Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
wirst. Spähe Ignazio da Toledo zunächst gut aus, ehe du etwas unternimmst, aber töte ihn nicht. Er könnte uns lebendig zunächst nützlicher sein. Das Gleiche gilt für Viviën de Narbonne, falls du auf ihn treffen solltest.«
»Ich werde mich daran halten.«
»Jetzt weißt du, was du zu tun hast, mein Vasall. Brich nun unverzüglich zu diesem zweiten Ort auf und warte dort auf mich. Ich werde bald zu dir stoßen, denn ich will diese Angelegenheit persönlich verfolgen.«
»Eigentlich habe ich angenommen, Euch persönlich von hier wegzubringen, Herr. Toulouse ist nicht mehr sicher für Euch: Die Stadt verteidigt die Ketzer und wird demnächst von den Kreuzrittern belagert werden. Ihr müsst so schnell wie möglich von hier fort.«
»Meinst du, ich wüsste das nicht? Die Belagerung hat bereits begonnen. Aber ich habe hier noch eine wichtige Angelegenheit zu erledigen. Ich habe einen Mann kennengelernt, der vieles über Ignazio da Toledo und Viviën de Narbonne zu berichten weiß und den ich bald im Kloster Saint-Romain treffen werde. Seine Auskünfte könnten uns nützlich sein. Ich werde danach zu dir stoßen, damit wir uns gemeinsam auf die Suche nach dem Buch machen können.«
»Weiß dieser Mann, wer Ihr seid?«, fragte Slawnik fast beunruhigt.
»Nein. Er weiß von nichts … Wie könnte er auch?«
»Dann, mein Herr, werde ich tun, wie Ihr mir geheißen habt.« Der Böhme stand auf und senkte die Augen zum Zeichen der Ehrerbietung. Er küsste den Knauf seines Schwertes und kniete dann steif nieder, um sich zu verabschieden.
37
Zehn Tagesreisen hinter Nîmes legten Ignazio und seine Gefährten auf einem Hügel vor den Toren von Toulouse eine Rast ein. Von dort bot sich den dreien ein unerwarteter Anblick: Das Heer der französischen Kreuzritter belagerte die Stadt.
Auf ihrem Weg hierher hatte Ignazio von einigen Pilgern erfahren, dass sich das ketzerische und rebellische Toulouse gegen die Macht der Kirche und der Krone und vor allem gegen den Grafen Simon de Montfort aufgelehnt hatte. Die Stadt verteidigte ihre Unabhängigkeit, unterstützt von den provenzalischen Truppen des Grafen Raymond de Toulouse, die nach der erfolgreichen Eroberung von Beaucaire nach Toulouse gekommen waren.
Doch anders, als man Ignazio berichtet hatte, war das Kräfteringen noch nicht beendet, die Soldaten von Toulouse leisteten erbitterten Widerstand gegen die Belagerung. Im Augenblick tobte der Kampf auf der westlichen Seite der Stadtmauern bei Saint-Cyprien, wo die Kreuzritter sich den Zugang zur Stadt über zwei Brücken verschaffen wollten. Doch das gestaltete sich schwierig, denn die Verteidigungslinien waren an ebenjenem Punkt verstärkt worden und widerstanden nun schon, wie es hieß, seit über neun Monaten.
Die Belagerer preschten entlang der Gräben vor und versuchten, eine Bresche in die Befestigung zu schlagen. Sie nutzten die Deckung von Karren, die man mit Rinderhäuten bedeckt hatte, um sie vor den Geschossen und dem siedenden Öl zu schützen, mit denen man sich oben auf der Stadtmauer wehrte. Aus der Ferne erwiderten die Katapulte der Kreuzritter den Angriff und nahmen die Festungsanlagen von Toulouse unter Beschuss.
Plötzlich packte Willalme den Händler am Arm und zeigte auf den Anführer der Kreuzritter. »Das ist er!«, rief er grimmig aus. »Das ist Montfort! Auf dass ihn auf der Stelle der Teufel hole!«
Ignazio und Uberto starrten auf die besagte Stelle am Ufer der Garonne, wo die Brücken ansetzten. Und da sahen sie, wie Simon de Montfort im Kreis der Wachen seiner Kriegsherren zum Angriff ritt. Kein Zweifel, das war er. Der lange Dreiecksschild und die Schabracke seines Streitrosses trugen sein Wappen: ein steigender Löwe mit gegabeltem Schwanz. Über seiner Rüstung trug der Graf einen mit einem scharlachroten Kreuz verzierten Waffenrock. Stolz rückte er vor, seine feurigen Augen und ein langer schwarzer Schnurrbart waren deutlich unter seinem Topfhelm zu erkennen.
Montfort ritt mit gezücktem Schwert vorwärts und feuerte Männer und Pferde an. Er befahl einer Aufstellung Bogenschützen, über die Zinnen von Toulouse hinwegzuzielen, um die Aufständischen zu treffen, die dort das Kriegsgerät luden. Die Kreuzritter antworteten mit wütendem Gebrüll und stürmten ein weiteres Mal im Schutz der mächtigen beweglichen Belagerungstürme auf die Mauer ein.
Da wurden Ignazio und seine Gefährten von ihrem erhöhten Aussichtspunkt Zeuge eines unvorhergesehenen Ereignisses. Innerhalb der Mauern
Weitere Kostenlose Bücher