Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
Slawnik und deutete auf ein Wohnhaus. Er kannte dieses Gebäude genau, die Kirche hatte es von einem wegen Häresie verurteilten Händler beschlagnahmt, danach war der Besitz auf einen Kölner Geheimbund übergegangen. Niemand wusste, wem es tatsächlich gehörte.
Als sie sich dem Haus näherten, ließ der Böhme seine Augen über die Ranken schweifen, die die Mauern überwuchert hatten. An den Bogenfenstern, die noch im Dunkeln lagen, fesselte etwas seine Aufmerksamkeit. Dort bewegten sich einige Vorhänge. Jemand beobachtete sie.
Auf der Schwelle wurde Slawnik von drei schwarz gekleideten Männern in Empfang genommen, deren Gesichter unter breiten Kapuzen verborgen waren. Keiner von ihnen sagte ein Wort, sie beschränkten sich darauf, auf eine Tür am Ende des Ganges zu deuten.
»Wartet hier auf mich«, befahl Slawnik seinen Begleitern. Er überquerte den Flur und öffnete die Tür, die man ihm gezeigt hatte.
Das Zimmer wurde nur von ein paar Sonnenstrahlen erhellt, die durch die beinahe ganz geschlossenen Vorhänge hereinfielen, allerdings ließ ihr grelles Licht die Dunkelheit im restlichen Raum nur noch schwärzer wirken. Als Slawniks Augen sich an die Düsternis gewöhnt hatten, nahm er ganz hinten im Raum den schwachen Schein einer Kerze wahr. Er schloss die Tür hinter sich und ging darauf zu. Aus derselben Ecke drang auch ein Geräusch zu ihm und wies ihm den Weg, es war das leise Trommeln von ungeduldigen Finger auf einer Tischplatte.
»Setz dich, Slawnik«, befahl eine Stimme.
Der Böhme kam näher und nahm auf einem hölzernen Lehnstuhl Platz. Im Halbdunkel vor ihm konnte er nur die Umrisse eines Mannes ausmachen.
»Herr, ich bin gekommen, so schnell ich konnte«, stammelte er demütig.
»Welche Neuigkeiten bringst du mir, mein Vasall?«
Slawnik wägte seine Worte genau ab, dann sagte er: »Viviën de Narbonne ist noch am Leben.«
Dominus schlug wütend mit der Hand auf den Tisch. »Und ich glaubte, er wäre vor dreizehn Jahren umgekommen. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er in einen Abgrund stürzte, als ich ihn verfolgte.« In seiner Stimme war der Zorn deutlich zu hören. »Und sonst? Was hast du noch herausgefunden?«
»Er hat einen Brief an einen Edelmann von Venedig geschrieben und behauptet, er sei im Besitz des ›Uter Ventorum‹, und nun ist Ignazio da Toledo ihm auf der Spur.«
»Das ist schlimm. Dieser Spanier ist gerissen. Weiß er von uns?«
»Das glaube ich nicht, Herr.«
»Über welche Informationen verfügt er?«
»Viviën de Narbonne hat in San Michele della Chiusa eine Botschaft hinterlassen. Die meiner Meinung nach darauf hindeutet, wo das Buch versteckt ist. Der Spanier hat sie vor mir gefunden.«
»Und du konntest ihn nicht aufhalten?«, zischte Dominus wütend.
»Ich habe ihn verfolgt und dann wie er Viviëns Botschaft gefunden. Es handelt sich um ein Kryptogramm.«
»Das du bei dir hast, nehme ich an.«
Slawnik fuhr mit einer Hand unter sein Wams. Als er dabei seine Brust berührte, spürte er, wie die Wunde brannte, doch er kümmerte sich nicht darum. Er verabscheute jedes Anzeichen von Schwäche; Schmerz zu empfinden passte nicht zu seinem kriegerischen Wesen. Er legte das Bruchstück des Kreuzes auf den Tisch.
Dominus nahm es und führte es an die Kerzenflamme. »Es ist unvollständig. Völlig unbrauchbar«, brauste er zornig auf.
»Ich wurde von einem Pfeil getroffen, mein Herr, rechtfertigte sich der Böhme. »Es war ein Missgeschick.«
Dominus sagte nichts dazu, sondern beugte sich über das Kryptogramm und untersuchte es schweigend.
Endlose Minuten verstrichen, während Slawnik stumm und ohne sich zu rühren auf eine Antwort wartete. Sein Herr war sehr klug und gebildet, und während der Jahre in den Reihen der Heiligen Vehme hatte er großes Geschick darin erworben, Geheimschriften zu entziffern und Rätsel jeder Art zu lösen. Bestimmt würde er auch dieses Kryptogramm entschlüsseln, es war nur eine Frage der Zeit.
Tatsächlich nickte Dominus nach mehr als einer Stunde zufrieden und brach das Schweigen. »Es handelt sich um eine Art Wegbeschreibung … Derzufolge hat Viviën das Buch in vier Teile getrennt und diese an ebenso vielen Orten verborgen.«
»Sagt mir, wo ich suchen soll, mein Herr, und ich werde es tun.«
»Leider sind die Angaben zum ersten Aufbewahrungsort wegen deiner Unfähigkeit nicht mehr zu entziffern. Du wirst dich also zum zweiten begeben. Er ist nicht weit entfernt.«
»Sehr gut.«
»Pass auf, dass du nicht entdeckt
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