Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
Zolleintreibers von Regensburg. Dort verkehrten Mitglieder des übersatten Bürgertums, die ihr Geld in den Handel mit Konstantinopel und in die venezianische Münzanstalt stecken wollten.
Aber nicht nur das. Dort traf man sich auch noch wegen ganz anderer Geschäfte.
Er ließ den Campo San Bartolomeo hinter sich und eilte ohne weitere Umwege zum Haus von Henricus Teutonicus, einem stattlichen Bau mit einer vorgelagerten Säulenhalle aus istrischem Kalkstein, der die umstehenden Gebäude überragte.
Im Halbdunkel der Halle war ein Trupp gut gekleideter Wachen postiert.
Der Schwarzgekleidete blieb vor ihnen stehen, grüßte allerdings nicht. »Ich muss mit Henricus Teutonicus sprechen«, sagte er nur.
Der Größte der Wachtruppe trat vor, ein kräftiger junger Mann mit glattem Gesicht. Er trug eine elegante Kapuze, ein schwarzes Samtwams und kniehohe Stiefel. An seiner rechten Seite hing eine typisch deutsche, schwere Waffe, die Sax genannt wurde. Er schien den Mann zu kennen, denn er verneigte sich knapp und erwiderte ehrerbietig: »Er ist in Geschäften unterwegs, Herr, und wird heute Abend zurückerwartet.«
»Und Rudolf, sein Secretarius?«
Die Wache deutete auf ein Fenster oberhalb des Säulengangs. »Er ist in seinem Zimmer.«
Der Schwarzgekleidete nickte. Er verabschiedete sich knapp von den Wachen, durchquerte die Säulenhalle und betrat das Haus. Zwei Treppen mit Stufen aus gebranntem Ton führten ihn direkt zu einer Tür, die ihm wohlbekannt war. Er klopfte.
Aus dem Inneren des Raumes hörte man eine Männerstimme: »Wer ist da?«
»Ich bringe gutes Brot und beste Ratschläge.«
Von der anderen Seite der Tür kam keine Antwort. Doch sie wurde geöffnet. Rudolf, ein alter, dürrer Mann mit langen dunklen Haaren, erkannte den Besucher sofort.
»Ach, Ihr seid es, Slawnik. Kommt herein, es ist niemand da.«
Slawnik schloss die Tür hinter sich und folgte Rudolf durch das düstere Vorzimmer in einen kaum helleren Raum. Dort nahm er den Hut ab und ließ sich auf einem Stuhl nieder, wobei seine Hand unwillkürlich über seine Seite tastete.
Rudolf bemerkte es.
»Seid Ihr verwundet?«
»Das ist nichts, es geht bald vorüber.«
Der Secretarius nickte. Er setzte sich auf eine mit Aktenstapeln bedeckte Liege und stützte sich mit seinen spitzen Ellbogen auf den Knien ab.
»Ihr habt sie also gefunden?«
»Ja, die kleine Hure hat die Wahrheit gesagt. Sie hatten sich tatsächlich heute im Markusdom verabredet. Ich habe sie belauscht. Viviën de Narbonne lebt.«
»Und das Buch?«
»Anscheinend ist es noch in seinem Besitz. Conte Scalò hat Ignazio da Toledo beauftragt, es aufzutreiben.«
»Ausgezeichnet!« Rudolf schlug begeistert die Faust in seine andere Hand. »Nach so langer Zeit haben wir die beiden gefunden und sogar das Buch. Doch sagt mir, wisst Ihr, wohin der Spanier will? Und wo sich dieser elende Hund Viviën verbirgt?«
»Das habe ich noch nicht herausgefunden«, brummte Slawnik, verärgert darüber, dass er einem Untergebenen von Henricus Teutonicus eine Niederlage eingestehen musste. »Ein Mann von Ignazio da Toledo, ein französischer Krieger, hat mich überrascht. Ich musste fliehen, bevor das Gespräch beendet war.«
»Haben sie Euch erkannt?«
»Nein. Doch jetzt wissen sie, dass sie verfolgt werden. Sie werden wachsam sein.«
Rudolf sprang auf und gestikulierte aufgeregt mit den Händen herum. »Und wie wollt Ihr jetzt herausfinden, wo das Buch versteckt ist?«
»Das geht Euch nichts an«, sagte Slawnik und brachte den anderen mit einem Blick zum Verstummen, der keine Erwiderung zuließ. »Lasst die Hure rufen. Sagt ihr, sie soll noch ein Treffen mit Conte Scalò ausmachen, damit ich ihn persönlich befragen kann.«
»Einverstanden.« Der Secretarius wich eingeschüchtert zurück. »Doch seht Euch vor. Enrico Scalò ist ein Avogador von Venedig. Wir dürfen uns keinen Fehler erlauben … Ihr wisst genau, wie unser Herr Dominus darüber denkt.«
»Ich habe Euch bereits gesagt, das geht Euch nichts an.« Slawnik schob das Kinn vor und musterte Rudolf von oben herab. »Ihr sollt Euch nur mit der Hure verständigen, den Rest übernehme ich.«
19
Uberto lag noch immer bewusstlos auf dem Boden, doch langsam bekam sein Gesicht wieder Farbe.
Schließlich schlug er die Lider auf. Verwirrt irrten seine Augen hin und her, bis er über sich das vergoldete Gewölbe der Kirche sah. Er lag unter der Kuppel, die Christi Himmelfahrt darstellte. Weil ihm so schwindelig war, kam es ihm vor,
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