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Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)

Titel: Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcello Simoni
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der vielen ungelösten Fragen. Der Händler legte sein Diptychon auf den Tisch.
    »Was steht dort?«, fragte Uberto.
    »Das Rätsel des Engels Kobabel«, erklärte Ignazio. »Ich habe es in Sahagún ganz oben im Turm der Kirche San Lorenzo gefunden. Als du und der Graf Dodiko kamt, hatte ich es gerade abgezeichnet. Es war in die Mauersteine eingeritzt.«
    »Ein merkwürdiger Mensch, dieser Dodiko«, meldete sich Willalme.
    »Ein außergewöhnlicher Mann«, meinte Uberto. »Und was meinst du, Ignazio?«
    Der Händler zuckte stumm die Achseln und sah aus dem Fenster. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Knechte banden den Hafer zu goldenen Garben zusammen. »Ganz gewiss verheimlicht er uns etwas. Wir können ihm nicht trauen, dürfen ihn jedoch auch nicht aus den Augen lassen.« Seine Miene verfinsterte sich. »Ich frage mich, ob tatsächlich Viviën de Narbonne hinter der ganzen Angelegenheit steckt.«
    Willalme musterte ihn. »Meinst du, Dodiko belügt uns?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass noch jemand uns heimlich beobachtet und seine Ränke schmiedet.«
    »Du meinst Dominus?«
    »Nicht nur. Mit seinem letzten Schachzug ist er aus der Deckung gekommen und in seinen Handlungen vorhersehbar geworden. Vermutlich hat er genau wie wir Kenntnis vom Rätsel der vier Engel erhalten und folgt ihm nun beharrlich. Ich glaube jedoch, dass er es nicht so mühelos deuten konnte, warum sonst hätte er uns in Sahagún überfallen sollen? Ich nehme an, er braucht mich … nein, uns, um das Buch zu finden.« Ignazio wollte schon aufstehen, doch dann überlegte er es sich anders. »Aber noch etwas bereitet mir Sorgen. Wie konnte die Heilige Vehme uns immer wieder aufspüren, seit wir nach Venedig gekommen sind? Seit wann hat sie Scalò beobachtet? Und vor allem, woher wusste sie, dass der Conte mich beauftragt hat, das Buch wiederzubeschaffen? Das Geheimtribunal verfügt über keinen besonderen Einfluss in Venedig, doch höchstwahrscheinlich hat jemand seine Abgesandten unterrichtet.«
    »Sie haben einen Spion?«, fragte Uberto.
    »Es gibt keine andere Erklärung.«
    »Aber wen?«
    »Jemand, der schon seit geraumer Zeit die Fäden zieht.« Ignazio runzelte die Stirn. »Vielleicht sogar von Anfang an.«
    Uberto zuckte innerlich zusammen. Er dachte an den geheimnisvollen Mann mit dem entstellten Gesicht und erinnerte sich an dessen Worte. Sollte er ihm glauben oder lieber mit seinen Reisegefährten darüber reden? Doch bevor er eine Entscheidung treffen konnte, betrat Sibilla den Raum.
    Sie durchquerte, einen Obstkorb in Händen, gemessenen Schrittes das Zimmer. Ihre Haare hatte sie zu einem Knoten aufgesteckt, und sie war in ein an den Seiten geschnürtes himmelblaues Übergewand mit ausgestellten Ärmeln gekleidet. Sie begrüßte die Männer mit einem Kopfnicken und stellte den Obstkorb auf den Tisch.
    »Eine kleine Aufmerksamkeit für unsere Gäste«, sagte sie. Ignazio nahm ihre Hand und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Daraufhin nickte sie, verabschiedete sich und verließ anmutig den Wohnraum.
    Ignazio wandte sich wieder seinen Reisegefährten zu, zeigte auf die seltsame Zeichnung im Diptychon und sagte: »Seht sie euch genau an.«
    Uberto und Willalme richteten ihren Blick auf die in Wachs geritzten Zeichen. Keiner von beiden hatte schon einmal etwas Vergleichbares gesehen.

    »Ein Quadrat, das in neun Felder aufgeteilt ist«, merkte Uberto an. »Aber was bedeuten die Zeichen darin?«
    »Das sind hebräische Schriftzeichen«, erwiderte Ignazio.
    »Hebräisch?«, fragte Willalme. »Suchen wir denn nicht nach einem persischen Kodex?«
    »Vielleicht ist das ›Uter Ventorum‹ ja zum Teil von einem Juden kopiert worden«, vermutete Ignazio. »Oder noch einfacher, man fand hebräische Zeichen hierfür besser geeignet. Schließlich wird diese Sprache als die der Schöpfung angesehen, die Zunge, mit der Gott, die Engel und die ersten Menschen gesprochen haben.«
    Uberto nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. »Und was bedeuten diese neun Buchstaben in unserem Fall?«
    »Ich kenne die hebräische Sprache kaum, aber doch genug, um zu vermuten, dass diese Buchstaben keine Wörter bilden«, antwortete Ignazio.
    »Wie kommst du darauf?«
    »Im Augenblick ist das nur ein Gefühl. Doch der Umstand, dass sie von einer geometrischen Figur, einem Quadrat, umschlossen sind und jeder von ihnen nur ein Mal erscheint, vermittelt mir den Eindruck, dass sie auf eine mathematische Formel anspielen.«
    »Mathematik arbeitet

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