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Der große Schlaf

Der große Schlaf

Titel: Der große Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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wußten, daß er was mit Eddie MarsŚignora hatte. Ganz abgesehen von Eddie selbst. Er wußte es ja erstaunlicherweise. Aber offenbar warś ihm Wurst. Wir haben ihn zur Zeit ziemlich scharf im Auge. Natürlich würde Eddie ihn nie aus Eifersucht umgelegt haben. Das Motiv wäre zu offenkundig gewesen.«
    »Kommt darauf an, wie smart er ist«, sagte ich. »Vielleicht versucht erś mit dem Doppelbluff.«
    Captain Gregory schüttelte den Kopf. »Wenn er smart genug ist, mit seiner Casino-Masche durchzukommen, dann ist er für so etwas viel zu smart. Ich weiß, was Sie denken. Er macht auf doof, weil er meint, daß wir ihm die doofe Tour nicht zutrauen.
    Vom Standpunkt der Polizei aus ist das falsch. Weil wir ihm dann nämlich so dicht auf die Pelle rücken würden, daß es seinem Geschäft nicht gut täte. Sie können denken, die doofe Tour wäre smart. Ich könnte es ebenfalls denken. Das Fußvolk denkt anders. Es würde ihm das Leben zur Hölle machen. Ich kenne das. Wenn ich mich täuschte, dann brauchten Sieś mir nur zu beweisen, und ich fräße mein Sesselkissen auf. Bis dahin ist Eddie bei mir aus dem Schneider. Eifersucht ist für so einen Typ kein Motiv. Ganoven von seinem Kaliber haben nur Geschäfte im Kopf. Sie machen ihre Schachzüge und kümmern sich nicht um Gefühle. Das schließe ich aus.«
    »Und was schließen Sie ein?«
    »Die Mieze und Regan selbst. Niemand sonst. Sie war blond damals, wird es aber jetzt nicht mehr sein. Ihren Wagen haben wir nicht gefunden, also sind sie wahrscheinlich damit weggefahren. Sie waren uns schon weit voraus – vierzehn Tage.
    Wäre Regans Wagen nicht gewesen, dann hätten wir meines Erachtens gar keinen Fall. Natürlich bin ich an solche Sachen gewöhnt, besonders in besten Familien. Und natürlich mußte alles, was ich tat, streng geheim bleiben.«
    Er lehnte sich zurück und hieb mit den Ballen seiner großen, schweren Hände auf die Armlehnen seines Sessels.
    »Ich sehe keinen anderen Weg, als zu warten«, sagte er.
    »Wir haben Suchmeldungen rausgeschickt, aber für Resultate ist es noch zu früh. Regan hatte fünfzehn Riesen, von denen wir wissen. Das Mädchen hatte einiges, vielleicht auch einen Teil in Klunkerchen. Aber eines Tages gehen ihnen doch die Mäuse aus. Regan wird einen Scheck einlösen, ein Lebenszeichen geben, einen Brief schreiben. Sie leben in einer fremden Stadt und unter neuen Namen, aber sie haben denselben Appetit wie früher. Sie müssen wohl oder übel zurück ins normale Einkommensteuernetz.«
    »Was hat die Kleine gemacht, bevor sie Eddie Mars heiratete?«
    »Nachtclubsängerin.«
    »Können Sie keine alten Berufsfotos von ihr bekommen?«
    »Nein. Eddie muß welche haben, aber er rückt sie nicht raus.
    Er will, daß man sie in Ruhe läßt. Zwingen kann ich ihn nicht.
    Er hat gute Freunde in der Stadt, sonst wäre er nicht, was er ist.« Er grunzte. »Hilft Ihnen das irgendwie weiter?«
    Ich sagte: »Sie werden keinen von beiden finden. Der Pazifik ist zu nah.«
    »Die Wette mit meinem Sesselkissen halte ich. Wir werden ihn finden. Es mag seine Zeit dauern. Es kann ein Jahr dauern oder auch zwei.«
    »So lange wird General Sternwood vielleicht nicht leben«, sagte ich.
    »Wir haben alles getan, was wir konnten, mein Bester. Wenn er eine Belohnung aussetzen und Geld ausgeben will, kommen wir möglicherweise zu Resultaten. Die Stadt bewilligt mir die Gelder nicht, die das kostet.« Seine großen Augen sahen mich aufmerksam an, und seine struppigen Brauen zuckten. »Glauben Sie im Ernst, daß Eddie sie beide umgepustet hat?«
    Ich lachte. »Nein. Das war nur ein Scherz. Ich denke wie Sie, Captain. Daß Regan mit einer Frau durchgebrannt ist, die ihm mehr bedeutete als ein reiches Eheweib, mit dem er nicht auskam. Übrigens ist sie noch gar nicht reich.«
    »Sie kennen sie, nehme ich an.«
    »Ja. Sie wäre genau richtig für ein wildes Wochenende, aber auf die Dauer eher ermüdend.« Er grunzte, und ich dankte ihm für seine Mühe und die Auskunft und verschwand. Ein grauer Plymouth hängte sich vom Rathaus ab hinter mich. Ich gab ihm Gelegenheit, mich in einer stillen Seitenstraße einzuholen. Er wies mein Angebot zurück, und so schüttelte ich ihn ab und ging weiter meinen Geschäften nach.

21
    Von der Familie Sternwood hielt ich mich fern. Ich fuhr zurück zum Büro und saß in meinem Drehsessel und hielt mich fit mit Füßebaumeln. Ein stürmischer Wind blies gegen die Fenster, und der Ruß von der Ölheizung des Hotels nebenan drückte

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