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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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nicht
kommen; er verderbe ihr die Freude der Begegnung. Sie habe von dem
Schal ohne jede Absicht gesprochen; sie werde ihn ins Feuer werfen,
wenn er ihn etwa gekauft habe. Indes am folgenden Tage ward alles
verabredet: sie werde um halb ein Uhr nachts kommen und sich durch
drei leichte Schläge anmelden …
    Als August an diesem Tage nach Lyon verreiste, fand Berta ihn
seltsam verändert. Sie hatte ihn dabei überrascht, wie er hinter
der Küchentüre mit der Magd flüsterte; bei der Abreise war er ganz
gelb, zitterte und hatte das eine Auge geschlossen. Da er sich über
seine Migräne beklagte, hielt sie ihn für krank und versicherte,
daß ihm die Reise gut anschlagen werde. Sobald er fort war, kehrte
sie in die Küche zurück; da sie unruhig war, wollte sie die Magd
ausholen. Doch das Mädchen war
verschwiegen, von steifer Höflichkeit wie in den ersten Tagen.
Berta fühlte jetzt, daß sie nicht klug gehandelt habe, ihr bloß 20
Franken und ein Kleid zu geben und dann gar nichts mehr. Allerdings
hatte sie es gezwungen getan, denn sie hatte ja selbst nichts.
    Ich bin nicht sehr freigebig gegen Sie, mein armes Mädchen, wie?
sagte sie. Aber es ist nicht meine Schuld; ich denke an Sie und
werde Sie entschädigen.
    Rachel erwiderte mit ihrer gewöhnlichen Kälte:
    Gnädige Frau sind mir nichts schuldig.
    Berta suchte zwei alte Hemden heraus, um ihr vorläufig damit
ihre Erkenntlichkeit zu bezeigen. Die Magd nahm die zwei Hemden und
erklärte, sie werde Küchenfetzen daraus machen.
    Ich danke, gnädige Frau; ich trage keinen Barchent, er ritzt mir
die Haut auf; ich trage nur Leinwand.
    Berta fand sie indes so höflich, daß sie sich wieder beruhigte.
Sie zeigte sich sogar vertraulich, gestand ihr, daß sie nicht zu
Hause schlafen werde, und bat sie, für alle Fälle eine Lampe
anzuzünden und bereit zu halten. Man werde die auf die Haupttreppe
gehende Türe mit dem Riegel verschließen; sie werde dann durch die
Küchentüre fortgehen und den Schlüssel mitnehmen. Die Magd empfing
diese Befehle mit der nämlichen Ruhe, als habe es sich darum
gehandelt, einen Rinderbraten ans Feuer zu setzen.
    Am Abend richteten sie es so ein, daß Berta bei ihren Eltern
speiste, während Octave eine Einladung bei den Campardon annahm. Er
gedachte bis zehn Uhr dazubleiben, sich dann in seinem Zimmer
einzuschließen und so geduldig wie möglich bis halb ein Uhr zu
warten.
    Das Essen bei den Campardons war recht gemütlich. Zwischen
seiner Gattin und seiner Kusine sitzend, erfreute sich der
Architekt an den Speisen, die reichlich und schmackhaft zu Tische kamen. Es gab an diesem Tage
ein Huhn mit Reis, einen Rinderbraten und geschmorte
Kartoffeln.
    Seitdem die Kusine das Hauswesen führt – erzählte er – herrsche
Überfluß an allem; sie wisse alles viel besser und viel wohlfeiler
zu kaufen als jeder andere und bringe doppelt soviel Fleisch, wie
früher gebracht worden. Campardon nahm denn auch dreimal von dem
Huhn, während seine Gattin sich mit Reis vollstopfte; Angela
bewahrte sich den Appetit für den Rinderbraten, sie aß den blutigen
Saft gar so gerne; Lisa gab ihr heimlich mehrere große Löffel voll
davon.
    Frau Campardon sprach, zum Ohr des jungen Mannes geneigt, noch
immer über das große Glück, das die Kusine dem Hause gebracht habe:
man erspare seitdem die Hälfte an dem Hausbedarf, die Dienstleute
hätten Respekt, Angela sei überwacht und sehe ein gutes Beispiel
vor sich.
    Endlich – flüsterte sie – ist Achilles glücklich wie der Fisch
im Wasser, und ich habe nichts zu tun … Sie pflegt mich; ich
lebe, ohne einen Finger zu rühren; sie hat alle Mühsal des
Hauswesens auf sich genommen.
    Dann erzählte Herr Campardon, wie er die Herren vom
Kultusministerium »herumgekriegt« habe.
    Denken Sie sich, mein Lieber: Wegen meiner Arbeiten für den
Erzbischof von Evreux machte man mir endlose Schwierigkeiten. Ich
habe natürlich vor allem Hochehrwürden zu befriedigen gesucht.
Allein die neuen Öfen haben mehr als 20 000 Franken gekostet.
Nun war aber für diesen Zweck keinerlei Kredit bewilligt, von dem
magern bischöflichen Gehalte aber war ein solcher Betrag nicht
leicht zu nehmen. Überdies sind die Kosten der Kanzel, für die 3000
Franken bewilligt waren, auf 10 000 gestiegen. Da galt es
also, neue 7000 Franken »einzuflicken«.
    Also gut: heute morgen ward ich ins
Ministerium gerufen; da war ein langer, magerer Herr, der mir eine
Standrede hielt. Ich bin kein Freund von dergleichen und warf ihm
sogleich die

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