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Der gute Liebhaber

Der gute Liebhaber

Titel: Der gute Liebhaber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steinunn Sigurdardóttir
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sehr fragwürdige Belohnung ist. Liina assistiert mir, wo sie nur kann, ohne sie hätte ich dieses Buch nie geschrieben. Sie hat sogar mehr als eines der wissenschaftlichen Kapitel konzipiert. Und sie kümmert sich auch um die Rechnungen und das Auto, den ganzen alltäglichen Kram. Ich bin nicht besonders stolz auf so eine Herrin-und-Dienerin-Beziehung. Das ist nicht die große Liebe, so wie ich sie mir vorstelle. Für mich ging es einfach nur um die Chance, nicht allein leben zu müssen, jemanden zu haben, an den man sich kuscheln kann. Von all den Menschen, denen ich begegnet bin, kommt da sonst niemand in Frage, mit dem oder der ich mir vorstellen könnte zusammenzuleben. Das Leben mit Liina ist angenehm, es macht nicht sonderlich viel Spaß, aber es ist auch nicht langweilig. Was macht denn so gesehen auch schon besonders Spaß? In meinem Leben gibt es keine anderen Inhalte als die Liebe und die Trauer darüber, die Liebe nur theoretisch zu erleben. In gewissem Sinne ist das natürlich auch ein Inhalt, jetzt mal abgesehen von allem anderen.
    Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, dir vorzuschlagen, diese Öna zu entführen, wenn ich dich nicht geliebt hätte. Ich hätte weder die Kraft noch das Interesse gehabt, dich so herumzukommandieren, wenn ich dich nicht geliebt hätte. Dass die Sache so gut geklappt hat, ist ein Trost für mich, trotz allem. Eine Schmerztablette, eine Wundsalbe. Ich fühle mich etwas besser, oder ich leide etwas weniger, weil ich es zustande gebracht habe, dass dir etwas gelingt, was man Leben nennen kann. Für mich ist es kein Leben, wenn es keine gefühlsmäßigen Inhalte gibt.
    Wenn Liebe unerwidert bleibt, wird ganz krass klar, wie viel fehlt. Einem geht auf, dass das Leben der reinste Tanz auf Rosen sein kann, nur dass man selber daran keinen Anteil hat. Der wurde einem genommen, und das ganze Leben ist klein und hässlich, verglichen mit dem großen hellen Leben, das sein könnte. Du verstehst wohl am allerbesten, wovon ich rede.
    Ob am allerbesten, weiß ich nicht, aber ich verstehe.
    Es ist unendlich schmerzhaft, dich aus so geringer Entfernung gegenüber am Tisch zu betrachten, sagte Doreen Ash. Aber es ist auch schön.
    Ich bin doch nur ein ganz normaler Mann, sagte Karl Ástuson, der nunmehr gegen die Regel seiner Mutter verstieß, lieber zu schweigen, wenn er im Zweifel war, was er sagen sollte. Er fügte hinzu: An mir ist doch nichts Besonderes, denk daran.
    Das glaubst du. Du bist nicht nur ungewöhnlich, sondern du bist geradezu geheimnisvoll. Du hast mir nie gesagt, weshalb du so erschrocken warst, als du meine Visitenkarte gesehen hast. Hast du geglaubt, du hättest mit deiner Halbschwester geschlafen?
    Karl Ástuson war für den Rest seines Lebens stolz darauf, an diesem Punkt wie ein Schauspieler in der einundsiebzigsten Vorstellung geantwortet zu haben: Ich habe eine Halbschwester, wie ich dir gesagt habe, und sie heißt Fríða. Ich kann euch auseinanderhalten.
    Doreen Ash lachte, und Karl Ástuson sah, dass er keine bessere Gelegenheit bekommen würde, um sich aus dem Staub zu machen. Er stand würdevoll auf und fragte: Sehen wir uns wieder?
    Doreen Ash schwieg und rührte sich nicht. Dann lächelte sie plötzlich und sagte: Da fällt mir etwas ein. Übermorgen kommt mein Buch heraus, und der Verlag veranstaltet eine Party. Würdest du vielleicht kommen wollen? Nur dieses eine Mal.
    Ja, vielen Dank. Natürlich komme ich.
    Und tust du mir den Gefallen, ohne Frau zu kommen?
    Selbstverständlich, sagte er. Das bin ich dir schuldig.
    Wie witzig, sagte sie, aber sie lachten beide nicht.
    Sie schob ihm eine Einladung über den massiven Eichenschreibtisch.
    Karl Ástuson kam sich auf einmal vor wie der drittletzte Mohikaner. Bestimmt hatte sie den beiden anderen ebenfalls eine Einladung über den Tisch geschoben, den Muttersöhnchen, von denen sie sich nicht trennen konnte, oder umgekehrt – den beiden, die sich nicht von ihren Müttern trennen konnten, oder umgekehrt.
    Deine beiden Mohikaner, haben die auch Einladungen bekommen?, fragte er.
    In der Tat, sagte Doreen Ash. Aber ansonsten gibt es da keine Vergleichspunkte.
    Sie begleitete ihn zum Aufzug und machte keine Anstalten, sich anders von ihm zu verabschieden als mit einem Händedruck. Er nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Diesmal senkte sie kurz den Kopf. Er spürte ihren Atem an seinem Hals, die Wärme des Atems einer Lebensspenderin.
    Danke, erklärte sie daraufhin mit neutraler

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