Der gute Liebhaber
hatte, über Lotta und seine Verbindung zu ihr aus. Dabei erwähnte er unter anderem, dass ihre Eltern Menschenrechtler gewesen waren; dass Lotta prophezeit hatte, der nächste amerikanische Präsident würde ein Schwarzer sein, dass sie angeblich sogar wusste, wer, auch wenn der Mann noch nicht sehr bekannt war.
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Unterschätz Lotta nicht.
Das tu ich nicht. Sie ist nämlich in dich verliebt.
Wie sollte es auch anders sein, unwiderstehlich, wie ich bin.
Versuch nicht, das ins Lächerliche zu ziehen. Sie ist in dich verliebt.
Sie kann sein, was sie will, das ist nicht meine Schuld. Und ich werde hier in der Nähe Büroräume anmieten.
Mit anderen Worten, das Problem in die nächste Straße verlagern.
Besser, als es hier im Haus zu haben.
Jetzt wollte Una wissen, ob Karl die Grundregel befolgt hatte, Arbeit und Privatleben zu trennen, oder ob er mit Lotta geschlafen hatte. Als Karl Letzteres verneinte, reichte ihr das aber nicht: Ob er nicht Lust dazu gehabt hätte.
Für was hältst du mich eigentlich? Natürlich hatte ich Lust dazu.
Na klar, sie ist eine attraktive Frau, sagte Una eifersüchtig.
Das ist doch Nebensache. Die Hauptsache ist, dass ich nicht in sie verliebt bin, und das war ich nie. Diesbezüglich bin ich anderweitig festgelegt, wie du weißt.
Ja, das weiß ich, sagte Una mit einer Mischung aus dem bezaubernden und dem verschmitzten Lächeln (eine neue und besonders reizvolle Variante), und das Problem verflüchtigte sich einstweilen, bis auf die Tatsache, dass Una fragte, ob er es nicht komisch fände, dass Lotta ihn Master nannte.
Doch, das fand er.
Weshalb er das komisch fände.
Einfach so, sagte Karl.
Einfach so gilt nicht, verstehst du das nicht, sie stammt von Sklaven ab. Du bist der weiße Herr und Master, und sie ist eine dunkle Sklavin.
Sie erhält aber keinen Sklavenlohn, sagte Karl und schämte sich fast zu Tode, dass ihm die peinliche Ironie dieser Situation entgangen war.
Die Angst davor, in Unas Augen an Ansehen zu verlieren, flammte in ihm auf. Und blitzartig sah er vor sich, dass es auch noch so sein würde, wenn sie neunzig wären. Er könnte nie vollkommen sicher sein, ob er sich richtig verhielt – ob er nicht auf irgendeine Weise Una kränkte und Gefahr liefe, dass sie sich entfremdeten. Es ging also um eine ganz neue Existenzform im Vergleich zu den vergangenen siebzehn Jahren, in denen er sich nie hatte beunruhigen müssen. Kein Problem, wenn nichts von solcher Bedeutung ist, dass man deswegen aus der Fassung geraten müsste.
Karl Ástuson machte sich sofort daran, diesen peinlichen Schnitzer auszubügeln, und nahm den Fall Lotta in Angriff wie ein Baustatiker seine Berechnungen. Das Büro wurde in die nächste Straße verlegt, und er gewöhnte sich neue Regeln im Umgang mit der Privatsekretärin an. Das bedeutete, dass er ihr zugleich weniger und mehr Aufmerksamkeit schenkte. Er hatte es sich bislang nicht zur Angewohnheit gemacht, ihr Blumen zu schenken, und ihr Gehalt hatte er nur erhöht, wenn sie darum bat. Auf der anderen Seite hielt er sich aber wesentlich weniger in ihrer Nähe auf, arbeitete meist zu Hause und richtete eine tägliche Arbeitsbesprechung für sie beide ein.
Lotta nahm das alles in ihrer praktischen Art hin, routiniert bis in die Fingerspitzen. Sie ließ sich nach außen nichts anmerken, aber sie war nicht mehr so fröhlich wie sonst. Sie magerte ab und trug Sachen in gedämpften Farben. Karl gingen diese Veränderungen an seiner Lotta nahe, der Lotta, die ihm so tüchtig und treu darin beigestanden hatte, seine weitgesteckten Ziele zu erreichen, und ihm so gesehen die Wege für die Hauptsache geebnet hatte, Una wiederzuerlangen. Ihretwegen hoffte er, sie würde von sich aus eine Entscheidung treffen, entweder kündigen oder sich mit den neuen Gegebenheiten abfinden, aber sie tat weder das eine noch das andere. Ihr dabei zu helfen, war ihm nicht möglich – außer sich in Wort und Tat formvollendet ihr gegenüber zu verhalten, um eine Frau mit einer neuen Art von Liebeskummer nicht über Gebühr zu verletzen.
Es gab zwar Störfaktoren wie Lotta, auch von anderer Seite, aber trotzdem bauten Karl und Una sich ein Leben miteinander auf, weiterhin harmonisch und guter Dinge in einem Haus, von dem aus man einen Blick auf die Hauptstadt der Welt hatte. Sie zweigten sich so große Portionen von Traumstunden ab wie möglich; indem sie Handys abstellten und Telefone ausklingeln ließen; indem sie bei
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