Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
Vom Netzwerk:
hatte, ein wahrer Sturzregen aus dem Spülstein,
der jeden Morgen in ihrer Nähe sich ergoß, ohne daß sie eine Ahnung
davon hatte. Ihre so peinlich verborgene Liebe ward jetzt durch den
Kehricht der Küche geschleppt. Diese Dirnen wußten alles, ohne daß
jemand ein Wort gesprochen hätte. Lisa erzählte, wie Saturnin die
Kerze hielt; Victoire lachte über die Kopfschmerzen des Gatten, der
sich irgendwo ein anderes Auge hätte sollen einsetzen lassen; Adele
selbst schimpfte auf ihr ehemaliges Fräulein, deren
Unpäßlichkeiten, zweifelhafte Leibwäsche und Toilettengeheimnisse
sie schilderte.
    Achtung da unten! rief plötzlich Victoire; da sind Möhren von
gestern, die mir die Küche verpesten. Das ist für den Vater Gourd,
diesen Halunken!
    Aus Bosheit warfen die Mägde so die Reste und Abfälle hinaus,
die dann der Hausmeister zusammenkehren mußte.
    Hier ein Rest von schimmelig gewordenen Nieren, sagte Adele
ihrerseits.
    Und nun folgten aus allen Fenstern die Speisereste nach, während
Lisa fortfuhr, auf Berta und Octave loszuschlagen, die Lügen
niederreißend, mit denen diese die unsaubere Nacktheit des
Ehebruches bedeckten. Die beiden standen da Hand in Hand, Aug in Aug und vermochten die Blicke
nicht abzuwenden; ihre Hände wurden eiskalt, ihre Augen gestanden
sich die Unflätigkeit ihres Verhältnisses, die Schwäche der
Herrenleute, bloßgelegt durch den Haß der Dienerschaft. Das war
ihre Liebe: diese Unzucht unter einem Sturzregen von verdorbenem
Fleisch und sauer gewordenen Gemüsen.
    Ihr müßt wissen, sagte jetzt Hyppolite, daß der junge Mann
seiner Herrin eine Nase dreht! Er hat sie nur genommen, um sich in
der Welt vorwärts zu bringen. Er ist im Grunde ein Geizhals trotz
des Anscheins, den er sich gibt; ein skrupelloser Kerl, der trotz
seiner scheinbaren Verliebtheit sehr bald dabei ist, den Frauen
Ohrfeigen zu versetzen!
    Berta, die von Octave kein Auge ließ, sah ihn erbleichen; sein
Gesicht war ganz verstört und dermaßen verändert, daß es ihr Furcht
einflößte.
    Meiner Treu, sie sind einander wert, fuhr Lisa fort. Ich würde
auch für ihre Haut nicht viel geben. Schlecht erzogen, das Herz
hart wie Stein, unbekümmert um alles, was nicht ihr Vergnügen ist,
für Geld mit Männern schlafend, jawohl, für Geld! Ich kenne das;
ich wette, daß sie kein Vergnügen bei einem Manne hat.
    Tränen traten Berta in die Augen. Octave sah, wie ihre Miene
sich verzerrte. Es war ihnen, als wolle man sie voreinander
ausziehen und schinden, ohne daß sie sich wehren könnten. Fast
erstickt durch diese Kloakenöffnung, aus der so viel Schimpf gegen
sie aufstieg, wollte die junge Frau entfliehen. Er hielt sie nicht
zurück, denn der Ekel, den sie vor sich selbst hatten, machte ihnen
das Beisammensein zu einer Qual, und sie lechzten nach der
Erleichterung, einander nicht mehr zu sehen.
    Du hast versprochen, nächsten Dienstag, bei mir.
    Ja, ja.
    Sie entfloh wie außer sieh. Er blieb allein, trippelte herum,
tastete herum und rollte das mitgebrachte Linnenzeug wieder zu
einem Bündel zusammen. Er hörte die Mägde nicht mehr, als ein
letzter Satz an sein Ohr schlug und ihn in seinem Tun plötzlich
einhalten ließ.
    Ich sage euch, Herr Hédouin ist gestern abend gestorben …
Hätte der schöne Octave das vorausgesehen, dann hätte er wohl noch
weiter der Frau Hédouin zugesetzt, die Moneten hat.
    Die Neuigkeit, die er in dieser Kloake erfuhr, rief einen
Widerhall in seinem Innersten» hervor; Herr Hédouin war tot. Ein
unermeßliches Bedauern erfüllte ihn. Er dachte laut und konnte die
Antwort nicht unterdrücken: Gewiß, ich habe eine Dummheit
begangen!
    Als Octave mit seinem Wäschebündel endlich hinunterging,
begegnete er Rachel, die zu ihrer Kammer hinaufstieg. Einige
Minuten früher hätte sie die beiden dort überrascht. Unten hatte
sie ihre Herrin in Tränen aufgelöst gefunden; aber diesmal hatte
sie nichts von ihr erlangen können, weder ein Geständnis, noch
einen Sou. Wütend, weil sie merkte, daß man ihre Abwesenheit dazu
benutzte, sich zu treffen und sie um ihre kleinen Einkünfte zu
bringen, warf sie dem jungen Mann einen finstern, drohenden Blick
zu. Eine seltsame, schülerhafte Scheu hielt Octave zurück, ihr zehn
Franken zu geben; und da er eine volle Unbefangenheit zeigen
wollte, trat er bei Marie ein, als ein Gebrumme, das aus einem
Winkel kam, ihn den Kopf wenden ließ. Es war Saturnin, der sich
erhob und in einer eifersüchtigen Anwandlung sagte:
    Nimm dich in acht! Tödlich

Weitere Kostenlose Bücher