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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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würdig, Maynulfos Platz einzunehmen. Er hat ihn nur durch Hinterlist erhalten.«
    Ignazio beschränkte sich darauf, verständnisvoll zu nicken, da er dem anderen nicht das Gefühl geben wollte, dass er ihn aushorche. Er war sicher, dass er in einem ruhigen Gespräch die gewünschten Auskünfte erhalten würde, ohne dass er weiter nachfragen müsste.
    Gualimberto, der möglicherweise bereits bereute, zu viel gesagt zu haben, senkte den Blick. »Kommt«, forderte er Ignazio so freundlich und stolz auf, als wolle er ihn in sein Heim einladen. »Erlaubt mir nun, dass ich Euch die Bibliothek zeige.«
    Die Bibliothek des Castrum abbatis befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Überall hatte sich Feuchtigkeit ausgebreitet, obwohl die Fenster für eine gewisse Belüftung sorgten. Von den verschlissenen Büchern ging ein muffiger Geruch aus, der einem schier den Atem nahm.
    In den armaria entdeckte Ignazio Werke von Augustinus und Isidor von Sevilla, von Gregor dem Großen und dem heiligen Ambrosius, Erzbischof von Mailand. Der Großteil des hier angesammelten Wissens betraf die Heiligen Schriften, aber es fanden sich auch heidnische Autoren wie Seneca und Aristoteles.
    Ignazio blätterte, überflog einige Sätze und zitierte dazwischen aus Texten, die sich hier nicht befanden, seltene Werke mit merkwürdigem Inhalt, die Gualimberto nicht kannte.
    Der Bibliothekar hörte ihm aufmerksam zu und fragte sich, wen er da vor sich hatte. Der Akzent des Händlers erschloss sich ihm nicht, Kastilisch, hätte er gesagt, aber mit gewissen maurischen Einsprengseln.
    »Ihr seid sehr gebildet«, sagte er irgendwann voll der Bewunderung. »Sagt mir, wo habt Ihr studiert?«
    »An der Medizinschule von Toledo«, antwortete der Händler und blies den Staub von seinen Fingern. »Ich besuchte den Unterricht von Gherardo da Cremona.«
    »Der berühmte Gherardo, der nach Spanien ging, um die geheimen Schriften der Mauren zu studieren! Ein großer magister «, sagte der Mönch fast begeistert. »Dann seid Ihr bestimmt in die Geheimnisse der Alchimie und der hermetischen Lehre eingeweiht.«
    Auf Ignazios Lippen erschien ein leicht herablassendes Lächeln: »Ich bitte Euch, Vater, reden wir von etwas anderem. Bestimmte Themen vermeidet man besser.«
    Gualimberto wirkte enttäuscht. »Ihr habt recht. Ich warne Euch aber. Männer Eures Verstandes werden häufig missverstanden und an Orten wie diesem leicht zum Gegenstand übler Nachrede. Vertraut keinem im Kloster. Vor allen Dingen nicht Rainerio da San Donnino.«
    »Das sagt Ihr jetzt schon zum zweiten Mal.« Ignazio blickte Gualimberto forschend an. »Habt Ihr Beweise, dass er in böser Absicht handelt, oder nur Vermutungen? Sprecht ohne Scheu.«
    »Vermutungen? Wahrscheinlich die gleichen wie Ihr.« Die fleischigen Lippen Gualimbertos verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. »Ich wette, Ihr habt dem Bericht über den Tod von Maynulfo da Silvacandida keinen Glauben geschenkt.«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Dass es eine Lüge ist, Maynulfo sei an der Kälte des Winters gestorben. Rainerio hat Euch belogen, wie er uns übrigens alle belogen hat.«
    »Das sind schwerwiegende Anschuldigungen, Pater. Sagt, was ist Eurer Meinung nach mit dem alten Mann geschehen?«
    »Keiner außer Rainerio hat die Leiche zu Gesicht bekommen.« Die Augen des Mönches weiteten sich. »Man munkelt, dass Maynulfo ermordet wurde, während er in der Klause betete … und dass seine Leiche vor den Blicken der Mitbrüder versteckt wurde, weil sie Stichwunden aufwies.«
    Bestürzt über diese Worte, packte Ignazio Gualimberto am Arm und zog ihn energisch an sich. Der Mönch zuckte überrascht zusammen und wehrte sich, doch der Griff war zu stark, als dass er sich hätte befreien können. Dann hörte er die Stimme des Händlers an seinem Ohr und begriff, dass er ihm nicht drohen, sondern vielmehr ins Vertrauen ziehen wollte.
    »Weiß man, wer es getan hat?«, fragte Ignazio.
    »Nein«, beeilte sich der Bibliothekar zu antworten. Der Griff um seinen Arm wurde fester, als wollte er ihn auffordern, weiterzusprechen. »Aber … vor Maynulfos Tod hat Rainerio im Gästehaus einen seltsamen Mann empfangen, einen Mönch, dessen Gesicht entstellt war. Nur wenige haben ihn gesehen. Nach dem Tod des alten Abtes ist er spurlos verschwunden.«
    Ignazio ließ ihn los. »Der Name?«
    Gualimberto wich einen Schritt zurück und senkte den Blick. »Ich habe Rainerios Dokumente durchgesehen … Ich weiß, das war nicht richtig, aber meine

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