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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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meinem Wagen und holte das Buch von Geigers Laden heraus. Der uniformierte Polizeifahrer stand neben Ohls´ Wagen. Der Junge saß drin, seitwärts in die Ecke zurückgelehnt.
    »Hat er was gesagt?« fragte ich.
    »Er hat mir was angeboten«, sagte der Polyp und spuckte.
    »Ich habś überhört.«
    Ich ging zurück ins Haus, legte das Buch auf Wildes Schreibtisch und packte es aus. Cronjager telefonierte gerade am Ende des Schreibtisches. Er legte auf und setzte sich, als ich eintrat. Wilde durchblätterte das Buch mit hölzernem Gesicht, klappte es zu und schob es Cronjager hin. Cronjager öffnete es, sah sich ein oder zwei Seiten an, machte es schnell wieder zu. Auf seinen Backenknochen erschienen zwei rote Flecke von der Größe eines halben Dollars.
    Ich sagte: »Sehen Sie sich mal die gestempelten Daten auf dem Vorsatzblatt an.«
    Cronjager machte das Buch wieder auf und sah sie sich an.
    »Na und?«
    »Wenn nötig«, sagte ich, »werde ich unter Eid aussagen, daß dieses Buch aus Geigers Laden stammt. Agnes, die Blondine, wird bezeugen, was für ńe Art Laden das ist. Es ist ganz offensichtlich für jeden, der Augen hat, daß der Laden nur als Fassade für irgendwas dient. Aber die Hollywooder Polizei hat zugelassen, daß er betrieben wurde. Sie wird ihre Gründe dafür haben. Ich darf wohl annehmen, daß das Schwurgericht gern wissen möchte, was das für Gründe sind.«
    Wilde grinste. Er sagte: »Schwurgerichte stellen bisweilen so peinliche Fragen – als könnten sie so endlich herauskriegen, warum nur unsere Städte so und nicht anders verwaltet werden.«
    Cronjager erhob sich jäh und setzte seinen Hut auf. »Ich bin hier einer gegen drei«, bellte er. »Ich bin bei der Mordkommission. Wenn dieser Geiger mit unanständiger Literatur zu tun hatte, so ist das nicht mein Bier. Ich bin aber bereit zuzugeben, daß meiner Abteilung wenig dran gelegen ist, daß diese Wäsche in den Zeitungen gewaschen wird. Was wollt ihr Heinis eigentlich von mir?«
    Wilde sah Ohls an. Ohls sagte gelassen: »Ich will Ihnen einen Gefangenen überstellen. Gehen wir.«
    Er stand auf. Cronjager blickte ihn verbissen an und stelzte aus dem Raum. Ohls ging ihm nach. Die Tür schloß sich hinter ihnen. Wilde trommelte mit den Fingern auf dem Tisch und starrte mich mit seinen klaren, blauen Augen an. »Sie begreifen ja wohl, wie einem Polizisten bei solcher Schummelei zumute ist«, sagte er. »Sie werden über alles Ihre Aussagen zu Protokoll geben müssen – wenigstens für die Akten. Vielleicht ist es möglich, die beiden Morde voneinander zu trennen und in beiden Fällen den Namen von General Sternwood herauszuhalten. Wissen Sie eigentlich, warum ich Ihnen nicht das Ohr abreiße?«
    »Nein. Ich war darauf gefaßt, daß Sie mir beide abreißen.«
    »Was bekommen Sie für das Ganze?«
    »Fünfundzwanzig Dollar pro Tag plus Spesen.«
    »Das wären bis jetzt fünfzig Dollar und ein bißchen Benzin.«
    »So ungefähr.«
    Er legte den Kopf auf die Seite und rieb den Rücken seines linken kleinen Fingers die untere Kante seines Kinns entlang.
    »Und für diesen Betrag wollen Sie sich mit der halben Polizeimacht in diesem Land anlegen?«
    »Gefällt mir ja selbst nicht«, sagte ich. »Aber was, zum Teufel, soll ich machen? Ich habe einen Fall übernommen. Ich lebe von dem, was ich zu bieten habe. Zu bieten habe an dem bißchen Mumm und Grips, das Gott der Herr mir gab, und am guten Willen, mich herumschubsen zu lassen, um einen Klienten zu schützen. Es ist schon gegen mein Prinzip, soviel zu erzählen, wie ich heute abend erzählt habe, ohne vorher den General zu fragen. Und was das Vertuschen betrifft, so kenne ich mich in der Polizeipraxis aus, wie Sie wissen. Sowas gibtś in jeder großen Stadt wie Sand am Meer. Die Bullen tun immer sehr großspurig und pathetisch, wenn einer ihnen was verbergen will, aber sie selbst machen die gleichen Mätzchen jeden zweiten Tag, um ihren Freunden einen Gefallen zu tun oder sonst jemandem, der Einfluß hat. Und ich bin noch nicht fertig. Ich arbeite noch an dem Fall. Ich würde das Gleiche nochmal tun, wenn ich müßte.«
    »Es sei denn, Cronjager entzieht Ihnen die Lizenz«, grinste Wilde. »Sie haben gesagt, daß Sie ein paar persönliche Dinge für sich behalten. Von welcher Bedeutung?«
    »Ich arbeite noch an dem Fall«, sagte ich und blickte ihm gerade in die Augen.
    Wilde lächelte mich an. Er hatte das franke, dreiste Lächeln eines Iren. »Ich will Ihnen mal was erzählen, Sohnemann.
    Mein

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