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Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Der gruene Heinrich [Zweite Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Zweite Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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Handelsverkehr etwa ein Stündchen mit Geplauder bei ihm zu verbringen und seinem Treiben zuzusehen. Wollte ich dann weggehen, so forderte er mich auf, nicht ins Wirtshaus zu laufen und das Geldchen zu vertun, sondern an seinem Tische mitzuhalten, und erzwang es am Ende auch.
    Übrigens war der allein lebende alte Gnom ein guter Koch und hatte stets ein leckeres Gericht im Hafen auf dem Herde oder im Ofen seines düstern Gewölbes. Bald briet er eine Ente, bald eine Gans, bald schmorte er ein kräftiges Gemüse mit Schöpsenfleisch, oder er verwandelte billige Flußfische durch seine Kunst in treffliche Fastenspeise. Als er mich eines Tages zu seiner Mahlzeit eingefangen hatte, sperrte er plötzlich das Fenster auf, wegen der Wärme, wie er sagte, im Grunde aber, um meinen Bettelstolz zu zähmen und mich den Vorübergehenden zu zeigen. Das merkte ich an seinen schlauen Äuglein und scherzhaften Worten, womit er die Anzeichen von Verlegenheit und Unwillen bekriegte, die ich sehen ließ. Ich ging ihm auch nicht mehr in die Falle und betrachtete meine Bedürftigkeit als mein Eigentum, über das er auf diese Art nicht zu verfügen habe. Seltsamerweise fragte er mich nie, wie oder warum ich arm geworden sei, obgleich er mir Namen und Herkunft längst abgehört. Den Grund seines Verhaltens fand ich in der Vorsicht, jede Erörterung zu vermeiden, um nicht zu etwas menschlicheren Kaufsangeboten moralisch genötigt zu werden. Aus gleicher Ursache beurteilte er auch nie mehr, was ich ihm brachte, als gut oder zufriedenstellend, und mit immer gleicher Beharrlichkeit verschwieg er, wohin er die Sachen verkaufe.
    Ich fragte auch nicht mehr darnach. Wie ich nun gestimmt war, gab ich gern alles hin für das kärgliche Brot, das die Welt mir gewährte, und empfand dabei die Genugtuung, es verschwenderisch zu bezahlen. Das konnte ich mir um so eher einbilden, als das wenige, das ich erhielt, der erste Gewinn war, den ich eigener Arbeit verdankte; denn nur der Gewinn aus Arbeit ist völlig vorwurfsfrei und dem Gewissen entsprechend, und alles, was man dafür einhandelt, hat man sozusagen selbst geschaffen und gezogen, Brot und Wein wie Kleid und Schmuck.
    So erhielt ich mich ungefähr ein halbes Jahr, so wenig mir der Alte für die mannigfaltigen Studienblätter und Skizzen gab; denn sie wollten fast kein Ende nehmen, was freilich eines Tages dennoch geschah. Ich war aber nicht bereit, sofort wieder zu hungern. Daher löste ich meine großen gefärbten oder grauen Kartons von den Blendrahmen, zerschnitt jeden sorgfältig in eine Anzahl gleich großer Blätter, die ich in einen Umschlag aufeinanderlegte, und trug diese merkwürdigen, immer noch stattlichen Hefte eines nach dem andern zu dem Herren Joseph Schmalhöfer. Er beschaute sie mit großer Verwunderung; sie sahen auch wunderbar genug aus. Die große kecke Zeichnung, die ohne Ende durch alle die Fragmente ging, die starken Federstriche und breiten Tuschen erschienen auf den kleineren Bruchstücken doppelt groß und gaben ihnen als Teilen eines unbekannten Ganzen einen geheimnisvollen fabelhaften Anstrich, so daß der Alte sich nicht zu helfen wußte und wiederholt fragte, ob das auch etwas Rechtes sei? Ich machte ihm aber weis, das müßte so sein, die Blätter könnten zusammengesetzt werden und machten alsdann ein großes Bild; sie hätten indessen auch einzeln für sich ihre Bedeutung, und es sei auf jedem etwas zu sehen, kurz, ich drehte ihm zum Spaß eine Nase und dachte mir dabei, wenn sie ihm auch auf dem Halse blieben, so sei das nur eine kleine Einbuße an dem Gewinne, den er von mir gezogen. Das Trödelgreischen rieb sich verlegen das Bein, welches mit einer juckenden Flechte behaftet war, ließ aber die sibyllinischen Bücher nicht fahren, sondern verkaufte sie eines Tages alle miteinander, ohne daß ich erfuhr, wohin sie gekommen.
    Als ich den Ertrag dieses letzten Verkaufes aufgebraucht hatte, war mein Latein für einmal wieder zu Ende. Versuchsweise ging ich zu dem Bild-und Kleiderhändler, um nach den zwei Ölbildern zu sehen. Sie hingen an der alten Stelle, und ich bot sie dem Manne zu Eigentum an auch für den bescheidensten Preis, den er ansetzen würde. Er war jedoch nicht geneigt, irgend etwas Bares dafür auszulegen, und ermunterte mich zur Geduld, wobei ich ja ein besseres Geschäft machen werde. Ich war das auch zufrieden und hatte somit immer noch eine kleine Hoffnung in der Welt hängen und einen schwebenden Handel. Von da ging ich weiter und kehrte bei

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