Der Händler der verfluchten Bücher (German Edition)
mit Zahlen«, wandte Uberto ein, »und sicher nicht mit Buchstaben.«
Als er dies hörte, hatte Ignazio eine Eingebung. Er runzelte die Stirn und folgte dem Gedanken, der in seinem Kopf Gestalt annahm, dabei verharrte er so regungslos wie eine Katze, die ihre Beute belauert. Auf einmal schlug er mit der offenen Hand auf den Tisch.
»Aber ja!«, rief er so laut aus, dass Willalme und Uberto zusammenfuhren. »Die Gematrie!«
Die beiden starrten ihn verständnislos an.
»Die Gematrie muss die Lösung sein«, triumphierte Ignazio. »Ein System, in dem jeder hebräische Buchstabe einer Zahl entspricht!«
»Bist du sicher?«, fragte Uberto.
Ignazio nickte entschieden. »Ich habe vor Jahren davon erfahren. Ein Gelehrter der Kabbala hat mir davon erzählt.« Mit diesen Worten zeichnete er neben das Quadrat ein zweites, genau gleiches, und ersetzte die hebräischen Buchstaben durch die entsprechenden arabischen Ziffern.
Zu dritt betrachteten sie das Ergebnis, eine Aneinanderreihung, die auf den ersten Blick keinen Sinn zu ergeben schien. Doch etwas daran kam Ignazio dennoch bekannt vor und weckte in ihm die Erinnerung an die Zeit in der Medizinschule von Toledo, als er, ein kleiner Junge von zehn Jahren, dort gerade aufgenommen worden war. Die Erinnerung betraf eine Diskussion, an der einige seiner Lehrer, vor allem einer namens Galib, der sich ihm gegenüber wie ein Vater verhalten hatte, teilgenommen hatten. Dabei ging es um die Deutung einer Zahlenreihe in einem maghrebinischen Pergament. Galib hatte erklärt, um den Inhalt zu verstehen, müsse man die Zahlen in ein Quadrat setzen … Ignazio sah auf einmal alles klar vor sich.
»Dies muss ein magisches Quadrat sein«, erklärte er überzeugt.
»Ich habe schon davon gehört«, sagte Uberto. »Es heißt, dass muselmanische Astrologen sie für ihre bösen Zaubersprüche nutzen.«
»Die arabischen Astrologen haben das Wissen um die magischen Quadrate von Ptolemäus und dem Alchimisten Geber ererbt, das ist richtig«, bestätigte Ignazio, »aber ich glaube, dass diese Figuren noch für ganz andere Zwecke benutzt wurden, als die Abergläubigen munkeln.« Er betrachtete die Stellung der Zahlen in dem Quadrat. »Neun Zahlen in neun Feldern.« Er schloss die Lider leicht und ordnete seine Gedanken. »Neun, wie die himmlischen Sphären einschließlich der Erde …«
Uberto begriff seine Überlegung. »Du glaubst, dass jede Zahl einem Planeten entspricht?«
»Ja«, bestätigte Ignazio. »Und nicht nur das. Ich vermute, dass diese Zahlen auf irgendeine Weise die himmlische Ordnung des Universums abbilden.«
Uberto schüttelte den Kopf. »Das kann nicht sein, sie sind doch völlig durcheinander.«
»Nur dem Anschein nach«, berichtigte Ignazio. »Hast du bemerkt, dass man, wenn man drei beliebige Zahlen, ob senkrecht, waagerecht oder in der Diagonale, nimmt, immer dasselbe Ergebnis erhält, nämlich fünfzehn? Wie du siehst, entsteht aus dem Durcheinander Ordnung.«
Uberto wechselte einen ungläubigen Blick mit Willalme und sah sich die Figur an, wobei er mehrmals nachrechnete. »Tatsächlich, du hast recht«, musste er zugeben. »Doch wozu dient es?«
»Vielleicht dazu, die Sterne in einer geheimen Verbindung zusammenzuhalten«, antwortete Ignazio. »Meiner Meinung nach ist dies keine einfache geometrische Figur, sondern ein Talisman, mit dem man die himmlischen Kräfte in der Form eines Quadrats einschließen kann.«
»Warum verwendet man ausgerechnet ein Quadrat?«
»Offenkundig weil es ein Symbol für die Erde ist. Und zu den wenigen Dingen, die wir wissen, gehört, dass das ›Uter Ventorum‹ das Wissen der Engel aus den himmlischen Sphären auf unsere Erde lenken soll.«
Nach diesen Worten zog der Händler sein Heft mit den Pergamentblättern aus der Tasche und kopierte das magische Quadrat neben die anderen Notizen über das »Uter Ventorum«. Als er damit fertig war, überprüfte er das Geschriebene und seufzte laut. Sie benötigten die anderen Teile des Buches. Und es würde nicht leicht sein, sie zu beschaffen.
»Erzähl mir mehr, Magister«, bat Umberto, und seine Augen funkelten vor Neugier. »Enthülle mir weitere Dinge über das magische Quadrat und die Engel …«
Bei diesen Worten zuckte Ignazio beinahe erschrocken zusammen. »Junge, für wen hältst du mich?« Er sprang auf. »Was auch immer du geglaubt hast, ich habe nie gesagt, ich wäre dein Magister.«
Uberto starrte ihn verblüfft an, als hätte er ihn geohrfeigt. Was hatte er denn
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