kommt alles heraus. Und glauben Sie nicht, ich würdeś nicht tun.«
    Sie drehte sich plötzlich um. »Ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll. Ich finde den Anfang nicht.«
    »Jaja. Bringen Sie sie hier raus und sehen Sie zu, daß sie jede Minute unter Beobachtung ist. Versprochen?«
    »Versprochen. Eddie ...«
    »Vergessen Sie Eddie. Ich kümmere mich um ihn, wenn ich etwas zur Ruhe gekommen bin. Mit Eddie werde ich fertig.«
    »Er wird versuchen, Sie umzubringen.«
    »Klar«, sagte ich. »Sein bester Mann hatś nicht gekonnt.
    Vor den anderen ist mir nicht bange. Weiß Norris Bescheid?«
    »Er wird nichts sagen.«
    »Ich dachte mir, daß erś wüßte.«
    Ich ging rasch von ihr weg und durchs Zimmer und hinaus und die Fliesentreppe hinunter zur vorderen Halle. Ich sah niemanden, als ich hinausging. Ich fand meinen Hut diesmal allein. Die hellen Gärten draußen wirkten gespenstisch, als ob kleine, wilde Augen mich hinter den Büschen belauerten, als ob der Sonnenschein selbst ein mysteriöses Etwas in seinem Licht berge. Ich stieg in meinen Wagen und fuhr den Hügel hinunter. Was machte es schon, wo man lag, wenn man tot war? In einem schmutzigen Tümpel oder in einem
    Marmorturm oben auf einem hohen Berg? Man war tot, man schlief den großen Schlaf, man brauchte sich um solche Dinge nicht zu kümmern, Öl und Wasser bedeuteten dasselbe wie Wind und Luft. Man schlief einfach den großen Schlaf, unbekümmert darüber, wie ekelhaft man gestorben oder wohin man gefallen war. Ich selbst, ich war jetzt ein Teil dieses Ekels.
    Viel mehr, als Rusty Regan es war. Aber der alte Mann mußte es nicht sein. Er konnte ruhig unterm Baldachin in seinem Bett liegen, die blutlosen Hände über der Decke gefaltet, und warten. Sein Herz war ein schwaches, ungewisses Rasseln.
    Seine Gedanken waren grau wie Asche. Und nach einer kleinen Weile würde auch er, wie Rusty Regan, den großen Schlaf schlafen.
    Auf dem Weg zur Stadt hinunter hielt ich vor einer Bar und trank ein paar doppelte Scotch. Sie halfen mir auch nicht weiter. Sie erweckten in mir nur die Erinnerung an Silberperückchen, und ich habe sie nie wiedergesehen.

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