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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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späten Nachmittag. Wir haben den Wagen vier Tage später in einer Garage gefunden, die zu einem schnieken Bungalowblock bei den Sunset Towers gehört. Ein Garagenwächter hat ihn beim Dezernat Gestohlene Wagen gemeldet und gesagt, daß er dort nicht hingehört. Der Block nennt sich Casa de Oro. Das Ding hat noch einen Haken, wie Sie gleich merken werden. Wir konnten nicht herausbekommen, wer den Wagen dort abgestellt hat. Wir haben ihn auf Fingerabdrücke untersucht, aber keine gefunden, die irgendwo aktenkundig wären. Der Wagen in der Garage paßt nicht so recht zu einer strafbaren Handlung, obwohl wir Grund haben, eine strafbare Handlung zu vermuten. Er paßt aber zu etwas anderem, von dem ich Ihnen erzählen werde.«
    Ich sagte: »Er paßt dazu, daß Eddie Mars´ Frau auf der Vermißtenliste steht.«
    Er guckte verstimmt. »Genau. Wir befragen die Mieter und stellen fest, daß sie dort wohnt. Ist ungefähr um dieselbe Zeit verschwunden wie Regan, mit höchstens zwei Tagen Spielraum. Ein Typ, der ganz nach Regan auszusehen scheint, ist mir ihr gesehen worden, aber mit Sicherheit identifizieren können wir ihn nicht. Es ist, weiß Gott, zum Schreien in diesem Beruf, wie ein altes Weib aus dem Fenster gucken und einen Kerl wegrennen sehen kann und ihn dann sechs Monate später auf der Wache aus einer ganzen Reihe herauspickt, aber wir können einem Hotelangestellten ein gestochenes Foto zeigen, und er ist seiner Sache nicht sicher.«
    »Das ist doch die Voraussetzung für einen guten
    Hotelangestellten«, sagte ich.
    »Genau. Eddie Mars und seine Frau haben nicht zusammengelebt, standen aber auf freundschaftlichem Fuß, laut Eddie.
    Folgendes wäre möglich. Zuerst einmal hat Regan die ganze Zeit immer fünfzehn Riesen mit sich rumgetragen. Echtes Geld, wird behauptet. Nicht nur ein Deckblatt mit einem Stapel Zeitungspapier drunter. Das ist ńe Masse Kies, aber dieser Regan kann gut so ein Knabe sein, der sowas braucht, damit erś rausholen und sich angucken kann, während ein anderer ihn anguckt. Andererseits kann es auch sein, daß ihn das völlig kalt läßt. Seine Frau sagt, er hätte den alten Sternwood nicht um einen Cent erleichtert, abgesehen vom Zimmer mit Vollpension und einem Packard 120, den seine Frau ihm geschenkt hat. Bringen Sie das mal in Einklang mit einem Ex-Schmuggler, der wie die Made im Speck lebt.«
    »Nicht zu fassen«, sagte ich.
    »Schön, da hätten wir also einen Typ, der Fliege macht mit fünfzehn Riesen in der Hose, und alle Welt weiß es. Das ist schönes Geld. Vielleicht würde ich auch Fliege machen, wenn ich fünfzehn Riesen hätte – ich bei meinen zwei Gören im Gymnasium. Der erste Gedanke ist also, daß ihn deshalb einer aufs Kreuz gelegt, und zwar zu heftig aufs Kreuz gelegt hat, so daß er ihn raus in die Wüste schaffen und zwischen den Kakteen einpflanzen mußte. Aber das gefällt mir nicht so recht.
    Regan trug einen Locher und wußte damit umzugehen, und dies nicht nur unter seinen schmierigen Schnapsbrüdern. Ich habe mir sagen lassen, daß er 1922, oder wann immer das war, bei den irischen Unruhen eine ganze Brigade kommandiert hat.
    Ein Kerl wie er läßt sich nicht so leicht ausrauben. Dann deutet sein Wagen in der Garage daraufhin, daß der, der ihn aufs Kreuz gelegt hat, wußte, daß er was mit Eddie Mars´ Frau hatte
    – was ja wohl auch der Fall war. Aber schließlich wird das ja nicht jeder Pennbruder wissen.«
    »Haben Sie ein Foto?« fragte ich.
    »Von ihm, nicht von ihr. Auch so ńe komische Sache. In diesem Fall gibtś jede Menge komischer Sachen. Hier.« Er schob mir einen glänzenden Abzug über den Tisch, und ich blickte auf ein irisches Gesicht, das eher traurig als munter und eher verschlossen als hitzköpfig wirkte. Weder das Gesicht eines hartgesottenen Burschen noch das Gesicht eines Mannes, den man viel herumschubsen konnte. Gerade, dunkle Brauen und starke Knochen darunter. Eine mehr breite als hohe Stirn, ein dichter, dunkler Wuschelkopf, eine schmale, kurze Nase, ein breiter Mund. Ein ausgeprägtes Kinn, aber zu klein für den Mund. Ein Gesicht, das etwas angespannt wirkte, das Gesicht eines Mannes, der rasch handelt und aufs Ganze geht. Ich reichte den Abzug zurück. Ich würde das Gesicht
    wiedererkennen, wenn ich es sähe. Captain Gregory klopfte seine Pfeife aus und füllte sie neu und drückte den Tabak mit seinem Daumen fest. Er gab sich Feuer, paffte und fing wieder zu sprechen an.
    »Na ja, es könnte schon Leute geben, die Bescheid

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