Der grüne Tod
wieder zurück. Es ist nichts, weswegen man sich grämen muss. Ciinravan hat nichts zu bedauern.«
»Erklär mir bitte etwas. Wenn es Ciinravan anstelle deines Mannes getroffen hätte, wäre dann … Jerahs Leben in ähnlicher Weise dahingewelkt?«
»Natürlich«, teilte sie ihm mit.
Irgendetwas Seltsames geht hier vor, dachte Flinx bei sich. Etwas, das viel tiefer reichte als die Freundschaft zwischen Mensch und Tier. Dieses Verhältnis hatte mehr mit einer Symbiose zu tun als mit echter Kameradschaft.
Doch wie hatte all das begonnen? Teal und ihre Kinder waren normaler menschlicher Abstammung. Ihre Vorfahren waren von irgendeiner anderen Welt des Commonwealth hierhergekommen. Was hatte dazu geführt, dass sie so eng mit dieser besonderen einheimischen Spezies verbunden waren? Wie intelligent waren diese Furcots überhaupt? Und was hatte sie dazu veranlasst, eine so unverbrüchliche Gemeinschaft mit den Menschen einzugehen. Eine über Jahrtausende gewachsene Beziehung zwischen Mensch und Hund, Mensch und Pferd, die gab es hier nicht. Alles hatte sich ungeheuer rasant vollzogen.
Entschieden zu rasant, dachte er, auch wenn er sich dabei nicht ganz sicher sein konnte. Schließlich war er kein Evolutionsforscher.
Er betrachtete den sterbenden Furcot. »Ich begreife das nicht. Wieso kann sich Ciinravan nicht einer anderen Person anschließen?«
»Alle Personen haben bereits einen Furcot«, erklärte Teal.
Flinx gab sich mit der Antwort nicht zufrieden. »Das weiß ich. Aber kann eine Person nicht zwei Furcots haben?«
Sie sah ihn verständnislos an. »Was für ein verrückter Gedanke. Aus welchem Grund sollte eine Person sich zwei Furcots wünschen? Und warum sollten sich zwei Furcots eine Person teilen wollen?«
»Irgendwie verstehe ich das Ganze immer noch nicht. Woher kommen die Furcots überhaupt?« Moomadeem schnüffelte ostentativ an seinem Bein, und Flinx gab sich alle Mühe, das junge Geschöpf nicht zu beachten. »Zieht ihr sie auf? Gibt es irgendwo in der Nähe eures Zuhauses eine Furcot-Herde, aus der ihr euch immer dann, wenn bei euch ein Kind geboren wird, ein Jungtier heraussucht?«
Jetzt musste Teal lachen. »Wenn eine Person geboren wird, kommt ihr Furcot zu ihr. Wenn eine Person stirbt, stirbt ihr Furcot. Das ist der natürliche Gang der Dinge.«
Der unnatürliche Gang der Dinge, dachte er.
Bevor Flinx eine weitere Frage stellen konnte, war erneut Saalahans Stimme zu hören: »Es ist gleich vorbei.«
»Sei nicht traurig«, sagte Teal zu ihrem neuen Freund. »Ciinravan ist glücklich. Bald wird er wieder bei Jerah sein.«
Der dem Tode nahe Furcot litt offensichtlich große Schmerzen. Flinx fiel der Nadler ein, der in dem Holster an seiner Hüfte steckte. »Können wir es ihm nicht ein bisschen leichter machen? Seinem Elend ein Ende setzen?«
Sie runzelte die Stirn. »Es ist nichts Elendes am Sterben. Es ist ein Teil der natürlichen Ordnung. Tod bringt Leben hervor. Was gibt es daran zu beklagen?«
»Aber wenn ein Wesen so schwer verwundet ist –«
»Ciinravan übertreibt ein wenig«, versicherte sie ihm. »Glaub mir, es ist nicht halb so schlimm, wie es aussieht.«
»Ich hab nur gerade darüber nachgedacht –« Er unterbrach sich, fuhr sich mit einer Hand an die Schläfen und blickte sich beunruhigt um. Suchend glitten seine Blicke über den undurchdringlichen grünen Dschungel, der sie umgab. Pip erhob sich alarmiert von ihrem Platz auf Flinx’ Schulter und schwirrte einige Meter in die Höhe, um nach einer vermeintlichen Gefahr Ausschau zu halten.
»Was ist?«, fragte Teal verwirrt.
Tuuvatem richtete sich auf die Hinterbeine auf und hielt schnüffelnd die Nase in die feuchtwarme Luft, bevor er mit einem leisen Schnauben zu dem Schluss kam: »Da ist nichts. Die Himmelsperson hört ein Flattern und macht gleich einen Hüpfer.« Er ließ sich wieder auf alle sechse herab.
»Flinx?« Teal sah ihren Begleiter fragend an.
»Ich dachte – ich dachte, ich hätte die Anwesenheit einer weiteren Person gespürt.« Er wandte den Kopf und sah sie ernst an. »Würden deine Leute einen Suchtrupp nach dir ausschicken?«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie haben Besseres mit ihrer Zeit anzufangen.«
»Eine andere Familie von Zuckerbeerensammlern?« Abermals schüttelte sie den Kopf.
Moomadeem stieß ihn unsanft mit der Schulter an. »Hast vielleicht mich gespürt?«
»Nein. Das waren die Gefühle eines Menschen.«
»Nicht ausgeschlossen«, räumte der Furcot zu Flinx’ Überraschung ein.
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