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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Drohung an den Kopf, daß ich den Bischof nach Paris
rufen wolle, damit dieser ihm die Sache erkläre. Hei, wie ward der
Mann mit einem Male höflich! Aber so höflich! Ich muß jetzt noch
lachen, wenn ich daran denke! Sie müssen wissen: die Leute bei der
Regierung haben jetzt eine heillose Furcht vor den Bischöfen. Mit
einem Bischof an meiner Seite will ich die Liebfrauenkirche
niederreißen und wiederaufbauen.
    Diese Geschichte erheiterte die Tischgesellschaft sehr; man
äußerte sich ohne jede Achtung über den Minister. Rosa erklärte,
man müsse sich mit der Kirche gut vertragen. Seit den Arbeiten zu
Sankt Rochus sei Achilles mit Aufträgen überhäuft; die vornehmen
Familien »reißen sich« um ihn; er vermöge den Bestellungen kaum
mehr zu genügen und müsse oft sogar die Nächte opfern. Gott habe
offenbar ihnen seinen Segen zugewendet, und die Familie preise ihn
von Tag zu Tag.
    Man war beim Nachtisch, als Campardon plötzlich ausrief:
    Beiläufig! Wissen Sie, mein Lieber, daß Duverdy sie
wiedergefunden …
    Er war im Begriff, Clarisse zu nennen, doch erinnerte er sich
rechtzeitig, daß Angela anwesend sei und fügte mit einem
Seitenblick auf seine Tochter hinzu:
    Er hat seine Verwandte wiedergefunden, Sie wissen ja.
    Durch Winke und Blinzeln mit den Augen machte er sich dem Octave
verständlich, der nur schwer begreifen wollte.
    Ja, Trublot, dem ich begegnet bin, hat es mir gesagt.
Vorgestern, als es so heftig regnete, trat Duverdy unter
ein Tor, und wen sieht er da? Seine
Verwandte, wie sie ihren Regenschirm schüttelt. Trublot war schon
acht Tage auf der Suche nach ihr.
    Angela schaute bescheiden auf ihren Teller und aß mit vollem
Munde. Die Familie beobachtete übrigens in ihren Reden strenge
Züchtigkeit.
    Ist seine Verwandte hübsch? fragte Rosa.
    Wie man's nimmt, erwiderte Octave. Man muß sie so lieben, wie
sie sind.
    Sie hatte die Kühnheit, eines Tages in den Geschäftsladen zu
kommen, erzählte Gasparine, die trotz ihrer Magerkeit die mageren
Leute verabscheute. Man hat sie mir gezeigt: eine rechte
Hopfenstange!
    Gleichviel, sagte der Architekt; Duverdy zappelt wieder an der
Angel … Seine arme Frau …
    Er wollte sagen, daß Clotilde darüber entzückt sein müsse;
allein wieder erinnerte er sich, daß Angela anwesend sei, und
schloß mit betrübter Miene:
    Man verträgt sich nicht immer unter Verwandten … Mein Gott,
in allen Familien kommen Zwistigkeiten vor.
    An der andern Seite der Tafel stand Lisa mit einer Serviette
über dem Arm und betrachtete Angela; um den Lachreiz zu
unterdrücken, beeilte sich diese zu trinken und trank lange, die
Nase in ihr Glas steckend.
    Kurz vor zehn Uhr zog sich Octave in sein Zimmer zurück, indem
er große Müdigkeit vorschützte. Trotz der Freundlichkeiten Rosas
fühlte er sich unbehaglich in diesem Kreise, wo er die
Feindseligkeit Gasparines gegen sich wachsen sah. Und doch hatte er
ihr nichts zuleide getan. Sie haßte in ihm den hübschen Mann; sie
hatte ihn in Verdacht, daß er alle Frauen im Hause besitze, und das
nährte ihren Ingrimm, ohne daß sie selbst das geringste Verlangen
nach ihm gehabt hätte. Aber angesichts seines Glückes gab sie dem instinktiven Zorne eines Weibes nach,
dessen Schönheit zu rasch verwelkt war.
    Sobald Octave fortgegangen war, schickte auch die Familie
Campardon sich an, schlafen zu gehen. Rosa brachte jeden Abend,
bevor sie ins Bett stieg, zwei Stunden in ihrem Toilettezimmer zu.
Sie wusch sich mit Parfüms, frisierte sich, besichtigte Augen,
Ohren, Mund, legte ein Pflästerchen auf das Kinn und so weiter. Den
Luxus der Schlafröcke ersetzte bei Nacht der Luxus der Hemden und
Häubchen. Gasparine war ihr dabei behilflich, reichte ihr das
Waschbecken, wischte das verschüttete Wasser auf, rieb sie mit
Trockentüchern ab – es waren dies kleine vertrauliche Dienste,
welche die Kusine weit geschickter zu versehen wußte als die Magd
Lisa.
    Ach, wie wohl fühle ich mich! sagte Rosa, sich behaglich im Bett
ausstreckend, während Gasparine die Decken und Kissen
zurechtlegte.
    Sie lachte vergnügt, wie sie so allein in dem großen Bette lag,
den zarten, wohlgepflegten Körper in Spitzen eingehüllt. Man hätte
glauben mögen: es sei eine Liebende, die den Mann ihrer Herzenswahl
erwartet. Wenn sie sich hübsch sah, schlief sie besser. Sie hatte
keinen anderen Wunsch.
    Bist du in Ordnung? fragte Campardon eintretend. Dann, gute
Nacht, mein Kätzchen.
    Er seinerseits wolle noch wach bleiben, um zu arbeiten, fügte

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