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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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eine Möglichkeit: Er musste das »Uter Ventorum« vernichten. Denn so wie bereits Dominus könnte selbst der tugendhafteste Ritter durch die Aussicht auf übernatürliche Kräfte vom rechten Pfad abkommen.
    Slawnik erfüllte ein neues, aber wahrhaftiges Gefühl, das er nicht genau benennen oder fassen konnte. Doch ihm einen Namen zu geben war nicht wichtig. Es zählte nur, dass er das Ziel erkannt hatte, für das es sich zu kämpfen lohnte.
    Uberto war allein in einem elenden Schuppen. Um ihn nur Dunkelheit. Er saß auf einem wackeligen Schemel, die Hände gefesselt, und ließ den Kopf hängen. Der Raum war schmucklos und ohne Fenster. Es gab weder einen Tisch noch irgendeine Kerze oder Lampe. Der alles überdeckende Geruch von Heu reizte seine Nase und nahm ihm fast den Atem. Das Einzige, was er im Halbdunkel erkennen konnte, waren die Umrisse eines verriegelten Tors, denn durch die Ritzen fiel Licht herein. Auf der anderen Seite des Tors stand der Hinkende und hielt Wache, während der Riesenkerl wohl gegangen war, um irgendetwas zu erledigen.
    Uberto lauschte angestrengt, um zu erfahren, was draußen vor sich ging, doch er hatte schon seit einer Weile nichts mehr von dort vernommen. Vielleicht war der Hinkende ebenfalls verschwunden.
    Er fasste sich ein Herz und versuchte, aufzustehen. Sollten sie ihn wirklich unbewacht zurückgelassen haben, musste er sich jetzt aufraffen und einen Fluchtversuch wagen. Mit hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen und steifen Gliedern fiel ihm jedoch jede Bewegung schwer. Um auf die Beine zu kommen, belastete er die Knie und beugte den Oberkörper nach vorn, während sich sein Gesicht vor Anstrengung verzog. Sein Rücken war steif wie ein Brett und schmerzte heftig.
    Er mobilisierte alle Kräfte und warf sich nach vorn, doch seine Beine trugen ihn nicht, und er fiel zu Boden. Geistesgegenwärtig warf er sich auf die Seite und vermied so im letzten Moment, dass er sich den Kopf anschlug.
    Mit klopfendem Herzen lauschte er in die Stille. Das Gepolter bei seinem Sturz hätte jemanden herbeirufen können, doch niemand zeigte sich.
    Vorsichtig begann er wieder, sich zu bewegen. Er krümmte sich wie ein Fötus zusammen und stieß sich mit den Knien und der Stirn vom Boden ab, bis es ihm gelang, aufzustehen. Nun musste er nur noch versuchen, seine Hände zu befreien. Er durchquerte den Raum auf der Suche nach etwas, das ihm dabei nützlich sein konnte, doch er entdeckte nichts.
    Uberto fand sich damit ab, dass seine Handgelenke gefesselt blieben, und ging zum Tor, um zu lauschen. Als er keinen Laut hörte, wagte er einen Versuch. Er drehte sich um und packte vorsichtig den Griff, in der Hoffnung, dass der Riegel nicht vorgelegt war, doch bevor er dazu kam, ging das Tor plötzlich auf, und er verlor das Gleichgewicht.
    Uberto fiel wieder zu Boden, wobei er hart mit der Stirn aufschlug. Nur weil er so aufgeregt war, wurde er nicht ohnmächtig.
    Er wälzte sich herum, um zu sehen, wer den Schuppen betreten hatte, und sah sich auf einmal Slawnik gegenüber. Er kam zu ihm, zerrte ihn hoch und zog seinen Dolch.
    »Bitte tötet mich nicht!«, flehte Uberto verzweifelt.
    Slawnik erwiderte nichts. Er kniff bloß die Augen zusammen, drehte seine Geisel grob um und setzte einen entschiedenen Schnitt.
    Uberto spürte, wie sich die Fesseln an seinen Handgelenken lockerten und zu Boden fielen. Er war frei! Unwillkürlich massierte er seine schmerzenden Gelenke, während er den Blick mit klopfendem Herzen auf den Weg nach draußen richtete. Doch der riesige Slawnik stand zwischen ihm und dem Tor. Es schien keine Möglichkeit zur Flucht zu geben.
    Slawnik sah ihn an und trat plötzlich beiseite. »Geh«, brummte er. »Du bist frei.« Mehr sagte er nicht.
    Verwirrt starrte Uberto in das herbe und undurchdringliche Gesicht, um zu begreifen, wo die Falle war. Doch Slawnik schwieg und rührte sich nicht.
    Immer noch verängstigt, beschloss Uberto, das Schicksal nicht länger herauszufordern, und rannte davon.
    Aus dem dunklen Schuppen gelangte er in eine Scheune. Auf dem weiteren Weg nach draußen bemerkte er im Licht einer Fackel einen Toten auf dem Boden. Er trug einen Bart, hatte rote Haare, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck des Erstaunens. Es war der Hinkende.
    Einen Augenblick lang versuchte Uberto zu begreifen, was hier geschehen war, doch dann rannte er los, so schnell ihn seine Füße trugen, und tauchte in die schwüle Nacht von Santiago ein.
    Im Dunkel des Schuppens umklammerte

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