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Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist

Titel: Der gute Psychologe - Shpancer, N: Der gute Psychologe - The good Psychologist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Shpancer
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das?«
    »Würde ein wahrhaft schlechter und böser Mensch sich darüber Gedanken machen, irgendjemandem Gutes zu tun?«
    »Nein.«
    »Machen Sie sich Gedanken darüber, Ihrer Tochter etwas Gutes zu tun?«
    »Ja.«
    »Macht Ihr Vater sich Gedanken darüber, jemandem Gutes zu tun?«
    »Nein.«
    »Und wer ist dann hier schlecht?«
    »Sie haben sich nachts gestritten. Dann kam er zu mir ins
Bett. Ich erinnere mich, dass ich mit elf zu meiner Mutter sagte, ich gehe von zu Hause weg. Sie sagte, gut. Ich erinnere mich, dass sie mir beim Packen half und mich zur Tür brachte. Ich ging zu Fuß bis zur Hauptstraße, doch meine Eltern sagten immer, ich dürfe die Hauptstraße nicht allein überqueren, und deshalb tat ich es nicht. Ich blieb stehen und konnte nicht weiter. Schließlich gab ich es auf und ging wieder nach Hause. Ich hatte das Gefühl, dass es ihnen egal war. Ich bin mir sicher, meine Mom hat mich vom Fenster aus beobachtet. Sie wusste, ich würde nicht über die Straße gehen. Woher wusste sie das? Ich weiß nicht, warum ich die Straße nicht überquert habe. Was für eine lausige Rebellin ich war, die am Ende alles tat, was man ihr sagte.«
    »Was Sie getan haben, war keine Rebellion.«
    »Nicht? Was war es dann?«
    »Sagen Sie es.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Raten Sie.«
    »Ich wollte Aufmerksamkeit.«
    »Aufmerksamkeit? Wozu? Wozu braucht ein Kind Aufmerksamkeit? Was ist Aufmerksamkeit?«
    »Ich wollte, dass sie mich liebt.«
    »Was ist das? Sie wollten, dass sie etwas sagt, etwas tut. Sie wollten, dass sie sagt: Du gehst nirgendwohin. Du bleibst hier bei mir. Du gehörst zu mir. Ich werde dich beschützen. Ich werde dich in die Arme nehmen.«
    Ihr Kopf senkt sich. Ihr Gesicht läuft rot an.
    »Und stattdessen half sie Ihnen packen und schickte Sie fort. Was drückte sie mit diesem Verhalten aus?«
    »Dass es ihr egal war.«
    »Was noch?«

    »Dass sie wütend war.«
    »Wütend worüber?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Raten Sie.«
    »Dass er zu mir kam.«
    »Ja.«
    Sie weint. Ihre Schultern beben. »Er hat mich angefasst, zwischen den Beinen. Er sagte, es sei mein Fehler; dass ich ihn dazu bringe, es tat weh, daran erinnere ich mich, ich hatte keine Ahnung. Er sagte, erzähl nichts, das machen Daddys so, sei ein gutes Mädchen, das sagte er.« Sie schluchzt auf, und ihre Stimme bricht, ihre Fingernägel kratzen über ihre Schenkel, ihre Knie, bohren sich hinein, krallen sich fest. »Ich habe Bauchschmerzen«, sagt sie, »ich möchte nicht darüber reden.«
    »Es ist schwierig, darüber zu reden; schwierig, sich daran zu erinnern. Aber schauen Sie, wohin all die Jahre des Schweigens Sie gebracht haben«, sagt er leise. »Ihr Vater ist nicht hier. Und Sie sind kein hilfloses Kind. Hier sind Sie sicher. Sie wissen, Ihr Schmerz kommt von einem Ort aus Ihrer Kindheit, doch Sie sind kein Kind mehr. Sie sind eine erwachsene Frau; eine reife, starke, unabhängige Frau. Und Sie wissen, dass Probleme sich nicht dadurch lösen lassen, dass man sie ignoriert. Es zu ignorieren verstärkt das Problem und schwächt Sie selbst. Wenn Sie sich diesem Problem nicht stellen, dann steht Ihr Leben unter seinem Bann. Ihr Vater kontrolliert Sie. Seine Gewalt setzt sich fort. Es ist an der Zeit, ihr ein Ende zu setzen. Ihre Stimme hat ein Recht, gehört zu werden. Ihre Wahrheit hat einen Platz auf dieser Welt. Ihre Geschichte wird nicht mehr länger von ihm erzählt werden, sondern von Ihnen, in Ihren Worten.«
    Er nimmt ein kleines Aufnahmegerät aus seiner Schreibtischschublade und legt es vor sie hin auf den Couchtisch.
»Erzählen Sie, wie es war«, sagt er. »Diese Erlebnisse, die Sie hatten, sind vorbei. Nur die Worte sind noch da. Und diese Worte können Sie hier nicht verletzen. Er kann Sie hier nicht verletzen. Nur Vermeidung wird Sie verletzen. Ich bin hier bei Ihnen, und ich werde Ihnen dabei helfen, sich Ihren Ängsten zu stellen.«
    »Er kroch zu mir ins Bett«, sagt sie plötzlich, »er hat mich angefasst«, die Worte strömen schnell aus ihr heraus, »er legte seine Hände auf meinen Körper, meine Brust, zwischen meine Beine, tätschelte mich. Er nimmt meine Hand und legt sie sich zwischen die Beine, damit ich ihn dort reibe. Er sagt, gutes Mädchen, gutes Mädchen, ich weine, er legt mir die Hand auf den Mund, halt den Mund, sagt er, das ist unser Geheimnis, andere verstehen das nicht. Sie kennen dich nicht so wie ich.« Sie weint, verknotet die Finger ineinander. »Aber sie weiß es, er streitet sich mit ihr und

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